„Unwürdig für Köln“Trauungs-Stopp: Kölner Wirte laufen Sturm gegen die Stadt

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Auch FC-Idol Dirk Lottner und seine Sarah heirateten 2011 in der Severinstorburg.

von Markus Krücken (krue)

Köln – Das Reizthema Heiraten in der Corona-Krise. Unter den Gastronomen der Stadt sorgt ein Termin-Stopp für Empörung: Denn ab dem 5. Juni werden derzeit keine Termine mehr für Ambiente-Trauungen vergeben, bis die Stadt eine Regelung zur Abgeltung der freiwillig geleisteten Überstunden der Standesbeamten gefunden hat.

  • Keine Trauungen ab Juni mehr in Kölner Eventlocations erlaubt
  • Wolkenburg-Chef nimmt im EXPRESS Stellung
  • IG Kölner Gastro setzt Protest-Posting ab, Grüne stellen Antrag

Bedeutet: Keine Partys mehr am schönsten Tag im Leben in besonderen Locations. Nur noch im Rathaus. Bereits vor Weihnachten wurden die Wirte hierüber informiert.

Die Reaktionen folgen nun. Am Freitagmorgen (22. Januar) setzte die IG Kölner Gastro ein Protest-Posting in den sozialen Netzwerken ab.

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IG Kölner Gastro: Das ist Köln unwürdig

Darin heißt es: „Was gerade passiert, ist einer Großstadt wie Köln nicht nur absolut unwürdig, es ist auch unfassbar herzlos. Sie verbieten allen Ernstes ALLEN Trauorten in Köln (außer dem Rathaus) in Zukunft an den Wochenenden Hochzeiten anzubieten? Wir sind fassungslos ob einer solchen Regelung, die Hunderten von Gastronomen/Innen und Brautpaaren diese eh schon schweren Tage massivst versauen dürfte“.

Terminstopp in Köln: Das sagt der Wolkenburg-Chef

EXPRESS erreichte einen direkt Betroffenen und konfrontierte ihn mit dem Dilemma.

Dr. Rudolf von Borries ist Betreiber der Eventlocation Wolkenburg, neben der Severinstorburg die wohl angesagteste Location für Trauungen am Wochenende.

Er ist konsterniert: „Wir sind mit der Severinstorburg die Location, wo die meisten Trauungen stattfinden. Die Problematik liegt darin, dass wir Corona-bedingt zu hatten. Die Nachfragen, die nun lebhaft für den Frühsommer kommen, konzentrieren sich allesamt aufs Heiraten. Wenn uns auch das noch genommen wird, dann ist das kontraproduktiv und substanziell.“

1000 Anfragen für Business-Events im Jahr habe er vor Corona gehabt, nun liege die Zahl bei 50. Ohne das Geschäft mit den Trauungen weiß Dr. von Borries derzeit nicht weiter.

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Wegen der Corona-Pandemie ist die Anzahl der Hochzeiten in Köln deutlich zurückgegangen.

Der Event-Profi: „Alle reden von Solidarität und Rücksicht. Aber der Termin-Stopp ist für mich völlig unverständlich. Im Prinzip ist das Geschäft dann K.o.. Die Leute, die auswärts heiraten, bezahlen ohnehin an die Stadt mehr Geld. Die Leute zahlen halt mehr dafür, dass der Standesbeamte woanders hinkommt. Es kann nur an rechtlichen Formalitäten liegen, vor denen sie kapitulieren.

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Die Kölner Wolkenburg ist für Brautpaare sehr beliebt.

In jedem Betrieb findet das mit den Überstunden eine Regelung, nur bei der Stadt Köln geht das nicht. Und wir müssen darunter leiden.“

Trauungs-Stopp: Grünen-Politikerin mit Vorstoß

Das Thema polarisiert und schlägt hohe Wellen. Die Bezirksvertretung Innenstadt traf am Donnerstagabend deshalb einen Dringlichkeitsbeschluss dazu.

