Tierschutz-RankingSupermärkte und Discounter im Vergleich – Schlusslicht überrascht

Legehennen

Käfighaltung bei Legehennen wurde bei der Prüfung der Tierschutz-Maßnahmen von der „Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt” negativ bewertet.

von Julia Bauer (jba)

Berlin – Welcher Supermarkt oder Discounter hat die höchsten Tierschutz-Standards?

Die „Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt”, die sich gegen Massentierhaltung und für eine vegane Lebensweise einsetzt, gibt darauf jetzt eine Antwort. Zum ersten Mal hat die Stiftung die Tierschutzstandards im Lebensmitteleinzelhandel ausführlich bewertet. Die Ergebnisse wurden nun in einem Ranking offengelegt.

Tierschutz-Maßnahmen: Aldi und Lidl schneiden gut ab

Eine gute Nachricht vorweg: Die Auswertung zeigt eine „insgesamt leicht positive Tendenz” gegenüber einem von der Stiftung aufgestellten Vergleich der Tierschutzstandards aus dem Jahr 2017.

Alles zum Thema Lidl

Tegut belegt mit gut 51 Prozent der möglichen Punkte den ersten Platz, mit großem Abstand gefolgt von Aldi, Lidl und Kaufland. „Wir stellen eine klare Tendenz zu mehr und besseren Tierschutz-Maßnahmen fest, es gibt insgesamt aber noch viel Luft nach oben“, fasst Mahi Klosterhalfen, Präsident der Stiftung, zusammen.

Tierschutz-Ranking: Unternehmen wurden in 14 Themenbereichen bewertet

Für das Ranking untersuchte die Stiftung die Tierschutz-Richtlinien von elf großen deutschen Lebensmitteleinzelhändlern. Die Unternehmen konnten in insgesamt 14 Themenbereichen Punkte sammeln. Einen Schwerpunkt bildeten dabei zwölf Tiergruppen und damit verbundene Problemfelder wie etwa „Kastenstände“ und „Anbindehaltung“.

Auch übergeordnete Themen wie die Verbesserung der „Haltungsform“-Kennzeichnung des Einzelhandels wurden berücksichtigt. „Dass in den letzten Jahren viele Händler Tierschutz-Richtlinien veröffentlicht haben, ist erfreulich“, sagt Klosterhalfen. 

Für Tegut hat Tierschutz lange Tradition

Gleichzeitig gibt es Kritik: Es mangele „meist an konkreten Plänen, die tierquälerischsten Praktiken in der Nutztierhaltung zu beenden”. Klosterhalfen weiter: „Durch ihre enorme Einkaufsmacht können die Unternehmen maßgeblich beeinflussen, wie Tierschutzstandards in der Breite gestaltet werden.“ 

Beim erstplatzierten Händler Tegut hat der Tierschutz laut Christian Leuthner, Bereichsleiter Einkauf Fleisch, Wurst, Fisch und Molkereiprodukte, eine lange Tradition: „Der erste Platz im Tierschutz-Ranking bestätigt unseren Weg, auf dem wir dank unserer Landwirte und Kunden bereits viel erreicht haben. Es gibt noch mehr zu tun, um den Tierschutz zu stärken – diese Herausforderung nehmen wir gerne an.“

Tierschutz-Ranking der „Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt”

Tegut

Bei Tegut falle positiv auf, dass das Unternehmen Standards für viele landwirtschaftlich genutzte Tiere erarbeitet und sich nicht – wie andere Einzelhändler das tun – nur auf einige wenige Tierarten beschränkt.

Auch für die präzise Formulierung der Richtlinie gab es Pluspunkte. Mit den erreichten gut 51 Prozent gebe es laut der  Stiftung aber noch viel Raum für Verbesserungen, insbesondere bei der Ausweitung der vorhandenen Maßnahmen auf umfassendere Geltungsbereiche.

Aldi (Nord und Süd)

Den knappen Vorsprung auf Lidl und Kaufland verdankt der Discounter (Mann greift im Discounter mit Pfefferspray an, zweiter wirft mit Nudeln – hier lesen Sie mehr) unter anderem einer relativ soliden Negativliste (z. B. konsequenter Verzicht auf Hummer und Kaninchen). Erfreulich sei zudem das Bekenntnis für Tierschutzstandards in der Aquakultur und die Aufnahme des Tierschutzkonzepts „Five Provisions and Welfare Aims“.

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Nachholbedarf gibt es laut der „Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt” etwa beim internationalen Ausstieg aus der Käfighaltung bei Legehennen und bei der Auslistung von Fleisch der „Haltungsform“-Stufe 1.

