Nach Zug-Attacke in FrankfurtFamilie des mutmaßlichen Täters bekommt Morddrohungen

Blumen_Hbf_Frankfurt

Blumen, Kuscheltiere und Beileidsbekundungen liegen an Gleis 7 des Frankfurter Hauptbahnhofs.

von Sebastian Oldenborg (so)

Frankfurt – Die mutmaßliche Tat eines 40-jährigen Mannes schockiert ganz Deutschland. Er schubste einen Jungen im Frankfurter Hauptbahnhof in die Gleise. Der Achtjährige bezahlte das mit seinem Leben.

Familie des mutmaßlichen Täters bekommt Morddrohungen

Nach der Attacke auf den achtjährigen Jungen und seine Mutter bekommt die Familie des mutmaßlichen Täters Morddrohungen.

Wie das Schweizer Medium „Blick“ berichtet, häufen sich im Netz wüste Beschimpfungen, die auf die Gesundheit des Sohnes abzielen.

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So sollen auf Facebook Drohungen wie „Ich bin unterwegs... Ich werde dann mal dein Kind vor die Bahn werfen“ und „Den Rotzbuam siehst du nie wieder“ gefallen sein.

Die Stadt Wädenswil und die Polizei habe die Angehörigen an einen nicht genannten Ort gebracht, bestätigte ein Polizeisprecher „Blick“: „Die Familie befindet sich in Sicherheit.“

Wie nun bekannt wurde, waren der gestorbene achtjährige Junge und seine Mutter gerade auf dem Weg in den Urlaub, als die Attacke geschah. Sie wollten sich in Österreich mit der 12-jährigen Schwester des Jungen und der besten Freundin der Mutter treffen.

Nach Informationen der „Bild“ fuhr die Schwester nicht Zug, weil sie keine Lust auf eine Zugfahrt gehabt habe. Außerdem habe sich die beste Freundin ihrer Mutter für eine Autofahrt nach Österreich entschieden – ihr alter Hund hätte eine lange Zugfahrt nicht gut verkraftet.

Zug in Frankfurt überrollt Jungen: Innenminister Seehofer spricht von „kaltblütigem Mord“

In einer Pressekonferenz am Dienstagnachmittag zeigte sich Innenminister Horst Seehofer „bestürzt vom kaltblütigen Mord am Frankfurter Hauptbahnhof“. Seehofer dankte den zivilen Personen und den Einsatzkräften für ihr Engagement.

„Ich kann Ihnen versichern, dass wir alle Maßnahmen einleiten werden, um den Täter einer gerechten Bestrafung zuzuführen“, sagte Seehofer.

Der Beschuldigte habe am Tattag versucht, auch eine 78-jährige Frau in die Gleise zu schubsen. Das sei misslungen, weil die Frau schon vorher gestürzt sei.

Seehofer setzte sich für mehr Präsenz von Beamten der Polizei und Bundespolizei ein und forderte auch Aufstockungen des Personals beim Bundeskriminalamt und dem Bundesamt für Verfassungsschutz. „Das ist für mich noch wichtiger als so mancher Extra-Paragraph.“

In Gesprächen mit den Verantwortlichen soll zudem eine mögliche Verstärkung der Videoüberwachung und die Verbesserung der technischen Voraussetzungen an den Bahnhöfen diskutiert werden. Seehofer nahm in diesem Zusammenhang die Deutsche Bahn in die Pflicht.

Der ebenfalls anwesende Präsident der Bundespolizei, Dieter Romann, gab weitere Details zum Täter bekannt. Dieser sei 2006 illegal in die Schweiz eingereist, 2008 sei seinem Niederlassungs-Gesuch dort stattgegeben worden. Bei seiner Einreise nach Deutschland sei er nicht kontrolliert worden.

Der Eritreer war in der Schweiz zur Fahndung ausgeschrieben, nachdem er am vergangenen Donnerstag einer Nachbarin mit einem Messer den Tod angedroht hatte.

Der Betrieb, in dem der Beschuldigte arbeitete, soll ihn allerdings als „Beispiel gelungener Integration“ in einer Broschüre genannt haben, so Seehofer. Der Innenminister betonte, „keinen Änderungsbedarf“ für die ausländerrechtliche Gesetzgebung zu sehen.

Die Kantonspolizei Zürich bestätigte die Aussagen kurze Zeit später in einer eigenen Pressekonferenz. Am 25. Juli habe der Mann seine Nachbarin bedroht, sie sei aber unverletzt geblieben. Anschließend habe er die Frau sowie seine Ehefrau und die drei gemeinsamen Kinder eingesperrt und sei geflüchtet.