Antje Kosubek von den Grünen zum EXPRESS: „Wir können ja nur für Innenstadt beschließen. Schokoladenmuseum, Flora sind ja auch ambiente Trauorte. Wir haben damit einen Appell an die Stadt beschlossen, schnell alle Voraussetzungen zu schaffen, damit es wieder geht. Die Stadt soll schnell alle Voraussetzungen schaffen, damit die "Trauorte in einem besonderen Ambiente“ im Bereich der Innenstadt (und in ganz Köln) weiter bestehen können.“

Die Lokapolitikerin findet: „Eine Eheschließung in den 'Trauorten in einem besonderen Ambiente' ist ein herausragendes Erlebnis für Kölnerinnen und Kölner. Die Nachfragen an die Stadt für dieses historische Ereignis werden immer mehr, was die Bedeutung unterstreicht.“

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Lukas Podolski, Antje Kosubek (Grüne), Bezirksbürgermeister Andreas Hupke bei einem PR-Termin

Ob der Appell aber gehört und das zu Konsequenzen führt? Die Kölner Gastronomen hängen sonst am Fliegenfänger. Mal wieder.

Cornelia Jülich-Rademacher von der Severinstorburg hatte bis Mittwoch gehofft, dass ein kleines Wunder geschehen möge. Doch im Video-Call mit dem Standesamt erfuhr die Inhaberin der Hochzeitslocation dann vom Terminstopp und ist perplex.

Sie sagt dem EXPRESS: „Mir fehlen die Worte. Paare weinen am Telefon, ich muss jetzt 60 Paare informieren. Es ist eine Tragödie. Die Severinstorburg halten viele schon für ein Standesamt. Der Wegfall ist wirtschaftlich eine Katastrophe.“

Kölner Verwaltungschaos: Severinstorburg-Chefin fix und alle

Rademacher weiter: „Ich bin nicht die Stadt Köln und weiß nicht, wie die Juristen da noch eine Lösung finden können. Es ist schade für eine Millionenstadt, dass den Menschen so eine Möglichkeit genommen wird. Ich frage mich, wie das woanders aussieht.

Was ich weiß, ist, dass das Standesamt versucht, Wege zu finden. Die müssen sich in der Verwaltung mal zusammensetzen, ob man eine Übergangslösung findet. Ein halbes Jahr vor der Eheschließung den Leuten zu sagen: 'Ihr könnt nicht heiraten', das geht nicht. Das ist doch kein Autokauf. Das ist ein Akt der Liebe.“

So begründet das Standesamt den Terminstopp

EXPRESS liegt eine Stellungnahme des Standesamts vor, welche die Brautpaare erhalten haben. Darin heißt es, dass das Rechnungsprüfungsamt der Verwaltung aufgetragen habe, sämtliche Reglungen, die im Zusammenhang mit Überstunden und Samstagsdiensten der städtischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stehen, auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen. Hiervon sei auch der Samstagstraudienst des Standesamtes betroffen.

Das Ergebnis der rechtlichen Prüfung habe ergeben, dass die bisher geübte Praxis, Samstagsdienste auf freiwilliger Basis gegen finanzielle Vergütung zu leisten, nicht länger zur Anwendung kommen kann.

Köln: Standesamt arbeitet an neuem Modell für die Trauungen

Weiter heißt es: „Die Verwaltung arbeitet deshalb intensiv an einem neuen Modell, das zur Umsetzung jedoch die Zustimmung der Personalvertretung erfordert. Bis zur abschließenden Umsetzung wird noch einige Zeit beansprucht.“

Bevor das Verfahren nicht abgeschlossen ist, könne das Standesamt keine Termine zur Eheschließung an Ambiente-Trauorten zusagen, bestätigte eine Stadtsprecherin am Freitag, 22. Januar, den Sachverhalt gegenüber EXPRESS. Einen neuen Stand werde es voraussichtlich nicht in Kürze geben.