Horrorhaus in der EifelLiegt ein Fluch auf dem Haus von Sonja Zietlow?

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Der alte Bauernhof in Üxheim in der Vulkaneifel: Zuletzt hatte hier eine vermeintliche Tierfreundin gewohnt.
Üxheim-Nollenbach – Ein kleiner verträumter Flecken in der Vulkaneifel. 20 Seelen leben hier, elf Familien. Eine Straße, acht Häuser. Eines gehört TV-Star Sonja Zietlow, die ab Freitag wieder aus dem berühmten RTL-„Dschungelcamp“ moderiert.
Für 200.000 Euro hat sie das Anwesen Römerstraße 24 gekauft. Per Fernkauf im Internet, ohne es einmal persönlich gesehen zu haben.
Es ist ein weißes zweistöckiges Haus mit vielen kleinen Zimmern. An einer Giebelwand hängt ein Kreuz. Ein schmuckloses Gebäude wie so viele hier im Eifelwald. Drei Kopfweiden vor dem Mittelteil, da wo früher eine Terrasse war. Ein Feldweg führt von der Straße zum Haus. Notdürftig geschottert.
Familienvater Gerd Schäfer (45, Namen geändert) hatte immer von einem Haus auf dem Land für sich und seine Liebsten geträumt. In der Vulkaneifel findet er es.
Der Messebauer zieht in den Sommerferien 1984 mit Ehefrau Maria, seiner unehelichen Tochter Barbara sowie den Zwillingen Luise und Charlotte (5) in sein neues Traumhaus nach Üxheim-Nollenbach.
Er zerreißt sich für seine Familie, ist unter der Woche tagelang für seine Wesselinger Firma unterwegs. Wenn er heimkehrt, schuftet er weiter, will das Haus noch schöner machen. Barbara (34) erinnert sich: „Er hat den Garten selbst begrünt, den Teich ausgehoben, er baute uns einen Pool.“
Die ersten Jahre in der Eifel sind tatsächlich glückliche Jahre: „Ich hatte eine tolle Kindheit in der Natur, konnte jedes Blatt zuordnen, habe mit Papa im Winter Iglus gebaut“, gerät die Raumausstatterin noch immer ins Schwärmen.
Am 30. Oktober 1985 erblickt die kleine Jacqueline das Licht der Welt. Und sie beginnt nach und nach diese Welt zu entdecken. Früh lernt sie das Laufen. Auch an diesem Tag Ende Juni 1987 geht Jacqueline wieder auf Entdeckungsreise. Barbara Schäfer: „Wir hatten Besuch da, wir Kinder tollten über das ganze Gelände.“ Auf dem weitläufigen Grundstück können sich die Kinder austoben, gleichzeitig ist es aber für die Eltern unmöglich, die Sprösslinge jederzeit im Auge zu behalten.
Die Schäfers haben Jacqueline aus den Augen verloren, als das Mädchen von der Terrasse zum Pool läuft. Das Becken ist vom Vater in den Hang gebaut worden, zu allen Seiten geht es etwa einen Meter in die Tiefe. Nur an der Rutsche kann man ungehindert ins Wasser steigen, dort schließt das Becken mit dem Hang ab.
„Jacquelines Mutter Maria war mit einer Freundin im Haus, Papa war mit einem Freund irgendwo auf dem Grundstück. Auf einmal war Jacqueline weg“, erinnert sich Barbara. Es wird hektisch. Überall wird nach dem Mädchen gesucht. Denn weder die weitläufigen, hohen Wiesen noch der Swimmingpool sind umzäunt.
Lebenswichtige Minuten verstreichen, bis die Schäfers die grausige Entdeckung machen. „Jacquelines kleiner Körper wurde im Pool hochgeschwemmt. Wir hatten auch an dieser Stelle schon gesucht, aber das Wasser war ganz trüb, man konnte nicht auf den Grund sehen“, erklärt Barbara Schäfer.
Ihr Vater Gerd springt ins 1,20 Meter tiefe Becken, holt Jacqueline aus dem Wasser. Er versucht, seine Tochter wiederzubeleben. Es gelingt. Dann rasen Gerd und Maria Schäfer mit Jacqueline ins 15 Kilometer entfernte Krankenhaus nach Gerolstein. Nach der Erstversorgung in der Klinik wird das Mädchen mit dem Hubschrauber in eine Spezialklinik geflogen. Dort kämpfen die Ärzte eine Woche lang um Jacquelines Leben, doch sie erwacht nie aus dem Koma. Die Mediziner stellen den Hirntod fest.