Nach Angaben der Kantonspolizei gebe es keine Hinweise auf eine Radikalisierung. Der Beschuldigte sei in diesem Jahr aber in psychiatrischer Behandlung gewesen. Er sei der Polizei wegen eines „geringfügigen Verkehrsdelikts“ bekannt gewesen.

Staatsanwaltschaft nimmt öffentlich Stellung zu Bahn-Schubser

Auch die Staatsanwaltschaft hatte am Dienstag Stellung zu dem schockierenden Vorfall genommen.

Bei dem Tatverdächtigen handelt es sich demnach um einen 40-jährigen Mann aus Eritrea, der seit 2006 im Kanton Zürich in der Schweiz gelebt hat. „Er ist verheiratet und Vater von drei Kindern“, so die Staatsanwaltschaft. „Er hat angegeben, er sei vor wenigen Tagen von Basel mit dem Zug nach Frankfurt gefahren.“ 

Zum Motiv konnten die ermittelnden Behörden weiter keine Angaben machen. Dazu schweigt der mutmaßliche Täter weiter. „Unter den Umständen kann eine psychische Störung nicht ausgeschlossen werden. Eine psychiatrische Begutachtung wurde in Auftrag gegeben“, so die Staatsanwaltschaft weiter.

Fest steht offenbar, dass der mutmaßliche Täter zur Tat nicht unter Alkohol- oder Drogeneinfluss gestanden hat. Einem Alkoholtest willigte der Festgenommen ein, das Ergebnis war 0,0 Promille.

Derzeit werde das Videomaterial vom Tatort ausgewertet und Zeugen vernommen.

Mutter und Kind in Frankfurt vor ICE gestoßen - Achtjähriger stirbt

Die schreckliche Tat passierte am Gleis 7 des Frankfurter Hauptbahnhofs: Viele Kinder warteten mit ihren Eltern auf den Zug. Auch die 40-jährige Mutter mit ihrem Sohn (8). Als der ICE 529 aus Richtung Düsseldorf einfuhr, soll der Mann (40) die Frau und den Jungen auf die Schienen gestoßen haben.

Die Mutter konnte sich noch gerade rechtzeitig aus dem Gleisbett retten, doch ihr Kind wurde überrollt und kam ums Leben.

Der mutmaßliche Bahn-Schubser soll laut Zeugen versucht haben, einen weiteren Menschen auf das Gleis zu stoßen. Er habe sich nach Angaben der Polizei in Sicherheit bringen können.

Passanten überwältigen Täter vom Frankfurter Hauptbahnhof

Eine hinterhältige Horror-Tat. Schließlich ergriff der Mann, der aus Eritrea stammen soll, die Flucht, wurde aber außerhalb des Bahnhofs von Passanten überwältigt und festgehalten, bis die Polizei ihn festnahm. Nach Behördenangaben war der Mann bislang nicht polizeibekannt.

In der Bahnhofshalle kam es laut „Hessenschau“ zu dramatischen Szenen. „Die Leute sind heulend zusammengebrochen“, so eine Augenzeugin. Mehrere Reisende mussten von den Rettungskräften betreut werden.

Eine Schaffnerin, die aus dem Zug heraus sehen konnte, was passiert war, habe laut geschrien. Am Bahnhof wurden die Gleise 4 bis 9 gesperrt. Es kam zu vielen Zugausfällen und Verspätungen.

Alle Gleise im Hauptbahnhof Frankfurt wieder frei

Am Abend wurden alle Gleise wieder freigegeben worden. Das sagte ein Sprecher der Bahn. Der Zugfahrplan pendele sich nach und nach wieder ein.

Die Gleise 4 bis 9 waren wegen der Ermittlungen für mehrere Stunden gesperrt gewesen. Es kam zu Ausfällen und Verspätungen. Gegen 19.15 Uhr seien nach Absprache mit der Polizei als letzte beiden auch die Gleise 6 und 7 freigegeben worden, sagte der Sprecher.

Mutmaßlicher Täter wird Dienstag dem Haftrichter vorgeführt

Gegen den mutmaßlichen Täter ermittelt die Mordkommission jetzt wegen eines vollendeten Tötungsdeliktes sowie zweier versuchter Tötungsdelikte. Er wird laut Staatsanwaltschaft Frankfurt am Dienstag dem Haftrichter vorgeführt. Bislang hat er sich nicht zu dem Fall geäußert, wie eine Sprecherin der Ermittlungsbehörde sagte. 

Der mutmaßliche Täter hat bis zuletzt im Kanton Zürich in der Schweiz gelebt. Wie die Schweizer Polizei am Dienstag mitteilte, war der Mann mit eritreischer Staatsbürgerschaft im Besitz einer sogenannten Niederlassungsbewilligung. Diese wird Ausländern in der Schweiz nach einem Aufenthalt von fünf oder zehn Jahren im Land ausgestellt. 

