Weizsäcker-Sohn erstochenMörder muss in den Knast, aber warum nicht lebenslänglich?

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Der Angeklagte im Weizsäcker-Prozess hat eine zwölfjährige Freiheitsstrafe kassiert. Unser Foto zeigt ihn bei der Fortsetzung des Prozesses um die tödliche Messerattacke gegen Fritz von Weizsäcker in Berlin. 

Berlin – Rund acht Monate nach dem tödlichen Angriff auf den Chefarzt Fritz von Weizsäcker ist der Angeklagte wegen Mordes verurteilt worden.

Das Landgericht Berlin verhängte am Mittwoch eine Freiheitsstrafe von zwölf Jahren und ordnete die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an. Bei dem Urteil wurde eine verminderte Schuldfähigkeit berücksichtigt, sonst wäre bei Mord eine lebenslange Freiheitsstrafe zwingend.

Weizsäcker-Mörder gesteht brutale Tat 

Etwa zwei Monate zuvor hatte der Angeklagte vor dem Landgericht der Hauptstadt gestanden.

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Er bereue die Tat nicht, erklärte der 57-Jährige aus Andernach im Kreis Mayen-Koblenz am zweiten Prozesstag am Dienstag. Die Tötung des Professors sei geplant und ein Anschlag auf die Familie seit Jahren sein „Lebensziel“ gewesen.

Dem Angeklagten wird Mord sowie versuchter Mord an einem Polizisten zur Last gelegt. 

Getöteter Fritz von Weizsäcker: Es soll Rache gewesen sein

Fritz von Weizsäcker, Sohn des früheren Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker, wurde am Abend des 19. November 2019 in der Berliner Schlossparkklinik gegen Ende eines Vortrags erstochen. Er wurde 59 Jahre alt.

Als Motiv nimmt die Staatsanwaltschaft Hass auf die Familie des Getöteten an, insbesondere auf den früheren Bundespräsidenten. Bei dem Angriff wurde zudem ein Polizist schwer verletzt. Er war privat bei dem Vortrag und konnte den Angreifer schließlich überwältigen.

Mord an Fritz von Weizsäcker: So erklärt sich der Angeklagte

Der deutsche Angeklagte erklärte weiter, die Tat sei aus einer „Traumatisierung“ heraus geschehen. Nachdem er 1991 einen Artikel über den Einsatz des Entlaubungsmittels „Agent Orange“ im Vietnamkrieg gelesen hatte, habe er einen Anschlag gegen den ehemaligen Bundespräsidenten verüben wollen.

Aus seiner Sicht sei Richard von Weizsäcker (1920-2015) durch seine frühere Tätigkeit für das Pharmaunternehmen Boehringer Ingelheim mitverantwortlich für die Produktion von „Agent Orange“ gewesen. „Weil ich nicht an den Bundespräsidenten kam, habe ich die Familie ins Visier genommen.“

Zu prüfen ist im Prozess auch die Frage der Schuldfähigkeit des Mannes. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass er die Tat unter dem Einfluss einer psychischen Erkrankung beging. Der Angeklagte selbst erklärte, er halte seine derzeitige Unterbringung im Krankenhaus des Maßregelvollzugs für nicht richtig. Allerdings stimme er nun einer psychiatrischen Begutachtung zu, so der Angeklagte.

Fritz von Weizsäcker wird erstochen: So lief der Angriff ab

Ein Rückblick auf die Attacke: Ein unauffälliges Plakat lockt zum öffentlichen Vortrag in der Schlosspark-Klinik. Um „Fettleber - (K)ein Grund zur Sorge?“ soll es gehen. Über ein Dutzend Menschen finden an diesem kalten, nassen Novembertag den Weg zu dem Krankenhaus am Rande des Parks von Schloss Charlottenburg. Beim „Forum 11/2019“ im Tagungsraum Haus H der Abteilung für Psychiatrie spricht Dozent Fritz von Weizsäcker. 

Er ist Chefarzt an der Schlosspark-Klinik. Es geht um sein Fachgebiet, „die Fettleber, eine weitgehend unbekannte, aber zunehmende Volkskrankheit“. Während des Vortrags, so ergeben später die Ermittlungen, löst sich ein Mann aus der Reihe der Zuhörer. Der Mann stürmt auf den Dozenten zu. Ein Polizist (33), der zufällig unter den Zuschauern sitzt, versucht, den Mann aufzuhalten und überwältigt ihn. 

Polizeibeamter wird schwer verletzt

Der Beamte wird selbst schwer verletzt. Er kommt später in ein anderes Krankenhaus, wird operiert und ist nicht in Lebensgefahr. Mehrere der Menschen im Publikum helfen, den Angreifer festzuhalten. Er wird festgenommen.

Gegen 19 Uhr geht bei Feuerwehr und Polizei ein Notruf ein, Rettungssanitäter und ein Notarzt eilen zu Hilfe. Sie können dem schwer verletzten Spitzenmediziner nicht mehr helfen. Gerichtsmediziner, Kriminaltechniker und Ermittler einer Mordkommission sichern am Tatort mögliche Spuren. Teile der Klinik werden dafür abgesperrt. Die meisten Fenster bleiben am Abend dunkel.  

Fritz von Weizsäcker stammt aus berühmter Familie

Das Opfer, der 1960 in Essen geborene Mediziner Fritz von Weizsäcker, stammte aus einer berühmten Familie. Sein Vater Richard von Weizsäcker (1920-2015) war von 1984 bis 1994 Bundespräsident, zuvor 1981 bis 1984 für die CDU Regierender Bürgermeister von Berlin (West). Bis 1962 wohnte die Familie in Essen und Düsseldorf, zog dann nach Ingelheim und 1967 nach Bonn. Fritz von Weizsäcker war das jüngste der vier Kinder. Sein Bruder Andreas starb 2008, es leben noch die Schwester Beatrice (61) und der älteste Robert Klaus (64). (dpa, so)