7 FälleTatort Hauptbahnhof: Unterwegs mit der Kölner Bundespolizei

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Die Bundespolizisten befragen den Radfahrer, der im Zug von einem Mann mit einem Messer bedroht worden ist. 

Köln – Sie jagen Verbrecher, holen Lebensmüde von den Bahngleisen und sorgen für Recht und Ordnung in Kölns Bahnhöfen – die Beamtinnen und Beamten der Bundespolizei.

Sonntag-EXPRESS hat Oberkommissar Andreas K. (48) und seinen Kollegen Kommissar Michael W. (25) eine Schicht lang bei ihrem spannenden Job im Hauptbahnhof begleitet und sofort gemerkt, dass die beiden immer alle Hände voll zu tun haben. Gleich der erste Einsatz hat es in sich. 

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EXPRESS-Mitarbeiter Laura Wenzel und Carsten Rust (Mitte) begleiteten die Beamten bei ihrer Schicht.

Der erste Fall

Kaum haben die beiden Polizisten ihren Dienst angetreten, kommt per Funk um 14.19 Uhr bereits der erste Einsatz: „Ein Reisender in der S-Bahn ist von einem anderen Mann mit einem Messer bedroht worden. Die kommen gleich auf Gleis 10 an“, lautet der Funkspruch.

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Das Opfer hat mit dem Handy ein Foto des Tatverdächtigen gemacht.

Als der Zug einfährt und sich die Türen öffnen, strömen die Menschen aus der Bahn. Mehrere Zeugen kommen auf die acht wartenden Bundespolizisten zu und reden aufgeregt und wild durcheinander. Diesen Trubel nutzt der Tatverdächtige, um vorerst unerkannt in der Menge unterzutauchen.

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Der Kölner Hauptbahnhof verfügt über zahlreiche Überwachungskameras, auf die die Bundespolizisten jederzeit von der Wache aus zugreifen können. 

Ihm gelingt die Flucht – vorerst. Denn sein Opfer (31) hat von dem Messerschwinger zuvor noch ein Foto mit dem Handy gemacht, welches er den Bundespolizisten zeigt. Sofort geht die Fahndung raus.

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Anhand dieses Videobildes konnte der Tatverdächtige ermittelt werden. 

Während die Beamten die Anzeige aufnehmen und weitere den Nahbereich absuchen, wertet ein Kollege in der Hauptbahnhofwache die gestochen scharfen Bilder der Überwachungskameras aus.

Er entdeckt den Verdächtigen und stellt fest, dass der auf dem Bahnsteig einen Hundeführer der DB-Sicherheit grüßt. Er will ihm erst noch die Hand geben, zieht aber in letzter Sekunde zurück und geht weiter in Richtung Abgang. Kaum ist er aus dem Bahnhof raus, sprintet er davon. Das zeigen die Bilder einer weiteren Kamera im Außenbereich. 

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Zwischen den Einsätzen trafen sich die Beamten der Woche im Hauptbahnhof in ihrem Aufenthaltsraum und etwas Wasser zu trinken und sich auszutauschen. 

„Wir haben daraufhin den Hundeführer befragt. Der konnte uns sagen, dass er den Verdächtigen vom Sehen her kennt und dieser hier im Bahnhof tätig ist“, erklärt Andreas K. gegenüber EXPRESS. Mit diesen Informationen gelingt es den Ermittlern den entscheidenden Hinweis auf die Identität des Messer-Mannes zu erlangen.

„Er wird sich nun wegen Bedrohung und wegen Verstoß gegen das Waffengesetz verantworten müssen. Zur Beweissicherung haben wir auch das Überwachungsvideo aus der Bahn angefordert. Zum Glück wurde bei diesem Einsatz niemand verletzt“, ergänzt Michael W.

Der zweite Fall

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Plötzlich kam Hektik auf. Im Laufschritt ging es für alle verfügbaren Beamten raus zum Tatort auf dem Breslauer Platz.

Auf dem Weg zur Wache kommt der nächste Einsatz. Ein Passant hat um 14.53 Uhr einen versuchten Raubüberfall am Breslauer Platz gemeldet. Kollegen der Landespolizei sind bereits auf der Anfahrt, um zu unterstützen. Zwei Jugendliche sollen einen Mann (32) zu Boden geschupst und versucht haben seine Umhängetasche zu entreißen.

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Die Zusammenarbeit mit den Kollegen der Landespolizei funktioniert meist reibungslos.

„Als wir den Tatort erreichten, war niemand mehr da. Weder Täter noch Opfer. Erst später erstattete ein 32-Jähriger Anzeige auf der Wache“, erklärt Andreas K.

Der dritte Fall

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Auch die Obdachlosen rund um den Bahnhof zählen zur Stammklientel der Beamten.

Wenn die Obdachlosen am Hauptbahnhof rumpöbeln, ihren Müll auf den Gehwegen verteilen oder öffentlich Drogen und Alkohol konsumieren, greifen Andreas K. und sein Kollege Michael W. ein. Meistens bitten sie ihre Pappenheimer einfach mal den Standort zu wechseln und ihren Müll zu entsorgen. Das klappt auch in der Regel.

Der vierte Fall

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Die Beamten untersuchten das Paket aus der JVA. 