Seine Opfer habe er ersten Ermittlungen zufolge nicht gekannt, wie eine Polizeisprecherin sagte.

Der achtjährige Junge ist schon das zweite Todes-Opfer binnen weniger Tage, das auf das Konto eines Bahn-Schubsers geht. 

Innenminister Horst Seehofer (CSU) bricht Urlaub ab

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) unterbrach seinen Urlaub, um Gespräche mit Sicherheitsbehörden zu führen. Im Anschluss will er sich am Dienstagnachmittag öffentlich äußern. Er äußerte sich „tief bestürzt“ über die Tat, die er „auf das Schärfste“ verurteilte. „Der Täter wird für die Tat mit allen rechtsstaatlichen Mitteln zu Verantwortung gezogen werden“, sagte Seehofer, warnte aber auch vor vorschnellen Bewertungen des Geschehens. Die Hintergründe müssten zunächst aufgeklärt werden.

Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) zeigte sich „fassungslos, dass Mutter und Kind vor einen einfahrenden Zug gestoßen wurden“. Die Aufklärung der „abscheulichen Tat“ liege nun in den Händen der zuständigen Behörden, erklärte er. „Es ist nicht zu ermessen, welches Leid mit dem Tod des Jungen über die Familie gebracht wurde, welch unermesslicher Schmerz. Den Angehörigen gilt mein tief empfundenes Beileid“, erklärte Frankfurts Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD).

Diskussion über Sicherheit an Bahnhöfen

Der CDU-Innenpolitiker Philipp Amthor sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Nach dieser furchtbaren Straftat braucht es jetzt rasche und spürbare Konsequenzen für den Täter. Zusätzlich zum Strafverfahren sollten auch aufenthaltsbeendende Maßnahmen diskutiert werden. Darüber hinaus bin ich offen für eine Diskussion über bessere Sicherheitsvorkehrungen an unseren Bahnhöfen.“

Auch weitere Politiker äußerten sich parteiübergreifend entsetzt. „Als Mutter kann ich mir nichts Schlimmeres vorstellen, als den Tod des eigenen Kindes erleben zu müssen“, erklärte die Grünen-Vizefraktionschefin im Landtag, Eva Goldbach. FDP-Fraktionschef Stefan Müller äußerte sich „traurig“ und „fassungslos“.

Ähnlich reagierten Politiker auch im Bund. Von einer „heimtückischen Tat“, sprach Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt in Berlin. AfD-Fraktionschefin Alice Weidel forderte besseren Schutz für die Bürger. 

Kind vor Zug gestoßen: Fall aus Frankfurt erinnert an Voerde (NRW)

Der Fall erinnert an das schlimme Verbrechen von Voerde (NRW) vor wenigen Tagen. Dort hatte ein Mann eine ihm unbekannte Frau (34) vor einen einfahrenden Zug gestoßen.

Bei ihm seien „Abbauprodukte von Kokain“ im Blut gefunden worden, wie der Duisburger Staatsanwalt Alexander Bayer am Montag sagte. Ob der Mann zum Tatzeitpunkt im Rausch war, ist noch unklar.

Die junge Mutter hatte keine Chance und starb trotz den Wiederbelebungsversuchen der Retter.

Der Mann soll sich der Frau wortlos von hinten genähert und sie auf die Gleise gestoßen haben, berichteten Zeugen der Polizei. Auch hier kannten sich Täter und Opfer nicht.

Der mutmaßliche Täter war der Polizei bekannt, soll in der Vergangenheit den ganzen Ort tyrannisiert haben. Er sitzt wegen Mordverdachts in Untersuchungshaft.

Ende Juni stießen junge Leute in Essen einen 20-Jährigen an einer U-Bahn-Station ins Gleis, nachdem sie ihn geschlagen hatten. Er konnte sich verletzt aus dem Gleis retten, bevor die Bahn einlief. Der Haupttäter ist erst 14.

Horror am Bahnsteig: Es gibt keinen echten Schutz vor den Schubsern

Wie kann ich mich vor solchen Taten schützen? „So etwas kann man nicht voraussehen”, sagt Michael Mertens, Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei in NRW. „Wenn man so etwas verhindern möchte, müsste man sämtliche Bahnsteige sperren, bis der Zug steht. Das ist völlig unrealistisch.“ Alternativ würde ein Täter dann jemanden im Straßenverkehr vor den Bus stoßen.

„Für Hinterbliebene ist das schwer erträglich, die dann denken: Warum läuft so jemand frei herum?“, sagte Mertens. Aber man könne niemanden prophylaktisch in Haft nehmen. „So funktioniert unser Rechtssystem nicht“, bestätigte eine Polizeisprecherin.

(so/mah, mit Material von afp und dpa)