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50 JAHRE EXPRESSEx-Zoo-Chef Nogge über die Affen-Attacke von 1985

Zoodirektor Gunther Nogge schwebte nach dem Angriff in Lebensgefahr. Wegen seiner schweren Verletzungen musste er mehrere Wochen in der Klinik bleiben.

Zoodirektor Gunther Nogge schwebte nach dem Angriff in Lebensgefahr. Wegen seiner schweren Verletzungen musste er mehrere Wochen in der Klinik bleiben.

Köln – Es war der 10. Oktober 1985 – dieser Tag hat sich in das Gedächtnis der Kölner eingebrannt. Ein Mann wäre fast ums Leben gekommen, zwei Affen wurden erschossen, und eine Legende geboren – die Legende von Petermann.

Sein Opfer war der damalige Zoodirektor Prof. Dr. Gunther Nogge. Zum 50. EXPRESS-Geburtstag erinnert er sich…

von PROF. GUNTHER NOGGE

Der erste Schimpanse im Zoo nach dem Kriege hieß Petermann. Er war die Sensation, das Symbol und der Hoffnungsträger für den Wiederaufstieg des Zoos aus den Trümmern – und er wurde rasch zum Publikumsliebling und zu einer stadtbekannten Tierpersönlichkeit.

Nun hat ein Schimpanse, der ohne Kontakt zu Artgenossen aufwächst, keine Gelegenheit, seine arteigenen Verhaltensweisen zu erlernen. Stattdessen guckt er dem Menschen vieles ab, äfft ihn nach und sieht sich schließlich sogar selbst als Menschen an.

Der enge Kontakt zwischen Mensch und Schimpanse muss aber spätestens abgebrochen werden, wenn Letzterer geschlechtsreif wird, denn erwachsene Schimpansen haben zwar kürzere Beine als wir, sind uns aber kräftemäßig haushoch überlegen.

Menschenaffen erkennen Menschen, mit denen sie öfter zu tun haben, und ordnen sie in ihre Gruppen- und Rangordnung ein. Als Zoodirektor rangiert man dabei weit oben.

Morgens wechselte ich mit den Tierpflegern ein paar Worte. Oftmals stand ich mit einer Besuchergruppe vor der Scheibe, und alles hörte auf meine Worte. Gerade das hat Petermann immer sehr aufgebracht – und er hat mir durch sein Imponiergehabe gezeigt, wer der wirkliche Herr im Hause ist.

Petermann greift an

Am 10. Oktober 1985 erhielt er unverhofft Gelegenheit, mir meinen vermeintlichen Rang streitig zu machen, als nämlich ein junger Tierpfleger vergaß, die Türe zu seinem Käfig ordnungsgemäß zu verschließen.

Ich kam rein zufällig des Weges und sah mich plötzlich Petermann und seinem Weibe Susi gegenüber. Ich versuchte noch, in die Futterküche des Affenhauses zu flüchten, aber Schimpansen sind nicht nur kräftiger als Menschen, sondern auch schneller.

Wahrscheinlich wunderten sich die beiden, dass ich mich nicht nach Schimpansenart wehren konnte, sondern sofort hilflos zu Boden ging. Sie meinten wahrscheinlich, ich gäbe auf diese Weise meine Unterlegenheit zu.

Jedenfalls war für Petermann und Susi die Sache damit erledigt. Sie ließen von mir ab und ließen sich sogar von einem herbeigeeilten, langjährigen Betreuer, der als Freund, Kumpan, jedenfalls als Gleichrangiger angesehen wurde, an die Hand nehmen und abführen. Als sie jedoch merkten, dass es zurück in ihren Käfig ging, rissen sie sich wieder los.

Die Besucher wunderten sich über die (von meinem) Blut verschmierten Tiere, die an ihnen vorbeitobten, waren sich der Gefahr, die von ihnen ausging aber gar nicht bewusst. Angesichts dieser Gefahr und aufgrund der Schwere des Unfalls wollte man kein Risiko für die Besucher eingehen und entschloss sich schweren Herzens, die beiden auf der Flucht zu erschießen.

Die Legende entsteht

Petermann aber lebte und lebt in der Erinnerung der Kölner weiter. Noch jahrelang fand man Graffitis wie: „Petermann lebt“ oder „Petermann, geh Du voran!“ Petermann – Fans gründeten eine Fußballmannschaft, die sie „Stadtgarten Petermann“ nannten.

Es erschienen Bücher, Romane und Comics, das Fernsehen brachte schließlich eine Dokumentation über sein Leben. Der Film ging zum einen dem Phänomen nach, wie ein Tier im Zoo zur stadtbekannten Tierpersönlichkeit werden kann und Jahre über seinen Tod hinaus noch im Bewusstsein der Bevölkerung verwurzelt bleibt.

Außerdem versuchte er am Beispiel Petermanns aufzuzeigen, wie grundlegend sich die Haltungsbedingungen von Menschenaffen im Zoo im Laufe von nur zwei Jahrzehnten entsprechend der neuesten Erkenntnisse über ihre Lebensweise in der Natur verändert haben.

Heute werden nirgendwo mehr Schimpansen als Einzeltiere oder zu zweit gehalten, sondern in Gruppen wie in der Natur, und sie sollen die Menschen nicht zu deren Gaudi nachäffen, sondern ihre artspezifischen Verhaltensweisen ausleben.

Die Besucher sollen sich nicht über sie lustig machen, sondern die Gemeinsamkeiten mit ihnen und die Unterschiede zu ihnen kennen- und respektieren lernen.

Auch das eine Lehre aus dem Angriff am 10. Oktober 1985…