Jetzt schlägt die schwerste Stunde im Leben von Maria und Gerd Schäfer. Als hätten sie nicht schon genug gelitten, müssen die Eltern am 3. Juli 1987 selbst die Geräte abstellen, die ihre eigene Tochter noch am Leben halten.
Barbara Schäfer schaut danach oft aus ihrem Kinderzimmer zum Pool hinunter. Genau da, wo die kleine Jacqueline ins Becken gefallen war, sieht sie immer wieder ihren Vater stehen: „Er hatte solche Schuldgefühle. Wir Geschwister versuchten, ihm zu zeigen, dass er noch andere Kinder hat, doch das normale Leben kehrte nie wieder zurück.“
Vier Jahre später, es ist April 1991. Immer noch machen sich Gerd und Maria Schäfer (Namen geändert) schwere Vorwürfe. Immer wieder dieselben Fragen. Wie konnten sie Jacqueline nur aus den Augen lassen, warum war das Schwimmbecken nicht umzäunt? Und immer noch keine Antworten. Gerds Tochter Barbara weiß, wie es damals in ihrem Vater aussieht: „Mein Vater hatte solche Schuldgefühle, manchmal dachte ich, er bringt sich um. Ich hätte ihn so gerne von diesen Gefühlen befreit.“
Die Schäfers versuchen, so gut es geht, zur Normalität zurückzukehren. Vater Gerd nimmt seinen Job wieder auf, fährt für seine Wesselinger Firma tagelang durch Deutschland. Auf den langen Touren im VW-T4-Westfalia-Wohnmobil kreisen die Gedanken des Messebauers immer wieder um Jacqueline.
In diesem April muss Nesthäkchen Ben (3) am Hals operiert werden. Barbara Schäfer erinnert sich, dass der Bruder danach unter starken Schmerzen litt: „Ben wollte bei seiner Mutter im Bett schlafen, die Schmerzen von der OP ließen ihn nachts oft aufwachen.“ Gerd Schäfer will, dass sein Sohn sich schnell von dem Eingriff erholt. Deshalb entscheidet er sich, im VW-Bus zu schlafen. Hintergrund: Am nächsten Tag geht es sowieso früh raus. Wenn Gerd Schäfer mal zu Hause ist, möchte er die Zeit mit der Familie genießen.
„Ich brachte abends den Müll raus, das Wohnmobil war direkt an den Mülleimern vor dem Haus geparkt. Papa drückte mir noch Wurst und Käse in die Hand, weil der Kühlschrank im Bus nicht funktionierte.“ Es ist der Moment, in dem Barbara ihren Vater zum letzten Mal lebend sieht.
Am nächsten Morgen, es ist der 13. April, sieht sie den VW-T4 immer noch vor dem Haus stehen. Sie freut sich immer, ihren Vater zu sehen, will ihn zum Frühstück holen. „Ich klopfte ein Kartoffelsieb extra laut auf den Mülleimern aus, um Papa zu wecken“, doch nichts rührt sich.
Barbara Schäfer kann sich bis heute nicht erklären, warum sie nicht im Wohnmobil nachsieht. Ihre Stiefmutter Maria geht kurz darauf zum VW-Bus, öffnet die Schiebetür. Direkt vor ihr auf dem Boden: ihr Mann Gerd, er ist tot.
Von der Polizei erfährt Barbara Schäfer, was in den letzten Minuten im Leben ihres Vaters geschieht: „Vermutlich ist er in der Nacht aufgewacht, roch das Gas, wollte schnell raus.“ Doch im Dunkeln kann er den Türöffner nicht schnell genug finden. Direkt an der rettenden Tür bricht Gerd Schäfer bewusstlos zusammen, giftiges Kohlendioxid strömt aus der undichten Hauptleitung für Herd, Heizung und Kühlschrank ungehindert in seine Lunge.
Maria Schäfer läuft ins Haus zurück, ruft sofort einen Notarzt. Sie schickt Barbara (damals 15), Luise (12) und Charlotte (12) auf ihre Zimmer, den kleinen Ben trägt sie in diesem Moment auf dem Arm. Während Rettungssanitäter um das Leben ihres Vaters kämpfen, haben die Kinder nur eine böse Vorahnung. Dann überbringt Maria Schäfer die schreckliche Nachricht, sie ruft die Kinder herunter, sagt ihnen, Papa ist tot.
