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Bei Fahrradreise erschossenDeutscher kämpft in Mexiko um toten Bruder

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Rainer Hagenbusch steht in einem Park an der Straße Paseo de la Reforma in Mexiko-Stadt. Der 56-Jährige war nach Mexiko gekommen, um dem Mord an seinem Bruder nachzugehen.

Mexiko-Stadt – Auf zwei gefalteten Zetteln eines Blocks hat Rainer Hagenbusch Fragen notiert. „Warum hat sich die Botschaft nicht gemeldet?“, liest er vor. „Warum hat sich das BKA nicht mit uns in Verbindung gesetzt?“

Es sind Fragen nach dem Mord an seinem Bruder in Mexiko, die er beantwortet haben möchte. Der 43 Jahre alte Fahrrad-Globetrotter aus Freigericht in Hessen war Ende April in dem lateinamerikanischen Land verschwunden und rund zwei Wochen später erschossen gefunden worden. Das Auswärtige Amt berichtet, der Fall werde seit seinem Bekanntwerden konsularisch intensiv betreut.

Deutsche Botschaft hat sich nicht gemeldet

Der 56-Jährige spricht über das Geschehene mit fester Stimme – was angesichts der Brutalität des Verbrechens wohl nicht viele Menschen könnten. Vom Verschwinden seines Bruders habe er zuerst von Bekannten seines Familienangehörigen über Facebook erfahren. „Die Fahrrad-Community passt ein bisschen aufeinander auf“, sagt Hagenbusch. „Man fährt nicht immer gemeinsam, aber meldet sich ab und zu.“

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Seit dem 20. April fehlte von seinem Bruder und einem polnischen Radfahrer - sie waren im südmexikanischen Bundesstaat Chiapas unterwegs – jede Spur.

Als er die deutsche Botschaft kontaktierte, habe man ihm gesagt, dass der Fall bekannt sei, erklärt Hagenbusch. Warum sich niemand zuerst bei der Familie gemeldet habe, frage er sich jedoch immer noch. „Uns hat niemand angerufen“, sagt Hagenbusch. Zu diesem Zeitpunkt seien bereits die Knochen seines Bruders gefunden worden – jedoch gab es noch keine offizielle Überprüfung und Bestätigung, ob es sich um den 43 Jahre alten gelernten Krankenpfleger aus Deutschland handelte.

Der Leichnam des Polen sei zu dieser Zeit bereits entdeckt und begraben worden – ohne Nachricht an die Familie des Mannes, sagt Hagenbusch, der ein weißes T-Shirt trägt, auf dessen Rücken ein Aufdruck mit einem Engel auf einem Fahrrad prangt. „Für uns war von Anfang an klar, dass es kein Unfall war“, sagt Hagenbusch.

Sein Bruder war ein erfahrener Radler. Auf seinen Reisen durch Europa, Asien und Amerika hatte er bereits mehr als 60.000 Kilometer zurückgelegt. Die Staatsanwaltschaft in Chiapas hatte zunächst erklärt, die beiden Männer seien von der Straße abgekommen. „Hier sollte ganz klar vertuscht werden“. Der 56-Jährige entschied, nach Mexiko zu fliegen.

Leichen grausam zugerichtet

Der Fall der beiden getöteten Radfahrer hatte das von Gewalt geprägte Mexiko erschüttert. Dem Polen war nach Angaben Hagenbuschs der Kopf mit einer Machete abgetrennt worden. Zudem fehlte der Leiche ein Fuß und das Herz. Dem Deutschen war in den Kopf geschossen worden. Da er fast zwei Wochen unterhalb eines Abhangs bei San Cristóbal de las Casas im Freien lag, waren nur noch Knochenreste auffindbar. Wildtiere und Insekten hatten sich über Teile der Leiche hergemacht.

Nachdem der Staatsanwalt in Chiapas ausgetauscht wurde, gingen die Ermittler von einem Raubüberfall aus und leiteten Morduntersuchungen ein.

Laut Hagenbusch sei es jedoch möglich, dass die beiden Fahrrad-Reisenden, die sich erst für das Nachtquartier zusammengeschlossen hatten, zu Opfern wurden, weil sie eine andere Straftat beobachtet hatten. Er sei sich jedoch sicher, dass die mexikanischen Behörden die Täter finden. „In Chiapas wird jetzt mit Hochdruck gearbeitet.“ Hagenbusch ist sich sicher, ein Grund dafür sei die hohe Präsenz des grausigen Falls in den sozialen Netzwerken. Die deutschen Behörden in Mexiko hätten jedoch nur wenig zur Aufklärung des Falles beigetragen, klagt er an.

Zwar habe ihm die deutsche Botschaft für zwei Tage eine Begleitung bereitgestellt. Diese habe aber auf Englisch übersetzt. Bei wichtigen Detailfragen hätte er sich gewünscht, dass ihm jemand diese auf Deutsch hätte erklären können, so Hagenbusch.

Zwei Mitarbeiter des Krisentelefons der deutschen Botschaft seien mit ihm im Kontakt, sagt Hagenbusch. Auch der deutsche Botschafter in Mexiko, Viktor Elbling, habe sich bei ihm gemeldet - ein Mitarbeiter des Bundeskriminalamts (BKA), das in Mexiko auch vertreten ist, sei jedoch nicht nach Chiapas gereist.

Familie muss wohl lange auf Beerdigung warten

Aus dem Auswärtigem Amt in Berlin hieß es dazu am Freitag, dass der Fall vom Zeitpunkt des Bekanntwerdens an konsularisch intensiv betreut wurde. Die Botschaft stehe sowohl mit der Familie als auch den mexikanischen Behörden in Kontakt. Beim Amtsgericht im hessischen Hanau war am Donnerstag erwirkt worden, dass die Leiche des Freitalers beschlagnahmt und in Deutschland nochmals untersucht wird.

Für Hagenbusch, der für seinen Aufenthalt seinen Jahresurlaub genommen hat, kam dieser Schritt überraschend. Er habe Verständnis dafür, dass die deutschen Behörden selbst die Leiche prüfen wollen, so der 56-Jährige. Für die Familie bedeute dies aber eine unnötig lange Wartezeit, bis eine Beisetzung stattfinden kann: Die Überreste müssten erst von Chiapas zur Staatsanwaltschaft in Mexiko-Stadt gebracht und dann nach Europa überstellt werden - was nach Aussage Hagenbuschs Monate dauern kann.

Seine Mutter bitte ihn fast jeden Tag: „Bring meinen Jungen nach Hause“, so Hagenbusch. Für die 82-Jährige sei die lange Wartezeit eine Tortur. Die gesamte Familie wolle mit dem Geschehenen abschließen. Eine erneute Obduktion in Deutschland hält er für unnötig, da die Leiche bereits identifiziert sei - und zudem nur noch Knochenteile übrig sind, wie der 56-Jährige sagt.

Hagenbusch wird in der kommenden Woche in einen Flieger zurück nach Deutschland steigen - ohne seinen Bruder. Dass er so beginnen kann, um seinen Angehörigen zu trauern, hält er für nicht möglich.

(dpa)