Wo sie liegen, was sie bewirken134 Funde seit 2009: Kölns großer Bomben-Atlas
Köln – Als ob der Krieg nie enden würde: Fast regelmäßig schrecken Meldungen über Bombenfunde die Kölner Bevölkerung auf.
Bombe in Köln: Evakuierung bedeutet Stress und Organisation
Für die Menschen, die rund um die Fundstellen leben oder arbeiten, bedeuten die anschließenden Maßnahmen zur Entschärfung Stress und manchmal auch schlaflose Nächte. EXPRESS dokumentiert erstmals in Zahlen und Fundorten die Kölner Blindgänger-Statistik der vergangenen zehn Jahre (seit 2009).
Die Auswertung beruht auf Angaben des Ordnungsamtes der Stadt Köln, der für Kampfmittelbeseitigung zuständigen Bezirksregierung Düsseldorf und dem Dumont-Archiv.
Hier lesen: Schon wieder Bombe in Köln gefunden – dieses Mal in Westhoven
Bomben in Köln: Viele Funde gab es in Köln-Porz
Das Ergebnis: Es gab 134 Blindgängerfunde (Weltkriegsbomben zwischen einem und 20 Zentnern) in 37 Stadtteilen. Die meisten in Porz, Deutz, Poll, der Innenstadt, Lindenthal, Kalk, Klettenberg, Sülz, Ehrenfeld und Bilderstöckchen.
Niemand weiß oder kann seriös schätzen, wieviele Bomben noch unter der Erde liegen, Tausende, Zehntausende – es ist reine Spekulation. Aber es erscheint wahrscheinlich, dass es auch 100 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges zu solchen Funden kommen wird. Das wäre dann 2045.
Im laufenden Jahr gab es bereits 22 Bombenfunde in Köln (in Longerich zwei auf einen Schlag), von Evakuierungsmaßnahmen waren über 50.000 Menschen betroffen. In den vergangenen zehn Jahren war das Jahr 2015 das Jahr mit den meisten Bombenfunden (22).
Bomben in Köln: Keine Unglücke in den letzten zehn Jahren
Zu schweren Unglücken kam es in diesem Zeitraum nicht. 2009 explodierte allerdings eine 125-Kilo-Bombe in einer Recyclinganlage in Zollstock. Sie war mit Bauschutt angeliefert worden. Sie explodierte, als sie von der Presse zermalmt wurde. Verletzt wurde niemand. Durch die Druckwelle wurde aber die Führerkabine des Baggers beschädigt.
Bomben reißen die Menschen immer wieder aus dem Alltag. Mal beenden die nötigen Maßnahmen eine wichtige Chemieklausur in der Uni, mal einen Kongress, sie stoppen Operationen in der Klinik oder „sprengen“ eine große Weihnachtsfeier wie 2013 im Hyatt-Hotel.
Bombe in Köln: Henriette Reker legte sich zum Schlafen ins Auto
Die heutige Oberbürgermeisterin Henriette Reker traf es in ihrer Zeit als Umwelt- und Sozialdezernentin. Wie 2000 andere Bürger musste sie nach dem Fund einer Bombe (Hier lesen: 5-Zentner-Bombe in Köln: Stadtteil Zollstock betroffen) im September 2012 ihre damalige Wohnung in Lindenthal abends verlassen. Sie legte sich zum Schlafen in ihr Auto. Kurz vor Mitternacht wurde sie geweckt: Sie durfte wieder nach Hause.
Die umfangreichste Evakuierung erlebte Köln im Sommer 2010. Wegen der Entschärfung einer am Rheinufer entdeckten 20-Zentner-Bombe (2.000 Kilo). Im Feierabendverkehr wurde die Mülheimer Brücke gesperrt, der Rheinverkehr eingestellt, die Riehler Heimstätten wurden ebenso geräumt wie das Axa-Hochhaus und die Riehler Jugendherberge, auch der Zoo wurde geschlossen.
Bomben in Köln: Die größten sind 1.000 Kilo schwer
20-Zentner-Bomben sind die schwersten unter den Blindgängern. Die Vielzahl der britschen und US-amerikanischen Bomben sind fünf oder zehn Zentner schwer.
Die Auswertung erfolgt durch die Bezirksregierung Düsseldorf. Sie verfügt über Luftbilder der allierten Streitkräfte, die während des Zweiten Weltkrieges aufgenommen wurden. Diese werden mit aktuellen Luftbildern und verfügbaren Geodaten abgeglichen. Verdachtsflächen werden dann vor Ort untersucht. Im Regierungsbezirk Köln wurden 2018 insgesamt 4000 Luftbildauswertungen vorgenommen, die zu 1079 Überprüfungen vor Ort führten – dabei wurden 43 Bomben gefunden.