Wie retten wir die Welt?Chemiker zieht bei „Hart aber fair” drastischen Vergleich

Hart aber fair am 17.02.2020

Bei „Hart aber fair” ging es am Montagabend (17.02.2020) um das Thema „Welt im Klimawandel: Wie viel können wir selbst tun?“

von Julia Bauer (jba)

Köln – Am Montagabend wurde hitzig diskutiert bei „Hart aber fair”. Es ging um die Frage „Welt im Klimawandel: Wie viel können wir selbst tun?“.

Können wir die Welt überhaupt (noch) retten?

Ein Gast hatte eine klare Meinung und wühlte mit einem provokanten Vergleich die Diskussionsrunde mächtig auf. 

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„Hart aber fair” am 17. Februar 2020: „Welt im Klimawandel”

Mitdiskutiert haben am Montag Moderatorin Janine Steeger, Boris Palmer (Oberbürgermeister Tübingen, Grüne), Marie-Luise Wolff (Präsidentin Bundesverband Energie- und Wasserwirtschaft), Klimaforscher Mojib Latif, Alexander Graf Lambsdorff (FDP) und Chemie-Professor Michael Braungart. 

Michael Braungart von der Uni Lüneburg, der zunächst im Publikum saß, ist der Meinung, dass der Verzicht eines jeden Bürgers eigentlich gar nichts bringe. Das wäre so „als würde man sein Kind nur zwei Mal schlagen anstatt fünf Mal“. Für viele wohl ein ungewöhnlicher Vergleich. 

Boris Palmer: Einzelne können nicht die Welt retten

Boris Palmer schloss sich zu Beginn der Sendung prinzipiell der Meinung an. „Einzelne sollen durch Verzicht die Welt retten – das funktioniert nicht!“, so der Politiker. Janine Steeger hat dennoch ihr Leben komplett umgekrempelt. Ihren Job gekündigt, Auto verbannt, Ernährung umgestellt. 

Andere missionieren wolle die Journalistin aber nicht. „Ich habe nie Freunde oder Bekannte angesprochen und gesagt 'Jetzt überleg doch mal, ob du an der Stelle auch was anders machen kannst'.”

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Braungart zufolge würde das auch gar nichts bringen. „Unter Experten ist er ein Held, als Erfinder des sogenannten „cradle to cradle”-Prinzips”, kündigte Moderator Frank Plasberg den Professor in der Sendung am Montagabend an. Übersetzt ins Deutsche nennt sich das von Braungart entwickelte Prinzip „von der Wiege bis zur Wiege”.

Professor Michael Braungart: Verzicht schützt die Umwelt nicht

Bedeutet: Produkte sollen auch nützlich sein, nicht nur weniger schädlich. Sie müssen so hergestellt werden, dass alle Materialien endlos weiterverarbeitet werden können. 

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So entstehe ein geschlossenes Kreislaufsystem. Müll oder Abfall gebe es dann nicht mehr. Das Prinzip hat der Chemiker bereits vor über 30 Jahren entwickelt. Das „Time Magazine” hat den Forscher dafür zum „Hero of the Planet” (dt.: Helden des Planeten) gekürt. Und die Erasmus-Universität in Rotterdam hat eigens für Braungart einen „cradle to cradle”-Lehrstuhl geschaffen.

Braungart: Der Mensch ist nur klimaneutral, wenn er nicht existiert

Braungart sagt: „Die Leute meinen, sie schützen die Umwelt, wenn sie weniger zerstören.” Greta etwa hätte das Klima nicht geschützt, nur weil sie mit dem Zug fährt. „Sie hat nur weniger zerstört”, betont Braungart. Verzicht sei kein Schutz der Natur oder des Klimas, sondern lediglich weniger Zerstörung. Klimaneutral seien wir nach Ansicht des Professors nur, wenn wir nicht existieren.

„Wollen wir wirklich dümmer als die Bäume sein? Ein Baum ist nicht klimaneutral. Er ist gut fürs Klima.” Unrecht hat Braungart damit nicht.

Hier können Sie „Hart aber fair” vom 17. Februar in der ARD-Mediathek nachschauen.

Chemiker Michael Braungart setzt auf biologisch abbaubare Produkte

„Alle anderen Tiere sind doch auch nützlich, wir sind die einzigen, die Abfall machen”, stellt der Forscher weiter fest. Laut Braungart brauchen wir etwa Plastik, das nützlich ist und nicht schädlich. Mitgebracht hat der Wissenschaftler einen „perfekt biologisch abbaubaren, kompostierbaren” Sneaker-Schuh. Das Material, das der Schuh durch Abrieb hinterlasse, könne ohne Bedenken in biologische Kreisläufe zurückgehen.

Mit Braungarts „cradle to cradle”-Prinzip wurden bisher 11.000 Produkte hergestellt. Wenn sich alles so schnell bis bisher weiterentwickle, werde vor 2050 alles „cradle to cradle” sein, da ist der Forscher überzeugt. (jba)