PulheimTier-Heldin (76) im Dauer-Stress – wegen tödlicher Gefahr, die alle ignorieren

133272092

Die 76-jährige Karin Oehl aus Pulheim betätigt sich seit Jahrzehnten als Tierschützerin.

von Thomas Werner (tw)

Pulheim – Kaum ein Tier wird in der Natur als so süß, unschuldig und schützenswert angesehen wie der Igel. Gerade im Sommer sind sie in den Gärten in und um Köln quasi allgegenwärtig. Doch viele Igel überleben den Sommer nicht – wegen einer tödlichen Gefahr, die die meisten Menschen ignorieren. Naturschützer schlagen Alarm.

Igel sterben im Garten – weil Mähroboter sie erwischen

Schnauze wegrasiert, Schädeldecke zertrümmert, Beine abgehäckselt. Immer wieder werden Igel in deutschen Gärten von Mährobotern mit scharfen, rotierenden Messern erwischt.

Für den Menschen bequem, ist die moderne Technik für das Stacheltier vielfach zur Todesfalle geworden. „Uns erreichen immer mehr solcher Meldungen“, sagt der Tierarzt Moritz Franz-Gerstein von der Deutschen Wildtier Stiftung in Hamburg. Er geht von Hunderten verletzter und getöteter Igel im Sommer aus – Tendenz zunehmend.

Auch zerfetzte Schlangen, Kröten oder Molche gehören laut Stiftung zu der traurigen Bilanz.

Pulheim: Karin Oehl (76) seit Jahrzehnten als Retterin aktiv

Karin Oehl (76) aus Pulheim gehört in dieser Tier-Krise zu den heimlichen Heldinnen. Um mehr als 400 verletzte Igel kümmert sich die Seniorin jedes Jahr – ehrenamtlich und schon seit Jahrzehnten. Allein in diesem Jahr seien ihr seit April mehr als 70 verletzte Tiere gebracht worden, berichtet die engagierte Tierschützerin.

Besonders gefährlich findet die Igelfreundin Rasentrimmer, deren rotierende, scharfe Drähte Rasenkanten rasieren. Selbst Grünflächenämter würden die Trimmer unter Hecken und Büschen einsetzen. „Kleine Igel werden regelrecht zerschnitten“, sagt die 76-Jährige. Manche Tiere seien so schwer verletzt, dass sie vom Tierarzt eingeschläfert werden müssten.

Pulheimer Tierschützerin wendet sich an Städte und Baumärkte

Igel mit Wunden, in die Fliegen ihre Eier ablegen, würden wie bei einer Blutvergiftung sterben. „Das geht selbst mir hartgesottener Person an die Nieren“, sagt Oehl. Sie habe sich schon an Baumärkte und den Städte- und Gemeindebund gewandt. Den Geräten sollte beim Kauf extra ein Warnhinweis beigelegt werden, fordert Oehl. Geändert habe sich bislang nichts.

Bei der Stiftung zeigt man sich besorgt, dass manche Gartenroboter das tierische Hindernis Igel offenbar nicht erkennen und stoppen. „Die Stellschraube ist die Sensorik“ meint Franz-Gerstein. „Die Geräte müssen besser werden.“

Igel sterben im Garten: Eine Alternative ist einfach gefunden 

Einen Lichtblick hat der Wildbiologe aber ausgemacht: Er kenne eine Hersteller-Firma, die mit Igel-Dummys ein Halte-Szenario teste. Eine Alternative sei: Rasen selbst mähen. „Dabei übersieht man einen Igel bestimmt nicht“, heißt es bei der Stiftung.

Hier lesen Sie mehr: Polizist stolpert in Kölner Waldstück über Baumwurzel – plötzlich löst sich ein Schuss

Ein Garten sollte auch so angelegt sein, dass er Rücksicht auf die wilden Nachbarn nimmt. Vom Roboter millimeterkurz gemähter Rasen und kahle Steinlandschaften seien das Aus für die Artenvielfalt. Schätzungen gehen von etwa 20 Millionen Privatgärten deutschlandweit aus. (tw, dpa)