50 Jahre EXPRESSTrude Herr: Niemals geht sie so ganz

Wuchtiger Wonneproppen: Trude Herr in den 1950er Jahren.

Wuchtiger Wonneproppen: Trude Herr in den 1950er Jahren.

Köln – Wir sehen ein großes Mädchen mit Zöpfen, das beschützend den Arm auf die Schulter der kleinen, schmächtigen Schwester legt. Die heißt Trude Herr und schaut 1932 ganz brav in die Kamera. Später wird aus ihr die „pfundige“ Trude, die große Komödiantin. Am 27. Februar 1986 schloss sich zum letzten Mal der Vorhang - auf der Bühne. Sie starb am 16. März 1991, aber sie ging niemals so ganz...

Agy Hartfeld (93), die Schwester, erinnert sich: „Trude war eine Frühgeburt und eine schwere Geburt. Sie war anfällig für Krankheiten. Wir haben immer dafür gesorgt, dass sie genug zu essen hatte.“ Aus dem schmalen Kind wurde eine kräftige junge Dame. Als Trude Herr 1946 als Statistin bei einer Aachener Wanderbühne anheuerte, hieß sie schon „der Pummel“.

Die Lust auf richtig gutes Essen hielt ihr ganzes Leben lang an. Schwester Agy: „Wenn Trude nach der Vorstellung von der Bühne kam, machte sie sich noch ein Vier-Gänge-Menü. Sie war eine erstklassige Köchin.“

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Am 27. Februar 1986 gab es aber kein Essen, sondern dicke Tränen: Trude Herr spielte die letzte Vorstellung der Komödie „Im zweiten Frühling“. Auch dieses Stück hatte sie selbst geschrieben und gönnte sich dabei erstmals eine Liebesszene auf der Bühne.

Trotz 97-prozentiger Auslastung – das Theater im Severinsviertel war damit das bestbesuchte in ganz Nordrhein-Westfalen – gab es massive Finanzprobleme. Die Fixkosten für den Unterhalt und die 21 Mitarbeiter fraßen die Einnahmen aus dem Ticketverkauf fast völlig auf.

Typischer Trude-Herr-Kommentar über die damalige Situation: „Ruhm hatten wir immer genug, nur kein Geld.“ Denn im Gegensatz zu Oper und Schauspielhaus bekam das Privattheater in der Severinstraße keine Subventionen.

Außerdem sei sie jetzt 59 Jahre alt, sagte Trude damals, da wolle sie mal was Neues machen. Und dieses Neue wurde zu einem ihrer größten Erfolge. Denn die Volksschauspielerin stellte im Tonstudio auch ihre Qualitäten als Sängerin unter Beweis: Auf dem Album „Ich sage, was ich meine“ coverte Trude Herr internationale Hits. So wurde aus dem Stones-Kracher „Beast of Burden“ in kölscher Version „Die Hipp vum Nümaat“.

Und da gab es noch ein Song-Juwel, das bis heute (siehe unten) Bestand hat: „Niemals geht man so ganz“. Der Kölner Jürgen Fritz hat dafür die Musik komponiert.

Doch schon während der Aufnahmen im Studio plagten Trude Herr gesundheitliche Beschwerden: Sechs schwere Operationen am Hals und an den Beinen musste sie über sich ergehen lassen.

Im Juli 1987 ließ sich die kölsche Komödiantin auf den Fidschi-Inseln nahe der Hauptstadt Suva nieder.

Vier Jahre später kehrte sie mit ihrem Lebenspartner Samuel Bawesi, den sie auf den Fidschis kennengelernt hatte, kurz nach Köln zurück. Im Februar 1991 zog sie nach Lauris, einem Dorf bei Aix-en-Provence in Südfrankreich. Nur einen Monat später starb Trude Herr an Herzversagen. Sie ruht auf dem Kölner Nordfriedhof.

Stimme und Gestik: Trude lebt in Nichte Gigi fort

Die Spuren Trude Herrs sind in Köln seh- und hörbar. Ihr Lied „Niemals geht man so ganz“ entwickelte sich - so makaber das klingen mag - zu einem regelrechten Beerdigungs-Hit. Der Song, den sie 1987 mit Tommy Engel und Wolfgang Niedecken im Studio einsang, wird heute immer noch und immer wieder gewünscht.

Wenig schmeichelhaft ist die Geschichte um das Trude-Herr-Denkmal auf dem Gelände des Bürgerhauses Stollwerck: 2002 wurde es zwar aufgestellt, aber es fehlte die Gravur und eine schützende Glasur. Die Folge war, dass das Kunstwerk verrottete und immer unansehnlicher wurde.

Erst 2012 gelang es dem Trude-Herr-Fanclub mit Chefin Hilde Schmitz an der Spitze, das nötige Geld für eine Restaurierung aufzutreiben. Bei der „Wiedereinweihung“ war auch Gigi Herr (71), Trudes Nichte dabei.

In ihr lebt das Erbe der großen Komödiantin fort, auch wenn das Verhältnis zwischen beiden nie das beste war. Es sind weniger die Äußerlichkeiten, die verblüffen, sondern Gigis Art zu sprechen und sich zu bewegen, wenn sie zum Beispiel in Wally Bockmeyers „Scala“ auftritt: Da ist die Herkunft sicher nicht zu verleugnen.