Barbara kann da noch nicht fassen, dass ihr Vater für immer fort ist. Sie will weg, zu einer Freundin. Erst auf dem Weg dorthin trifft sie die Erkenntnis wie ein Schlag. „Ich ging über die Hauptstraße, da kam mir dieser Leichenwagen entgegen, und ich wusste, der ist für Papa.“
Es dauert Jahre, ehe Barbara Schäfer den plötzlichen Verlust ihres geliebten Vaters wirklich realisiert. Heute macht sie ein Gedanke besonders traurig: „Als er starb, war ich doch erst 15, so richtig kennenlernen konnte ich ihn nie.“
Sie kann nicht glauben, dass die schrecklichen Ereignisse ihrer Jugend irgendetwas mit dem verfluchten Haus zu tun haben sollen: „Es ist ein so schönes Haus, dafür gebaut, Menschen glücklich zu machen.“
Es ist die Nacht zum 1. März 2003. Im Rheinland tobt der Karneval, viele Üxheimer sind zur „Lachenden Kölnarena“ gefahren. Zeitungslieferant Heinz Müller (54) feiert lieber im nahen Leudersdorf in der Kneipe „Zur Post“, als gegen halb zwei für ihn die Karnevalsnacht plötzlich endet: „Jemand kam rein und rief: »In Nollenbach brennt's!«
Ein Lastwagenfahrer hatte den Feuerschein gesehen und die Polizei alarmiert.“ Es hätte jedes andere der acht Häuser in Nollenbach treffen können, doch es ist das Horrorhaus und damit ein weiteres Kapitel seiner düsteren Geschichte.
Eigentlich ist das Haus, das die Familie Schäfer im Sommer 2001 verlassen hat, auf der Anhöhe hinter einem dichten Wäldchen nicht zu erkennen. Doch die Flammen schießen so hoch aus dem Dachstuhl, dass sie von der Straße aus 100 Metern Entfernung zu sehen sind.
Nachbarin Beate Kramer (53, Name geändert) wohnt 250 Meter vom brennenden Haus entfernt, sie wird gegen zwei Uhr von den Feuerwehrsirenen geweckt. Kurz darauf stehen schon die Feuerwehrleute vor ihrer Tür: „Sie mussten bei mir vor dem Haus an den Hydranten. Ich habe den Jungs dann auch Kaffee gemacht, es dauerte ja Tage, bis das Feuer ganz gelöscht war.“ Weil das leer stehende Unglückshaus etwas erhöht liegt, gibt es vor Ort keinen Hydranten.
Bürgermeister Alois Reinarz (52) wird in der Märznacht vom Notfallpieper aus dem Schlaf gerissen. Er eilt aus dem drei Kilometer entfernten Leudersdorf her, leitet den Feuerwehreinsatz: „Als wir an der Römerstraße eintrafen, stand das Haus schon lichterloh in Flammen. Wir mussten das Feuer schnell in den Griff kriegen, nicht zuletzt wegen des Waldes.“ Alle Feuerwehren aus der Umgebung müssen anrücken, um den Flammen Einhalt zu gebieten.
Auch Witwe Maria Schäfer fährt aus Wuppertal zu ihrem Haus, will sich den Schaden ansehen. Sie findet nur noch eine ausgebrannte Ruine vor. Warum das Haus den Flammen zum Opfer fiel, ist bis heute nicht vollständig geklärt. Eines steht laut Bürgermeister Reinarz aber fest: „Es war eindeutig Brandstiftung, man hat Brandbeschleuniger gefunden.“ Doch die Täter findet man nie.
Anwohnerin Beate Kramer glaubt zu wissen, wer für das Feuer verantwortlich ist: „In den Wochen vor dem Brand habe ich immer wieder laute Beatmusik aus dem Haus gehört. Ich sagte meinem Mann und sogar der Polizei: »Da sind doch Leute!« Aber keiner hat mir geglaubt.“ Niemand kümmerte sich drum. Nach dem Feuer habe man auch Bierflaschen und Schlafsäcke im Horrorhaus gefunden. War das Haus zu einem Unterschlupf für ein paar feierwütige Jugendliche geworden? Es bleibt ein Rätsel.
Mit dem verheerenden Feuer im März 2003 war auch die Hoffnung der Schäfers auf einen Käufer zerstört worden. Doch dann tritt am 18. Februar 2004 der Kölner Kunstsammler Heinrich Schmitz (69; Namen geändert) auf den Plan.