Es ist 16.32 Uhr, als ein herrenloses Päckchen am oberen Ende einer  Rolltreppe an Gleis 1 für Furore sorgt. Mehrere Reisende sind bereits fast darüber gestolpert. Die Bundespolizei wird gerufen. Glücklicherweise hat das Paket an einer Seite ein Loch.

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Der Adressaufkleber brachte den ersten wichtigen Hinweis auf den Besitzer des Kartons.

„So konnten wir sehen, dass sich im Inneren überwiegend Kleidungsstücke befanden – kein Sprengsatz. Also zogen wir es auf die Seite und öffneten es vorsichtig mit einem Messer“, beschreibt Andreas K. sein Vorgehen. Und er hat sofort eine Vermutung: Das Paket kommt laut Adressaufkleber aus der JVA Köln.

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Wenig später entdeckten sie auch den Besitzer im Wartebereich.

„Da ist wohl jemand entlassen worden, hat darauf vermutlich schon ordentlich angestoßen und hat es hier nun vergessen.“

Der Beamte liegt mit seiner Einschätzung goldrichtig. Mitarbeiter der DB-Sicherheit bringen das Fundstück ins Fundbüro und Andreas K.s Kollegen in der Wache werten die Aufnahmen der Überwachungskameras aus.

So kommen die Beamten dem Ex-Häftling auf die Schliche, der leicht angeschwippst im Wartebereich von Gleis 1 sitzt und von dem ganzen Trubel noch gar nichts mitbekommen hat. Michael W. und seine Kollegen fordern den Ex-Insassen auf, das Paket abzuholen und die Weiterreise anzutreten.

Der fünfte Fall

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Der Bahnschaffner übergab die junge Dame der Bundespolizei.

Um 18.38 Uhr werden Andreas K. und Michael W. wieder auf einen der Bahnsteige gerufen. Eine Frau (23) hat sich bei einer Fahrkartenkontrolle als Betrügerin entpuppt. Um Geld zu sparen, reist die Inderin mit dem Semesterticket einer Freundin durch Deutschland. 

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Andreas K. erklärte der Frau auf der Wache, was sie falsch gemacht hatte und übergab ihr einen Anhörungsbogen in englischer Sprache.  

Da sich so ein Ticket aber nicht auf andere Personen übertragen lässt, muss die „Studentin“ mit auf die Wache – Anzeige folgt!  

Der sechste Fall

Der nächste Notruf kommt um 20.02 Uhr aus dem einen Fast-Food-Restaurants im Bahnhof. Ein junger Kölner ist aufgebracht und verzweifelt. Sein Handy ist weg. „Ich wollte am Tresen gerade etwas zu Essen bestellen. Ich habe noch gemerkt, dass da jemand hinter mir in der Schlange ziemlich dicht an mich herankommt. Aber von dem Diebstahl habe ich dennoch erst nichts mitbekommen. Und als ich merkte, dass mein Handy weg ist, war der Dieb oder die Diebin schon längst verschwunden“, sagt der Bestohlene den eintreffenden Beamten. Sie bitten ihn eine Anzeige auf der Wache aufzugeben.

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Diesem 18-jährigen Kölner wurde in einem Fast-Food-Restaurant sein Handy geklaut.

Der siebte Fall

Kurz vor Feierabend kommt um 21.40 Uhr noch ein Fahndungsersuchen rein. In einem  Zug auf dem Weg nach Köln soll sich ein gesuchter 17-Jähriger mit auffälliger Frisur befinden.

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Ist er der gesuchte Gewalttäter mit dem Messer? Nein, es handelte sich um einen anderen jungen Mann mit ähnlicher Frisur.

Der bereits hinreichend wegen gefährlicher Körperverletzung und Einbrüchen Polizeibekannte soll aus einer Jugendeinrichtung abgehauen sein.

„Als der Zug eintraf haben wir einen jungen Mann festgehalten, auf den die Beschreibung als Einziger passte. Er hatte einen Zopf und die Haare an den Seiten abrasiert. War aber der Falsche“, so Michael W.

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22.13 Uhr: Verdienter Feierabend für Andreas K. und Michael W.. Die Kollegen der Nachtschicht haben übernommen und sorgen bis in den frühen Morgen weiter für Sicherheit und Ordnung im Kölner Hauptbahnhof.

Nach diesem letzten Einsatz in dieser Schicht hieß es auch für die beiden Bundespolizisten: Feierabend! Und ein normaler und durchschnittlicher Dienst ging für die beiden Beamten zu Ende.

Sie wurden von den Kollegen der Nachtschicht abgelöst.

Die wichtigsten Zahlen

  • 50 Einsätze haben die Kölner Bundespolizisten durchschnittlich pro Tag.
  • 845 Schienenkilometer und 192 Bahnhöfe und Haltepunkte hat die Bundespolizeiinspektion Köln im Blick.
  • 67 mal leisteten im Jahr 2017 Personen Widerstand gegen  Kölner Bundespolizisten. 
  • 110 Bahnhöfe und 82 Haltepunkte hat die Bundespolizeiinspektion Köln immer im Blick.
  • 5 Reviere hat die Bundespolizeiinspektion Köln: Revier Köln, Revier Bonn, Revier Siegburg, Revier Siegen, Revier Villa Hammerschmidt
  • rund 280.000 Menschen durchlaufen pro Tag den Hauptbahnhof.
  • 54 tödliche Bahnunfälle oder Suizide mussten die Beamten im vergangenen Jahr bearbeiten.

(exfo)