„Liebe ohne Leiden“ wünschte er seiner Tochter Jenny im Duett. „Sterben ohne Leiden“ gehörte zu seinen größten Wünschen zum 80. Geburtstag.

Und das Schicksal meinte es gut mit ihm. Der Sekundentod holte Udo Jürgens von der großen Bühne des Lebens. Das einzige, das Familie, Freunde und Fans jetzt trösten mag: Der große Entertainer starb als glücklicher Mensch, denn er durfte in den letzten Jahren erfahren, was wahre Liebe ausmacht.

Seit Jahren war Udo Jürgens mit Michaela Moritz (43) liiert – heimlich. Wer ist die geheimnisvolle Fremde, die zu seiner zur Seelenverwandten wurde?

Nein, die kleine, etwas untersetzte Frau mit dem burschikosen Kurzhaarschnitt passt eigentlich so gar nicht ins Beuteschema des einstigen Lebemannes, der früher Frauen eher daran maß, wie lang ihre Beine und ihre blonden Mähnen waren.

Michaela ist anders. Sie schrieb ihm schon als elfjährige ellenlange Briefe, die ihn sehr berührten. Er traf das Kind und deren Eltern immer wieder.

Erkor sich Jahre später den Edelfan als Biografin für seine Lebensgeschichte, obwohl der Verlag teure, illustre Ghostwriter vorgeschlagen hatte. Aber nur die intelligente, warmherzige Germanistin aus Kärnten durfte tief in sein Herz schauen.

„Ich habe mich durch Michaelas weibliche Sicht besser erkannt. Sie sagte mir Dinge, die ich nicht gerne hörte", schwärmte Udo Jürgens in einem Interview.

„Diese sechs Jahre gemeinsame Arbeit waren die längste und steinigste Reise zu mir selbst.“ Und sie scheint eine Seite in ihm zum Klingen gebracht zu haben, die gänzlich neu für ihn war.

„Früher habe ich Sex oft mit Liebe verwechselt“, gestand Udo Jürgens in einem seiner letzten Interviews. Jetzt, im Alter, sei er erst zu tiefen Gefühlen fähig.

Udo Jürgens, der ewig Getriebene, der lange Zeit seines Lebens mit Dämonen wie Alkohol, Alpträumen und chronischer Schlaflosigkeit zu kämpfen hatte, ruhte plötzlich in sich.

Nicht die Karriere, sondern die Familie, die Freunde standen plötzlich an erster Stelle. Gaben ihm Kraft, auch mit 80 Jahren auf große Tournee zu gehen. An Michaelas Seite fühlte er sich wohl.

Und doch ließ er diese Beziehung im Stillen gedeihen, denn seine beiden Ehen haben ihn gelehrt, „dass Beziehungen schnell in der Öffentlichkeit zerbrechen“.

So fehlte die Lebenspartnerin auch bei der großen TV-Gala zu seinem 80 Geburtstag, trat offiziell nur als Biografin auf und änderte sogar ihren Nachnamen von Stadlbauer in Moritz, denn sie scheute die Öffentlichkeit. Das akzeptierte er.

Michaela war Ruhepol, nicht Groupie. Sie kannte seine Ängste. Wusste, wie sehr ihrem Freund vor einem langsamen Tod graute.

„Es gibt ja tausend Arten zu sterben. Ich kann nur hoffen, dass das Schicksal mit mir gnädig ist und sich das Leiden in Grenzen hält“, sinnierte der Entertainer, dessen Eltern ebenfalls im 80. Lebensjahr starben. Jürgens liebte lange Spaziergänge in Gottlieben.

In der Stunde seines Todes war allerdings jemand anderes, einer seiner engsten Vertrauten, an seiner Seite: Billy Todzo (63), Percussionist in seiner Band, Assistent, Fahrer, Freund.

Er eilte nach dem plötzlichen Zusammenbruch des Sängers noch ins Gemeindezentrum – dort hängt in der Schweiz üblicherweise ein Defibrillator– und versuchte Udo Jürgens wiederzubeleben.

Vergeblich! Dann rief Todzo den Notarzt und Michaela Moritz. Sie saßen gemeinsam auf der Intensivstation am Bett des großen Künstlers, nahmen Abschied. Er soll ganz friedlich ausgesehen haben, als würde er schlafen, heißt es aus dem Umfeld.