Lidl

Lidl beabsichtigt eine Auslistung von Produkten der „Haltungsform“-Stufe 1 und engagiert sich für Tierschutzstandards in der Aquakultur – dafür gab es Pluspunkte.

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Verbesserungspotenzial gibt es unter anderem beim weltweiten Verzicht auf Käfigeier sowie in der Positionierung gegen Kastenstände bei Zuchtsauen.

Kaufland

Kaufland ist es trotz einiger positiver Entwicklungen nicht gelungen, sich im engen Rennen um die Top-Plätze durchzusetzen. Erfreulich nennt die Stiftung das Engagement im Bereich Aquakultur und die globale Käfigfrei-Policy, die ab 2025 auch für verarbeitete Produkte gilt. Von den besten fünf Unternehmen ist Kaufland das einzige, das die „Five Provisions and Welfare Aims“ noch nicht als aktuelles Tierschutz-Konzept aufgenommen hat.

Rewe Group

Die Rewe Group landet mit weniger als 20 Prozent der möglichen Gesamtpunktzahl auf Platz 5. Zumindest habe das Unternehmen laut der Stiftung eine umfassende Tierschutz-Policy vorgelegt. Positiv wurden bei Rewe auch das Engagement im Initiativkreis für Tierschutzstandards in der Aquakultur und die Aufnahme der „Five Provisions and Welfare Aims“ gewertet.

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Rewe führe zwar viele Pilotprojekte durch, aufgrund des geringen Geltungsbereichs gebe es laut „Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt” aber viel Ausbaupotenzial bei der Ausweitung der Maßnahmen aufs Gesamtsortiment der Eigenmarken.

Real

Der Stiftung zufolge hat sich Real als eines von wenigen Unternehmen den Ausbau und die Verbesserung des veganen Angebots auf die Fahnen geschrieben, wofür es Pluspunkte gab. Umfassende Maßnahmen zur Verbesserung von Haltungsbedingungen fehlen in der Richtlinie allerdings bisher.

Edeka

Edeka veröffentlicht mit Hinweis auf ihre genossenschaftliche Organisation und die Unabhängigkeit ihrer Händler lediglich einen Bruchteil ihrer internen und nicht allgemeingültigen Tierschutzrichtlinien.

Damit hat es das Unternehmen nur auf den siebten Platz geschafft. In den veröffentlichten Richtlinien punktet Edeka mit dem Engagement für bessere Aquakultur-Standards und einem Verzicht auf Käfigeier auch in verarbeiteten Eigenmarken-Produkten.

Norma

Auch Norma basiert seine Tierschutz-Einkaufsrichtlinien auf den „Five Provisions and Welfare Aims“. Das Unternehmen positioniert sich klar zugunsten von Ebermast und Immunokastration. Es formuliert zudem erste Ziele und Maßnahmen für einige weitere Tiere und Themen. Insgesamt sei Norma aber noch viel zu zurückhaltend bei der Umsetzung, so die „Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt”.

Netto Marken-Discount

Netto hat bisher noch keine in sich geschlossenen Tierschutz-Richtlinien, sondern veröffentlicht einzelne Punkte auf seiner Webseite. Mit den wenigen abgedeckten Themen, wie zum Beispiel dem nur unvollständigen Verzicht auf Käfigeier, landete das Unternehmen im Tierschutz-Ranking auf dem 9. Platz.

Bela

Auch bei Bela macht es sich bemerkbar, dass bisher keine umfassenden Einkaufsrichtlinien veröffentlicht wurden. Alle Bereiche hätten massiven Ausbaubedarf, resümiert die Stiftung. 

Globus

Wie auch die übrigen Schlusslichter des Rankings hat Globus keine umfassenden Richtlinien für tierische Produkte veröffentlicht. Sein unvollständiges Käfigfrei-Commitment für Deutschland hat dem Unternehmen nur einige wenige Punkte im Tierschutz-Ranking der „Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt” eingebracht. 

„Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt” kündigt regelmäßiges Tierschutz-Ranking an

Mehr und ausführlichere Informationen zu den Ergebnissen des Rankings und zur Datenerhebung finden Sie auf der Website der „Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt”

Die „Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt” wirkt auf wichtige Akteure aus Wirtschaft, Gesellschaft und Politik ein, um Tierschutzstandards zu erhöhen, den Verbrauch von Tierprodukten zu reduzieren und das pflanzliche Lebensmittelangebot zu verbessern. 

Die Stiftung kündigte an, das Tierschutz-Ranking regelmäßig zu wiederholen und die Maßnahmen der Unternehmen dadurch kontinuierlich zu überprüfen. (jba)