Mit Alkolocks Leben rettenStarb Fabi Martini (21), weil Polizist im Suff fuhr?

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Fabien starb 2018, als ein Polizeiwagen mit mindestens 90 Stundenkilometern auf ihr Auto prallte. Nach anonymen Hinweisen ergab die Untersuchung der Blutprobe des fahrenden Polizisten, dass der 1,1 Promille im Blut hatte.

Köln – Fabien Martini (21) starb vor gut einem Jahr, weil ein Polizeiwagen in Berlin mit Blaulicht in ihren Renault Clio prallte.

Wie erst jetzt bekannt wurde: Der Fahrer, ein Polizeibeamter (51), soll 1,1 Promille im Blut gehabt haben (hier noch einmal den tragischen Unfall nachlesen).

Die Eltern sind entsetzt: „Unsere Tochter könnte vielleicht noch leben, wenn jemand anderes den Wagen gelenkt hätte. Sämtliche Polizeifahrzeuge sollten mit Alkolocks ausgestattet werden”, lassen sie ihren Anwalt Matthias Hardt auf Anfrage des EXPRESS ausrichten.

Alkoholbremse als Standard

Unfallforscher gehen noch weiter: Die Alkoholbremse sollte in jedem Wagen Standard werden.

Fabi nennen ihre Eltern sie. Fabi war das langersehnte Wunschkind, „eine wundervolle, lebensfrohe und wunderschöne junge Frau, die noch so viele Pläne und Träume hatte“, so steht es auf ihrer Gedenkseite im Netz.

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Ein Mann hält ein Alkoholmessgerät in der Hand, das in Kombination mit einer Wegfahrsperre funktioniert. 

Genauso wie Max (21) aus Düsseldorf, der von einem Fahranfänger mit 0,98 Promille im Blut aus dem Leben gerissen wurde. Oder Rentnerin Olga (75), die am Kreuz Köln-Süd starb, nachdem ein Mann mit knapp drei Promille in ihren Wagen gefahren war.

Nur drei Beispiele von vielen. „Rund 250 Menschen pro Jahr sterben durch Alkoholunfälle“, sagt Siegfried Brockmann, Leiter der Unfallforschung der Versicherer.

Zehntausende Alkohol-Unfälle

„2017 wurden in Deutschland 35 326 Unfälle von der Polizei aufgenommen, bei denen mindestens ein Beteiligter unter dem Einfluss von Alkohol stand. Bei 13343 Unfällen kamen Menschen zu Schaden“, fügt Julia Fohmann vom Deutschen Verkehrssicherheitsrat (DVR) hinzu.

Besonders brisant: Die Karnevalszeit. Von Weiberfastnacht bis Aschermittwoch 2017 ereigneten sich in NRW 118 Verkehrsunfälle, bei denen Alkohol im Spiel war, so Innenminister Herbert Reul.

Auch in diesem Jahr wird es verstärkt Kontrollen geben.

Erschütternde Zahlen

Zahlen, die erschüttern und jüngst Experten beim Verkehrsgerichtstag in Goslar auf den Plan riefen. Sie haben dem Gesetzgeber geraten, zeitnah sogenannte Alkohol-Interlock-Programme (kurz: Alkolocks) einzuführen.

Aber nur für eine kleine Gruppe – „als Ergänzung zu dem bestehenden Maßnahmensystem für alkoholauffällige Kraftfahrer, um Fahrten unter Alkoholeifluss zu verhindern.“

Heißt: Das beträfe diejenigen, die schon mal mit 1,1 bis 1,59 Promille erwischt wurden, den Lappen los sind und laut Gutachten bescheinigt bekommen, Fahren und Trinken künftig trennen zu wollen.

Im Gegenzug für die Anschaffung des Alkolocks, Gutachten, Einbau und Co. (rund 3000 Euro) bekämen diese Alkoholsünder den Führerschein schneller zurück.

Neufahrzeuge umrüsten

„Warum so kompliziert?“, fragt Unfallforscher Brockmann. „In Europa gilt in allen Ländern, bis auf Großbritannien, die 0,5 Promillegrenze. Warum beschließt man in Brüssel angesichts dieser Zahlen nicht den generellen Einbau von Wegfahrsperren in Neufahrzeugen?“ 

Doch damit stößt er auf Kritik. Einer obligatorischen Ausrüstung aller Kraftfahrzeuge oder einer Pflicht nur für bestimmte Personengruppen steht man im Verkehrsministerium kritisch gegenüber.

Schließlich müsste dann jeder Kfz-Halter ein solches Gerät einbauen, auch wenn er gar kein Alkoholproblem habe.

Alkolocks könnten Leben retten

„Aber wäre das so schlimm angesichts der Leben, die gerettet werden könnten?“, fragt der Unfallforscher. Wie zum Beispiel das der Viersener Polizistin, die 2017 von einem ukrainischen Brummifahrer getötet wurde.

Der Mann war so betrunken, dass er nicht mehr in der Lage war, allein zu gehen. Der Trucker ist kein Einzelfall.

Bei einer Großkontrolle der hessischen Polizei im Januar hatte jeder sechste Lkw-Fahrer eine Fahne, von ihnen musste knapp die Hälfte an einer Weiterfahrt gehindert werden. Betrunken ans Steuer und losfahren?

Alkolocks bei Speditionsfahrzeugen

Geht bei den Fahrern des holländischen Fuhrparks Kuipers nicht. Die Spedition hat die gesamte Flotte mit Alkolocks ausgerüstet – freiwillig.

„Wir haben seitdem keinen Alkoholvorfall mehr gehabt. Alle Fahrer müssen erst pusten, bevor sie den Lkw starten können. So sind sie immer nüchtern unterwegs“, sagt Geschäftsführer Harry Kuipers.

Wie und wo die Geräte zum Einsatz kommen

So funktionieren Alkolocks: Vor dem Start des Motors misst das Gerät den Atemalkohol des Fahrers.

Ist der Wert zu hoch, blockiert eine mit dem Messgerät verbundene Steuereinheit unterhalb des Armaturenbretts den Anlasser.

Es gibt aber Möglichkeiten, das Gerät zu überlisten, wenn man jemand Nüchternen für sich pusten lässt.

Hier wird gepustet:

  • Die USA und Kanada benutzen Alkolocks seit langem.
  • In Frankreich lässt sich der Motor von Bussen seit 2015 nur starten, wenn der Fahrer den Atemtest von unter 0,2 Promille besteht. Jeder Fahrzeughalter muss ein mobiles Messgerät mitführen.
  • In Schweden sind sie für Bus-/ Taxifahrer, Lokführer und Krankenwagenfahrer bereits Routine.
  • In Polen und den Niederlanden werden ertappte Schluckspechte dazu verdonnert.