Crime-HistoryDer „Hammermörder“: Unter seiner Maske steckte ein Polizist

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Norbert Poehlke wurde als „Hammermörder“ bekannt, weil er bei seinen Banküberfällen stets mit einem Hammer die Schalterverglasung einschlug. Das Symbolbild entstand als reine Symbolaufnahme und zeigt keinen Hammer, der bei einer Straftat verwendet wurde.

von Maternus Hilger (hil)

Stuttgart – Mitte der 80er Jahre hält eine unheimliche Mordserie die Menschen in der schwäbischen Provinz in Atem. Auf abgelegenen Parkplätzen lauert ein Killer seinen Opfern auf und tötet sie mit Schüssen mitten ins Gesicht.

Mit den Autos fährt er anschließend zu kleinen Bankfilialen und raubt sie aus. Da der Vermummte dabei stets mit einem Hammer die Schalterverglasung einschlägt, geht er als „Hammermörder“ in die Kriminalgeschichte ein.

„Hammermörder“: Polizei tappt über Monate im Dunkeln

Über mehrere Monate geht das so. Zwischen Dezember 1984 und Juli 1985 tötet der mysteriöse Mörder im Raum Heilbronn-Ludwigburg drei Menschen – allesamt Zufallsopfer, die mit ihrem Auto unterwegs waren und eine kurze Rast eingelegt hatten. Im Anschluss überfällt er Banken, erbeutet insgesamt rund 100.000 Mark.

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Lange stehen die Ermittler vor einem Rätsel, eine heiße Spur gibt es zunächst nicht – trotz Hunderten von Hinweisen und der Überprüfung von mehr als 1000 Personen. Der Fahndungsdruck steigt mit jedem Tag.

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Er war Polizist: Der berüchtigte „Hammermörder“ Norbert Poehlke, hier eine Aufnahme aus dem Jahr 1980, der sechs Menschen tötete.

Doch der „Soko Hammer“ unterlaufen immer wieder Pannen, was erst zur Festnahme eines Unschuldigen und erst später – aber viel zu spät – auf die Spur zum wahren Mörder führt, einem Kollegen, dem damals 34-jährigen Norbert Poehlke, Polizeiobermeister bei der Hundestaffel in Stuttgart-Mühlhausen, verheiratet und Vater von zwei Söhnen.

„Hammermörder“ Poehlke löscht seine Familie aus

Ein aufgrund von Zeugenaussagen erstelltes Phantombild, das Ähnlichkeit mit Poehlke hat, und eine Überprüfung von Dienstwaffen, bringt schließlich den Durchbruch.

Doch bevor die Fahnder Poehlke dingfest machen können, zieht er einen Schlussstrich unter sein verpfuschtes Leben. Mit einer Grausamkeit, die selbst erfahrene Tatort-Ermittler schockiert. Erst tötet „Nobbe“, wie er im Kollegenkreis genannt wurde, am Abend des 13. Oktober 1985 in seinem Haus in Strümpfelbach bei Backnang seine auf der Couch sitzende Ehefrau Ingeborg mit einem Kopfschuss – und dann seinen schon schlafenden älteren Sohn Adrian (7) mit einem Schuss ins Gesicht.

„Hammermörder“ flieht mit dem zweiten Sohn nach Italien

Seinen jüngeren Sohn Gabriel (4) packt der „Hammermörder“ ins Auto und flüchtet mit ihm nach Italien. Nur wenige Tage später, am 22. Oktober 1985, finden Spaziergänger am Strand von Torre Canne bei Brindisi die Leichen der beiden.

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Das Haus Poehlkes in Strümpfelbach/Backnang (aus der SWR-Doku „Der Hammermörder – Blutspur eines Polizisten“).

Poehlke hatte zuerst seinen Sohn – wieder mit einem Schuss ins Gesicht – und dann sich selbst getötet – mit seiner Dienstwaffe Walther P5, mit der er auch seine anderen Opfer ermordet hatte. Erst jetzt wird das ganze Drama um die Mordserie und ihren möglichen Auslöser publik. Alles begann mit einem Lottogewinn in Höhe von 30.000 Mark...

Poehlkes Motiv: Hat der Lottogewinn alles ausgelöst?

Der kleine Polizeibeamte war happy und steckte das Geld gleich in ein Häusle und auch ein neuer, teurer Mercedes musste angeschafft werden. Die Nachbarn sollten schließlich was zum Staunen haben. Doch statt Schwäbisch bescheiden auf den Pfennig zu schauen, übernahm sich der freundliche und hilfsbereite Familienvater von nebenan ganz schnell.

Die Kosten fürs Eigenheim und die viel zu teure Einrichtung liefen schnell aus dem Ruder, die Kredite waren kaum noch zu bedienen. Die Poehlkes lebten mehr oder weniger auf Pump. Der Druck, alles zu verlieren und in dem kleinen Ort, wo sich alle kannten, als Versager dazustehen, könnte erklären, warum der biedere Familienvater zum Mörder und Bankräuber wurde.

Eine andere mögliche Erklärung könnte der Tod seiner Tochter Cordula gewesen sein, die im März 1984 im Alter von vier Jahren an einem Gehirntumor gestorben war – neun Monate vor Beginn der Mordserie.

„Hammermörder“ haderte mit dem Tod seiner Tochter

Kollegen berichteten später, Poehlke habe damals sehr depressiv gewirkt, weil er glaubte, dass eine teure Privatbehandlung seine Tochter vielleicht hätte retten können. Doch das Geld dafür hatte er nicht. Wurde er deshalb zu einem Monster? Zu einem, der die Gesellschaft zu hassen begann und sich rächen wollte?

All das bleibt bis heute ein Rätsel – ebenso wie die Frage, warum Poehlke stets mit äußerster Brutalität bei seinen Verbrechen vorging, seine Opfer bestialisch mit Schüssen ins Gesicht tötete und am Ende noch seine Familie mitsamt der unschuldigen Kinder auslöschte. Sein mögliches Motiv nahm der „Hammermörder“ mit ins Grab.

Eine Ahnung, wie es gewesen sein könnte, vermittelt eindrucksvoll und sehr realistisch das Psychogramm des Mörders in dem ZDF-Spielfilm von 1990 mit Christian Redl (72) und Ulrike Kriener (65) in den Hauptrollen nach dem gleichnamigen Roman „Der Hammermörder“ von Fred Breinersdorfer (73). Ein Film, der bis heute für Gänsehaut sorgt.