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Hotel statt Gaffel-BrauereiAm Eigelstein b(r)aut sich was zusammen

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Seit 1908 war Gaffel am Eigelstein. Jetzt wurden die Räume zu klein, die Straße war für die Brummis zu eng.

von Chris Merting (mert)

Köln – Paukenschlag am Eigelstein! Gaffel zieht weg, nachfast 715 Jahren schäumt im Haus Nr. 41 kein Bier mehr.

Dafür braut sich eine irre Mischung zusammen: Im Dunstkreis von Hauptbahnhof, Kriminalität und sündiger Kaschemmen eröffnet Schlossherr und Gourmetkönig Thomas H. Althoff (53) ein Design-Hotel.

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Thomas H. Althoff kaufte das 2000 qm große Gaffel-Grundstück.  Sein Hotel ist dann Tür an Tür mit Kiez-Lokalen wie dem „Eigel-Treff“. 

Sein Konzept, um Kölns ältestes Veedel aufzuwerten, heißt „Urban Loft Accommodations“ (dt. „städtische Speicher-Unterkunft“).

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Das plant Althoff in fünf deutschen Metropolen – mit Premiere in Köln.

Große Lobby, Smartphone-Zugang zu schicken, luftigen Zimmern (rund 90 Euro pro Nacht), dazu ein lockeres Snackangebot an der Bar und ein Wellness-Bereich. 

In drei Jahren, so schreibt ein Branchendienst, könnten die ersten Gäste einchecken.

Zielgruppe sind Geschäftsleute und jüngere Touristen oder Familien, die mal die ganz besondere Atmosphäre von Kölns Kult-Kiez schnuppern wollen.

„Es wird die ganze Straße aufwerten“

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Optimistisch: Murat Kara (44) von der IG  „Eigelstein & friends“ hofft auf viele positive Effekte durch den Hotel-Neubau.

„Ich finde das neue Hotel super“, meint Murat Kara (44) von der IG „Eigelstein & friends“: „Es wird die ganze Straße aufwerten.“ Seit 19 Jahren ist der Geschäftsinhaber vor Ort, betont den immer besseren Mix aus Geschäften und Restaurants . 

Der für ihn positivste Effekt: „Probleme im Veedel, etwa die vielen Drogenabhängigen und Kriminellen, werden bei der Politik besser Gehör finden, wenn sie eine Hotelkette formuliert. Und nicht ein kleiner Ladenbesitzer.“

Der Eigelstein verändert sein Gesicht. Mit der Promi-Herberge Savoy und dem Business-Hotel Marriott wird das Areal und sein Publikum noch ein Stück moderner, schicker, internationaler.

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Optimistisch: Michele Avigliano (42) und Sabine Zoch (39) betreiben mit viel derbem Humor seit einem Jahr ihre „Fressbud“.

Das, so meinen viele, wird auch Zeit.

Denn der Mythos der alten Torburg, an der schon einst Napoleon feierte, scheint mächtig angekratzt: „Ich lebe jetzt seit 28 Jahren hier und finde: es wurde immer schlimmer“, meint Gerd Brenner (69) und nippt im „Weinhaus Vogel“ an seinem Kölsch.

„Immer mehr Kriminelle sind auf der Straße, immer weniger Anwohner trauen sich abends raus. Meine Nachbarin wollte kurz den Müll rausbringen und öffnete die Haustür, schon standen Diebe im Hausflur.“ 

Zwischen dubiosen Gestalten flanieren Familien

Eine Kellnerin berichtet, dass sie vor wenigen Tagen nachts an der Plankgasse verprügelt wurde. „Dann klaute mir der Typ mein Handy. Das war das Brutalste, was ich je erlebt habe.“

Die B(r)austelle Eigelstein: Zwischen dubiosen Gestalten flanieren Familien über die Einkaufsmeile, sündige Lokale wie der „Eigel-Treff“ halten sich standhaft, neben Döner-Imbissen wabert Spießbratenduft aus „De Fressbud“.

„Wir lieben hier die Lück“, sagt Inhaber Michele Avigliano (42). „Es wird immer besser.“

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Skeptisch: Gerd Brenner (69)  im „Weinhaus Vogel“ 

Erst einmal wird der Gaffel-Abriss und ein Bebauungsplan vorbereitet.

„Es freut uns, dass wir als Familienunternehmen diesen Standort an ein anderes Kölner Familienunternehmen weiterreichen können“, hieß es aus der Gaffel-Geschäftsführung.

Über den Kaufpreis herrscht Stillschweigen.

Politik will über Hotel-Pläne verhandeln

Eigelstein im Wandel“, so lautet auch eine SPD-Veranstaltungsreihe.

Dr. Regina Börschel, SPD-Fraktionschefin in der Bezirksvertretung Innenstadt, sagt: „Dort haben wir in der Bevölkerung die Tendenz wahrgenommen, dass sie sich eher Wohnungen für das Gaffel-Areal wünscht. Auch die SPD ist immer noch dafür.“

Aber der SPD käme es darauf an, eine gute städtebauliche Lösung zu bekommen, von der das gesamte Viertel profitieren könne.

Börschel: „Wenn uns ein überzeugendes Hotel-Konzept vorgestellt wird, sind wir gesprächsbereit.“

Der grüne Bezirksbürgermeister Andreas Hupke hält es für bedauerlich, dass ein reiner Hotel-Komplex geplant werde. Natürlich könne ein Hotel ein Gewinn fürs Veedel sein.

Hupke: „Auch wenn der Einfluss von Politik und Stadt auf private Grundstückseigentümer begrenzt ist, hoffe ich, dass in Verhandlungen erreicht werden kann, dass neben dem Hotel auch neue Wohnungen gebaut werden können.“

Ein guter Mix sei dort wichtig.

Ralf Uerlich, CDU-Fraktionschef im Bezirksparlament, sagt: „Auch wir hatten uns bislang für einen Wohnungsbau stark gemacht, weil daran ein Mangel besteht.“

Jetzt müsse sich die Politik mit den neuen Hotel-Plänen intensiv auseinandersetzen.

Wichtig sei, dass der Baukomplex – ob für Hotel oder Wohnungen – ins Stadtbild passe. Die CDU setze sich seit Jahren für eine Aufwertung des Veedels ein.

Der betroffene Abschnitt zum Bahnhof sei von der Erscheinung bisweilen ein unsäglicher Ort, so Uerlich: „Immerhin passiert jetzt etwas.“