Er kauft das Haus und macht sich schnell an die Arbeit. Der Restaurator und seine Frau Rosemarie (58) sind in der Eifel bekannt. Sie kaufen alte Häuser, er renoviert sie. Bis sie es weiterverkaufen, bleiben sie drin wohnen.
Anita Müller (74) arbeitete viel mit den beiden Kunstliebhabern zusammen. Die Gärtnerin erinnert sich: „Das waren so nette Menschen, und wie er diese alten Häuser wieder auf Vordermann gebracht hat, das war toll.“
Das Ehepaar stellt außerdem eigene und restaurierte Bilder in ihrem Atelier am Kölner Neumarkt aus. Hedwig Gebauer (70) war eine enge Freundin. Sie weiß von einigen finanziellen Sorgen. Gegen Ende des Jahres 2006 wird Heinrich Schmitz trotz seines Engagements in Köln mit dem Wiederaufbau des Eifel-Hauses fertig. Sie ziehen ein. Kurz darauf besucht seine Frau Rosemarie die Gärtnerei von Anita Müller: „Sie war begeistert von ihrem neuen Heim. Es sei so still und so abseits.“ Dann sagt Rosemarie Schmitz etwas, das im Nachhinein gruseln lässt: „Das wird unser letztes Haus!“
Zwei Jahre nach dieser Begegnung macht Heinrich Schmitz neben Geldproblemen auch ein schweres Krebsleiden zu schaffen. Doch wie sehr ihn die Krankheit wirklich belastet, lässt er niemanden erahnen.
Dann der Februar 2009. Im Rheinland wird wieder Karneval gefeiert. Hedwig Gebauer hat seit Tagen nichts von ihren Freunden gehört. Sie spricht ihnen auf den Anrufbeantworter, doch der erwartete Rückruf kommt nicht. Die Gebauers sind besorgt, „also fährt mein Mann morgens mit unserer Tochter Sandra (36) zum Haus der Wegners.“ Die Gebauers wohnen in Niederehe, nur vier Kilometer vom Haus in Nollenbach entfernt. Gegen zehn Uhr treffen die beiden dort ein.
Dachdecker Gerd Gebauer klingelt an der Tür, nichts regt sich. Er geht ums Haus, sieht seinen Freund Heinrich auf der Couch im Wohnzimmer sitzen. Schmitz sieht aus, als würde er schlafen. Doch sein Freund ahnt, dass etwas nicht stimmt. Gerd Gebauer ruft die Polizei.
Die Beamten finden einen gespenstischen Tatort vor. Zwei Leichen und ein toter Hund liegen im Haus, als wären sie nur eingeschlafen. Die Ermittlungen zeichnen ein klares Bild: Heinrich Schmitz schießt erst seiner Frau Rosemarie im Ehebett aus nächster Nähe in den Kopf, dann richtet er den 22er Revolver Marke Taurus gegen den Dalmatiner. Schließlich setzt er sich auf die Couch, drückt ein drittes Mal ab.
„Ich habe nie verstanden, warum er das getan hat, er muss sehr gelitten haben“, sucht Anita Müller nach Erklärungen. Hedwig Gebauer glaubt, dass selbst ihre Freundin Annemarie nicht gewusst habe, wie es im Innern ihres Mannes ausgesehen haben muss. Und sie sagt: „Dieses Haus, mit all den Tragödien.“
Sonja Zietlow hat das Haus im August 2009 gekauft. Und direkt vermietet. An Gesa K.(34). Und das brachte das unscheinbare Eifelhaus in die Schlagzeilen. Denn Gesa K., die als anerkannte Tierschützerin galt, ließ das Haus und 69 Hunde, so Zietlow, völlig verwahrlosen. Der Müll türmte sich in den Zimmern, alles war vergammelt, als die Mieterin dann verschwand. Das Haus muss für etwa 100.000 Euro renoviert werden. Trotzdem will der RTL-Star es behalten: „Es ist einfach wunderschön.“
Aber: Ihr wunderschönes Haus im Eifelwald hat eine düstere Vergangenheit. Was Zietlow nicht wusste, als sie das Anwesen erwarb. Brandstiftung, Selbstmord, zwei tödliche Unfälle, ein erweiterter Suizid.
EXPRESS ging auf Spurensuche und fand die Familien der Opfer. Sie enthüllen die Geheimnisse des Horrorhauses im Eifelwald.