Trotz CoronaKein gutes Vorbild: IHK Köln plant Feier mit Jens Spahn und 250 Gästen

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Jens Spahn soll am Neujahrsempfang der Kölner IHK teilnehmen.  Unser Foto zeigt den Bundesgesundheitsminister auf einer Pressekonferenz im Oktober 2020.

von Jan Wördenweber (jan)

Köln – Der Neujahrsempfang der Industrie- und Handelskammer zu Köln hat eine lange Tradition. Eine Einladung ist nicht nur deshalb begehrt. Wer dabei ist, hat in Köln in der Regel auch was zu sagen. Und so soll es trotz Corona auch bleiben: IHK-Präsidentin Nicole Grünewald hält an dem Termin 7. Januar vorerst fest, wie der „Kölner Stadt-Anzeiger" berichtet. Keine gute Idee, findet unser Autor. Ein Kommentar.

Restaurants sind seit dem 2. November geschlossen, ebenso jede noch so kleine Kneipe, Fitness-Studios und andere Freizeiteinrichtungen. Kurzum: Überall dort, wo sich mehrere Menschen auf engem Raum für längere Zeit begegnen könnten.

IHK Köln: Neujahrsempfang mit Jens Spahn im Januar

Da mutet es in diesen Tagen befremdlich an, wenn die IHK zum festlichen Neujahrsempfang lädt und im Börsensaal ein Drei-Gänge-Menü auffahren lassen will. Ausgerechnet Jens Spahn ist als Festredner vorgesehen. Der Gesundheitsminister, der beinahe tagtäglich dazu aufruft, zu Hause zu bleiben, Kontakte zu beschränken und besonnen zu bleiben ...

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Gewiss, man sei sich der Situation bewusst, heißt es bei der Kammer. Daher sei die Zahl der Gäste von ehemals 600 auf 250 reduziert worden. Die am 7. Januar dann geltenden Hygienevorschriften werde man einhalten können.

IHK-Neujahrsempfang in Köln: Optimismus verbreiten

Auch stellt die IHK-Präsidentin klar, dass die Veranstaltung unter Vorbehalt steht. Heißt: Absagen könne man ja immer noch.

Wäre aber nicht spätestens jetzt der richtige Zeitpunkt? Tradition hin oder her, aber hätte nicht ausnahmsweise ein Sommer-Empfang seinen Reiz? Eine Verschiebung in eine Zeit, die im Kampf gegen das Virus mit Optimismus genährt werden kann?

Stattdessen will die IHK ausgerechnet mit dem Januar-Termin Zuversicht gegenüber ihren Mitgliedern vermitteln. Das ist löblich – aber trotzdem falsch.

Unabhängig von dem Hoffen, dass Köln in gut sechs Wochen kein Risikogebiet mehr ist, sendet die IHK mit ihrer Haltung ein bedenkliches Zeichen. Aus einem einfachen Grund: Das Festhalten an diesem Abend mit 250 Gästen ist für jede Familie, die in den kommenden Wochen eine Hochzeit oder einen runden Geburtstag gerne gefeiert hätte, höchst irritierend – um es diplomatisch zu formulieren.

Bei vielen Kölner Bürgern, die nicht in Besitz von Smoking und Co. sind, wird das nämlich so verstanden: Die Elite fühlt sich selbst in der Pandemie privilegiert.

Genau das ist gefährlich für den Zusammenhalt in der Gesellschaft, der ohnehin immer mehr bröckelt. Zumal uns das Virus bislang eines gelehrt hat: Es macht keinen Unterschied zwischen Promi und Normalo.

Update der Redaktion: In der ersten Version des Kommentars wählte EXPRESS eine Überschrift, die den Eindruck erweckt haben könnte, die Feier habe bereits stattgefunden. Das ist nicht der Fall, sie soll am 7. Januar stattfinden. Die Überschrift haben wir deswegen geändert.