Sein Leben in KölnAngelo Kelly ganz offen: „Das mit der Bravo war sicher ein Fehler“

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Angelo Kelly erzählt im großen EXPRESS-Interview über Erfolg und Schattenseiten der Karriere.

Köln – Aus dem Kind mit dem lockigen Goldhaar, das mit glockenheller Stimme „An Angel“ sang, ist ein fünffacher Vater geworden: Angelo Kelly (37), in den 1990er Jahren jüngster Spross der unfassbar erfolgreichen Kelly Family. Nachdem seine Karriere so manches Tal durchquerte, ist er seit einigen Jahren wieder erfolgreich im Business. An seine Zeit in der Domstadt hat Angelo Kelly ganz spezielle Erinnerungen, wie er im Köln-Gespräch erzählt.

Am 21. Juni spielt er mit seiner Familie und einer Band im Eltzhof ein Open-Air-Konzert. Motto: „Irish Summer“.

EXPRESS: Angelo, Sie geben mit Ihrer Familie wie einst die Kelly-Family Konzerte. Welches Publikum kommt zu Ihnen?

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Angelo Kelly: Das ist nicht gerade das coolste Publikum, sondern das sind ganz normale Leute. Zu uns kommen eher Familien und nicht irgendwelche Hipster. Einige Besucher kennen uns sicher von früher, aber es kommen auch neue Leute. Ich möchte noch etwas ergänzen. Darf ich?

Aber bitte, gerne.

Bei den Konzerten und auf der Tournee sind noch andere Musiker dabei, die gehören zu den Besten ihres Faches. Das ist keine Touri-Kacke, sorry, wenn ich das so drastisch sage.

Sie sind und waren in ganz Europa musikalisch unterwegs. Was bedeutet für Sie Heimat?

Ich lebe mit meiner Frau und den fünf Kindern wieder in Irland. Und zwar „mitten im Nirgendwo“. Da gibt es weit und breit keine Stadt. Gregor Meyle, der ein guter Freund ist, hat gesagt: „Angelo wohnt am Arsch der Welt, aber das ist ein schöner Arsch“. Ein anderer Kollege sagte nach einem Besuch bei uns zu Hause: „Wenn du denkst, du bist am Ende der Welt, dann noch eine Stunde weiter, und du bist bei Angelo.“

Als die Kelly Family in Köln lebte, wollte der damalige Regierungspräsident Franz Josef Antwerpes Sie zum Schulbesuch zwingen, richtig?

Das ist eine Legende, die der Herr Antwerpes da in die Welt gesetzt hat. Wir haben nie einen Brief oder sonst wie eine Aufforderung bekommen. Das war für ihn nur eine PR-Kampagne, eigentlich hat es ihn gar nicht interessiert, ob ich in die Schule gehe oder nicht. Meine Kinder gehen übrigens auch nicht zu Schule. Wir machen „Homeschooling“, das ist in Irland möglich. Wir unterrichten sie also selbst.

Was ist eigentlich aus dem Hausboot geworden, auf dem die Kelly Family im Mülheimer Hafen gelebt hat?

Es steht heute im Technikmuseum in Speyer, direkt neben einem U-Boot. Es gehört uns nach wie vor. Man darf es auch nur von außen anschauen. (lacht) Irgendwann ziehe ich da ein und winke den Leuten draußen zu.

Sie waren noch ein Kind, als Sie mit Ihren Geschwistern nach Köln kamen. Was waren damals Ihre ersten Eindrücke?

Ich war fünf Jahre alt, als wir vor dem Kölner Dom gespielt haben. Und ich werde nie vergessen, wie ich hochgeschaut und gedacht habe: Oh mein Gott, der fällt gleich auf mich drauf.

Wie gingen Sie damals mit dem Starrummel um?

Irgendwann hatte unser Erfolg ein Helene-Fischer-Niveau erreicht. Unser Album „Over the Hump“ ist bis heute die meisterverkaufte Platte in Deutschland. Da hast du Leute, die dich lieben und welche, die dich hassen. Wir hatten damals keine Erfahrung mit den Medien und haben uns abgeschottet. Manchmal sind wir ins offene Messer gelaufen, deshalb haben wir jahrelang nur was mit der „Bravo“ gemacht. Das war sicher ein Fehler, weil wir uns dadurch auf die Teenies beschränkt haben.

Sie und Ihre Geschwister waren Tag und Nacht zusammen. Wie ist der Kontakt heute?

Ich habe mit jedem meiner Geschwister mal ein besseres und mal ein schlechteres Verhältnis. Das ist ganz normal. Als ich 2006 mein erstes Solo-Album „I’m ready“ rausbrachte, habe ich das meinem Bruder Jimmy vorgestellt. Ich hatte ihn nicht nach seiner Meinung gefragt, aber er hat sie mir gegeben. Er nannte tausende Sachen, die ihm offenbar nicht gefallen haben, und das hat mich richtig wütend gemacht. Ich bin da anders. Ich muss nicht zu allem meinen Senf dazugeben. Meine Schwester Maite zum Beispiel macht Schlager, das ist nicht unbedingt meine Musik. Aber sie tut es auf hohem Niveau und mit viel Engagement, das kann ich anerkennen.

Sie sind ein richtig guter Schlagzeuger geworden. Wie kam’s?

Ich habe mich schon früh fürs Trommeln interessiert, und dann bekam ich den besten Lehrer, den man sich vorstellen kann: Billy Cobham. Der hat für James Brown, Peter Gabriel oder John McLaughlin getrommelt. Er ist eine Ikone des Jazz und des Rock und mein musikalischer Vater. Wir haben bis heute Kontakt. Mein jüngster Sohn ist nach ihm benannt. Er war sehr gerührt, als ich ihm das erzählte.

Sie haben mit Til Schweiger einen Film gedreht...

Na ja, das war nur eine kleine Rolle in „Klassentreffen 1.0“. Das war eine tolle Erfahrung. Til ist unglaublich nett und korrekt und ein wirklich sehr guter Regisseur. Er hatte mich mitten in einer Show, in der wir auftraten, nach meiner Handynummer gefragt. Er rief am tags darauf an und fragte: „Nächsten Donnerstag, kannst du?“ Klar, konnte ich.

Sie tragen ein Kreuz am Hals, ist das mehr als ein Schmuck?

Privat spielt Religion eine Rolle (er nestelt am Kreuz), aber wir sind keine christliche Band. Wir möchten nicht predigen. Ich habe schon genug damit zu tun, christlich zu leben, ich muss nicht auch noch die Welt missionieren.