Nach Bergisch Gladbach-MissbrauchWas passiert mit Ermittlern, die nicht mehr können?

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Wie ergeht es Kriminalbeamten, die bei Kindesmissbrauch-Fällen an ihre Grenzen gelangen? Das Symbolfoto wurde im November 2019 aufgenommen. Es zeigt einen Polizisten vor dem Haus eines Verdächtigen im Kindesmissbrauch-Komplex von Bergisch Gladbach.

von Madeline Jäger (mj)

Köln – „Wir wollen Kinder retten“, erklärt ein Sprecher der Polizei Köln vielsagend. Hinter diesem Leitsatz steckt jedoch emotional extrem belastende Ermittlungsarbeit, die auch bei erfahrenen Polizisten gesundheitliche Folgen nach sich ziehen kann.

Auch in Köln arbeiten Ermittler bei Kindermissbrauchsfällen immer wieder bis an die Schmerzgrenze und noch weit darüber hinaus. Dabei kommt es vor, dass Kriminalbeamte in diesem Bereich nicht mehr einsatzfähig sind.

Köln: Was passiert, wenn Beamte an ihre Grenzen stoßen?

Zu schrecklich sind die Bilder und Videos von hilflosen Kindern, die gerade auf schreckliche Art und Weise missbraucht werden.

Alles zum Thema Polizeimeldungen

Die Polizei Köln erklärt nun gegenüber EXPRESS, wie es Ermittlern geht, die sich ständig mit schwerem Kindesmissbrauch, wie dem aktuellen Kindesmissbrauchkomplex von Bergisch Gladbach auseinandersetzen müssen (hier mehr lesen).

Kindesmissbrauch: Ermittlungen spielen sich nicht „nur“ am PC ab

Wegen des Persönlichkeitsschutzes möchte die Polizei Köln keine konkreten Angaben dazu machen, wie viele Beamte in der Region aufgrund der Kindesmissbrauch-Ermittlungsarbeit dienst- oder sogar arbeitsunfähig geworden sind.

Die Beamten der „BAO-Berg“ sichten Kinderpornos und furchtbare Bilder, auf denen Kinder gequält und missbraucht werden. Eine belastende Aufgabe. Die Ermittlungsarbeit bei Kindesmissbrauch-Fällen spielt sich nicht immer nur am Schreibtisch ab, wie ein Polizeisprecher erklärt. Im Rahmen der Ermittlungen fahren Kriminalbeamte immer wieder auch raus, um weitere Beweise zu sammeln.

Sexueller Missbrauch von Kindern: 120 bis 140 Ermittler in ganz NRW

In Köln und im Kölner Umland arbeiten 120 bis 140 Kriminalbeamte der „BAO Berg“. Die Kriminalbeamten sind aktuell für die Ermittlungen bei Kindesmissbrauch in ganz NRW zuständig.

„Wir tun alles dafür, um die Ermittler bei ihrer Arbeit zu unterstützen. Wenn Schwierigkeiten entstehen, haben Auswerter jederzeit die Möglichkeit, die Hand zu heben und zu sagen, es geht für mich hier so nicht mehr weiter“, erklärt ein Sprecher der Polizei Köln.

Wer nicht mehr kann, muss sich melden und wird versetzt

„In einem solchen Fall müssen die Auswerter in dem Bereich nicht weiterarbeiten“, so der Sprecher weiter.

Es komme vor, dass bei Auswertern, die sich zum Beispiel Kinderpornografie-Material anschauen und bewerten, personell durchgewechselt werde. Jeder, der gesundheitliche Folgen spüre, könne sich ebenfalls melden.

Wenn Material zu hart wird: „Notbremse ziehen“

Bei Bedarf können sich überlastete Auswerter regelmäßig an Seelsorger und Psychologen wenden. Die Beamten haben außerdem die Möglichkeit, psychologische Betreuung direkt bei der Polizei in Anspruch zu nehmen.

„Es kommt vor, dass es Ermittlern mal zu hart wird, dann müssen sie die Notbremse ziehen. Das ist so“, erklärt der Kölner Polizeisprecher.

„Widmen uns tagtäglich mit viel Ehrgeiz dieser Aufgabe“

Wenn es Kriminalbeamten generell zu viel wird, können Ermittler um eine Versetzung in einen anderen Bereich bitten. Dies sei jedoch nicht die Regel.

„Der überwiegende Teil der gesamten Mannschaft geht mit einer hohen Motivation an die Ermittlungsarbeit heran und widmet sich tagtäglich mit viel Ehrgeiz dieser Aufgabe. Es kommt vereinzelt vor, dass Kollegen in diesem Bereich nicht mehr weiterarbeiten können“, bestätigt der Sprecher.

Ermittler in Kindesmissbrauch-Fällen melden sich freiwillig

Die Gründe für Kriminalbeamte, die den Kindesmissbrauch-Bereich verlassen wollen, seien immer sehr unterschiedlich. Es komme immer sehr darauf an, in welcher Verfassung der Polizist sei.

Auch persönliche Gründe könnten dabei eine Rolle spielen, dass ein Auswerter plötzlich nicht mehr weiterarbeiten könne. Die insgesamt hohe Motivation der Polizisten, komme wahrscheinlich auch durch die bewusste Entscheidung, dort arbeiten zu wollen, zustande.

Innerer Antrieb der Ermittler: „Sie wollen Kinder retten“

Denn ein Ermittler, der Kindesmissbrauch-Ermittlungen betreut, meldet sich freiwillig und lässt sich bewusst in diesen Bereich der Polizeiarbeit versetzen, erklärt der Polizeisprecher zur Intention der Polizisten.

„Die Kollegen machen das aus einem inneren Antrieb heraus, weil sie Kinder retten und aus den Fängen der Tatverdächtigen rausholen wollen“, so der Sprecher.

Bei den Ermittlungen achten Auswerter vor allem auf Dinge, die Nicht-Polizisten wahrscheinlich gar nicht auffallen würden. „Die Beamten sehen dann nicht nur die Missbrauchstat, sondern schauen sich den Hintergrund an und alle Details“, erklärt der Sprecher.

Auffällige Tattoos: Auswerter achten auf jedes Detail

Für die Kriminalbeamten würden seien dabei alle Merkmale, die auf eine bestimmte Umgebung oder Ortschaft hinweisen würden, relevant.

„Wichtig sind auch alle Details, die Rückschlüsse auf den Täter selbst möglich machen, zum Beispiel Tattoos oder andere auffällige Körpermerkmale.“ Das seien die Faktoren, auf die Auswerter intensiv achten und ihren Fokus legen würden.

Hier mehr lesen: Bergisch Gladbach: Polizei hat 30.000 Verdächtige im Visier

Die polizeiliche Ausbildung für Polizisten in allen Bereichen sei jedoch gleich. Meistens habe ein Auswerter oder ein Kriminalbeamter bei Kindesmissbrauch-Fällen jedoch viel Erfahrung und könne in der Regel auf langjährige Ermittlungsarbeit zurückblicken.