Nach 30 Stunden RückreiseAntarktis–Odyssee: NRW-Ehepaar endlich wieder zu Hause

AntarktisOdyssee_PaarImEis

Die Antarktis-Expedition von Ulrich und Dagmar Giesen endete in einer Odyssee.

von Christopher Hostert (cho)

Düsseldorf – Am 25. Februar machte sich ein Ehepaar aus Neuss auf den Weg zu einem ganz besonderen Erlebnis. Ulrich (71) und Dagmar Giesen (63) reisten nach Südamerika, um von dort zu einer Antarktis-Expedition aufzubrechen.

Nach spannenden ersten Wochen befanden sich die beiden zwischenzeitlich auf einer nicht enden wollenden Odyssee. Am Donnerstagabend sind die beiden endlich wieder gesund und munter in Düsseldorf gelandet.

Interessanter Start der Expedition

Das Ehepaar reiste zunächst nach Patagonien, an die Südspitze von Südamerika, um als Gäste an einer Antarktis-Expedition auf einem Explorer-Schiff teilzunehmen. Durch die Magellanstraße, vorbei am Kap Horn und durch den stürmischen Beagle-Kanal sei es immer weiter Richtung Süden, bis hin zum sechsten Kontinent gegangen, berichtet das Paar gegenüber EXPRESS.

Alles zum Thema Corona

Dort besuchten die beiden mehrere aktive, aber auch historische, bereits verlassene Forschungsstationen und sahen hunderte Buckelwale, Finnwale, Orcas und „unendlich viele Pinguin-Kolonien, Albatrosse und jede Menge Robben“.

Auch die Arbeit der mitgereisten Wissenschaftler, Walforscher und Meeresbiologen, konnten die beiden beobachten und Ausflüge in Thermoanzügen auf den sechsten Kontinent durften natürlich nicht fehlen. Ein rundum gelungener Start, mit unzähligen unvergesslichen Momenten für die beiden Rheinländer.

Erste Meldungen zum Coronavirus

In der Heimat betreibt das Ehepaar Giesen ein Computer-Systemhaus in Erkrath und ist im Neusser Schlittschuh-Klub aktiv. Dank Satelliten-Internet erfuhren auch sie schnell von dem Ausbruch der Pandemie in Deutschland und mussten aus der Ferne Entscheidungen für Ihr Unternehmen treffen.

Den Eislaufsportbetrieb habe man erstmal eingestellt und auch mit der Firma standen die beiden trotz der Zeitverschiebung täglich in Kontakt und erstellten Notfallpläne. Die Zunahme der Pandemie-Auswirkungen sei von diesem Zeitpunkt an auch „im ewigen Eis das tägliche Thema“ gewesen.

Häfen in Chile für Schiffe geschlossen 

Die Rückflüge über Santiago de Chile seien für den 15. März geplant gewesen. Alle Koffer seien bereits gepackt gewesen und die beiden freuten sich, bald wieder in Düsseldorf zu landen und in dieser schwierigen Zeit bei Ihrer Familie zu sein.

Doch dann eskalierte die Krise um den Coronavirus weltweit, auch in Südamerika wurden drastische Maßnahmen getroffen. Schiffe mit Infizierten sollen illegal in Punta Arenas in Chile angelegt haben, was Demonstrationen der Anwohner und die Schließung aller Häfen in Chile durch die Regierung zur Folge hatte.

Der eigentliche Reiseplan war also plötzlich dahin. Rund 380 Reiseteilnehmer und etwa 120 Crew-Mitglieder sollen nun in der Magellanstraße auf dem Explorer-Schiff „Road Amundsen“ der Reederei Hurtigruten festsitzen.

Über 100 australische Ärzte an Board

Da unter den Teilnehmern auch über 100 australische Ärzte weilen sollen, die dringend in ihrer Heimat gebraucht würden, berichtete auch die Zeitung „The Guardian“ bereits über die Situation.

Hier lesen Sie mehr: Köln: Stadt schließt Kodi wegen Corona – Beamter wird emotional

Obwohl man über drei Wochen in der Antarktis in der sogenannten „Pinguin-Quarantäne“ gewesen und alle Teilnehmer damit nicht infiziert seien, dürfe man aktuell nirgends an Land. Reederei, Kapitän und Expeditionsleiter seien in „in Dauerkonferenzen mit den Heimatregierungen und den südamerikanischen Behörden.“ Auch die Rückholaktionen der Bundesregierung bringe ihnen daher aktuell nichts.

So soll es für die Rheinländer weitergehen

Nachdem der Kapitän auf See Treibstoff und etwas Proviant aufgenommen habe, versuche man nun die Falkland-Inseln, die zwei bis drei Seetage entfernt sind, zu erreichen. Hier dürfe die Besatzung laut Angaben des Kapitäns in den nächsten Tagen anlegen, dass habe die Regierung der Inselgruppe, die ein britisches Überseegebiet ist, bereits genehmigt.

Da es von den kleinen Flughäfen der Insel jedoch nicht möglich sei, ohne Zwischenstopp nach Europa zu fliegen und alle Flughäfen in Brasilien und Argentinien derzeit geschlossen seien, ist der weitere Ablauf der Rückreise derzeit noch unklar.

Die Stimmung an Bord sei jedoch noch recht gut und die mitgereisten Wissenschaftler würden weiter „hochinteressante Vorträge“ halten. Crew und Passagiere würden zudem „internationale Singalongs und Quiz-Wettbewerbe“ organisieren, um das Beste aus der Situation zu machen. Essen und Klopapier sei zudem noch genügend an Board.

Über Chile zurück nach Europa

Erst nach zehn Tagen unfreiwilliger Quarantäne durften alle Passagiere endlich auf den Falkland-Inseln an Land gehen. Wie es von hier weitergehen sollte, habe zu diesem Zeitpunkt aber noch in den Sternen gestanden. Erst abends soll das Ehepaar Giesen erfahren haben, dass es am kommenden Tag im geschlossenen Konvoi nun doch über Chile zurück nach Europa, und zwar nach London, gehen solle.

Am Dienstag den 25.3 um 4 Uhr in der Früh begann dann die Rückreise. Vom Militärflughafen der Falkland-Inseln ging es mit einer Sondergenehmigung für einen Gruppenflug als geschlossener Konvoi mit einer Chartermaschine nach Santiago de Chile.

Da der Flughafen der Inselgruppe allerdings nicht für 250 Passagiere gleichzeitig ausgelegt sei, soll bereits die Abfertigung sechs Stunden Zeit in Anspruch genommen haben. Zudem hätten Ulrich und Dagmar Giesen zu diesem Zeitpunkt noch keine Informationen gehabt, wie es für sie ab London weitergehen solle.

Flughafen London-Heathrow wie ausgestorben

Erst in letzte Sekunde habe das Ehepaar die Nachricht erhalten, dass noch zwei Plätze in einer British Airways-Maschine von London-Heathrow nach Düsseldorf reserviert werden konnten.

In Santiago de Chile landete die Chartermaschine nach 5,5 Flugstunden bei knackigen 35 Grad. Besonders auffällig sei es gewesen, dass ausnahmslos alle Menschen mit einer Mundschutzmaske herumgelaufen seien und es am Flughafen vor dem Abflug eine Temperaturmessung aller Passagiere gab.

Von hier soll die Gruppe in einem fast 16 stündigen Charterflug nach London ausgeflogen sein. Auch wenn der lange Flug trotz mangelnder Verpflegung gut verlaufen sei, sei es für das Ehepaar ärgerlich gewesen, dass die ursprünglich teuer gebuchten Business-Class-Tickets nun wertlos waren.

Als die Besatzung endlich in London landete habe eine gespenstige Atmosphäre geherrscht. Wo normal im Minutentakt Flugzeuge landen und abheben, reihten sich jetzt massenweise Flugzeuge am Boden und nur ganz vereinzelt starteten und landeten Maschinen. Alle Schalter und Geschäfte seien geschlossen gewesen und es sei insgesamt gespenstig leer gewesen.

Nach 30 Stunden endlich wieder zu Hause

Nach zwei Stunden Warten und einer weiteren Flugstunde landete das Ehepaar Giesen dann endlich in Düsseldorf. Ein freundlicher Steward von British Airways habe die beiden noch mit Mundschutzmasken versorgt, ehe es mit einem der wenigen verbliebenen Taxen nach Hause ging.

Für die beiden sei es durchaus verwunderlich gewesen, dass es im Gegensatz zu Chile in Deutschland noch keine standardmäßige Temperaturmessung gab und nur wenige Menschen eine Schutzmaske trugen.

Hier lesen Sie mehr: Stefan Raab vor Comeback: Er produziert einen eigenen ESC

Am frühen Abend des 26. März hatten es die beiden geschafft. Nach mehr als 30 Stunden seien sie endlich gesund und munter zu Hause angekommen. „Trotz all dieser Strapazen, war dies eine beeindruckende Reise mit vielen unvergesslichen Eindrücken und die norwegische Reederei Hurtigruten hat ihr Bestes gegeben und sich um alles gekümmert. Ein ganz, ganz großes Lob“, fasst Ulrich Giesen abschließend zusammen. (cho)