Mohrenstraße umbenennen?Kölner Familie Mohr mit klaren Ansagen

mohr, barbara

Barbara Mohr hat sich intensiv mit ihrem Namen auseinandergesetzt.

Köln – Krauses Haar, dicke Lippen und ein Ring im Ohr: Der „Mohr“ ziert in der oberfränkischen Stadt Coburg Gullydeckel, Fassaden und das Wappen. „Das Coburger Stadtwappen stellt einen verletzenden, rassistischen, kolonialistischen Stereotyp eines Schwarzen Menschen dar“, kritisieren die Unterzeichner  einer Petition zur Änderung des Wappens. In einer Gegenpetition wird widersprochen: „Mit dem Wappenbild des Coburger Mohren würdigt und ehrt die Stadt seit nunmehr etwa 800 Jahren ihren Stadtpatron St. Mauritius.“

Längst nicht nur in Coburg wird heftig über den „Mohren“ diskutiert. Aktivisten in Berlin fordern seit Jahren, die Mohrenstraße und den gleichnamigen U-Bahnhof umzubenennen. In Bonn gibt es Diskussionen um ein berühmtes Gebäude, das zum Ensemble Beethovenhaus gehört: Es trägt den Schriftzug „Zum Mohren“, daneben steht die Figur eines Dunkelhäutigen mit Lendenschurz.

Eine ähnliche Diskussion flammte auch in Köln auf. Denn auch hier gibt es eine Mohrenstraße, einen Straßenzug mitten in der City. Der SPD-Ortsverein der Kölner Südstadt möchte diese umbenennen.

Erste Auseinandersetzung mit Namen Mohr „eine Art Schock“

Worüber selbst Wissenschaftler streiten, stellt auch für Menschen, die „Mohr“ heißen, eine schwierige Frage dar: Hat der Name eine historisch neutrale Bedeutung? Oder ist der „Mohr“ eine Reduzierung auf ein diskriminierendes Klischee?

„Ich habe bereits vor einigen Jahren angefangen, mich mit meinem Namen zu beschäftigen“, sagt Barbara Mohr (39), die aus Köln kommt, inzwischen aber in Berlin lebt, gegenüber EXPRESS. „Das war schon eine Art Schock, muss ich zugeben. Denn davor hatte ich mir nie Gedanken darum gemacht.“

Erst im beruflichen Gespräch mit anderen Menschen sei ihr dann klar geworden, dass ihr Name als diskriminierend für andere Menschen verstanden werden könnte. In einem Gespräch über Rassismus sei die Rede auf ihren Namen Mohr gekommen.

Sie geht offen mit der Problematik um, sucht immer wieder das Gespräch und die Auseinandersetzung mit betroffenen Personen. „Ich habe oft die Erfahrung gemacht, dass sich die Menschen freuen, wenn ich mit ihnen darüber sprechen und sie merken, dass ich mir darüber Gedanken mache“, sagt Barbara Mohr.

Nachnamen umbenennen – komplizierter Vorgang

An ihrem privaten Namen hätte sich bislang allerdings noch niemand gestört. Derzeit sieht sie auch keinen Anlass, sich umbenennen zu lassen, auch weil das ein komplizierter Vorgang wäre.

Wie man mit dem Namen Mohr öffentlich umgehen sollte, das sei hingegen wieder eine andere Frage. „Ich bin eine entschiedene Befürworterin von Initiativen, die den Namen im öffentlichen Raum ändern wollen“, sagt sie. Bei Straßennamen oder Apotheken, die Mohr heißen, gehe es nicht mehr nur um einen Namen, sondern auch immer um eine Ehrung und eine öffentliche Stellungnahme.

So auch bei der Mohrenstraße in Köln. Barbara Mohr: „Sollte es hier um eine historische Verknüpfung mit dem heiligen Mauritius gehen, warum nennt man die Straße dann nicht einfach „Mauritiusstraße“? Ansonsten ist die Verwendung in diesem Kontext diskriminierend, ein Begriff, mit dem privilegierte weiße Menschen abfällig über schwarze Menschen reden.“

Mohr: Ein Name mit Geschichte – auch in Köln

Barbara Mohrs Vater, Michael Mohr (68), der in Köln wohnt, kommt zu einem anderen Schluss. Er hält eine Namensänderung der Mohrenstraße in Köln für historisch nicht angemessen. „Ich bin entschieden dafür, dass alle Anstrengungen unternommen werden, Rassismus zu bekämpfen und Menschen, die diskriminiert werden, zu schützen“, sagt er EXPRESS. „Allerdings glaube ich, dass eine die bloße Änderung eines Namens dazu keinen Beitrag leisten würde, zumindest nicht im Kampf gegen Diskriminierung.“

Gerade in Köln habe der Name Mohr eine Geschichte, die vermutlich auf den heiligen Gregor Maurus zurückgeht, und der sei nun wirklich nicht als Rassist bekannt, sondern selbst ein Mann schwarzer Hautfarbe, möglicherweise aus Mauretanien (daher der Name Maurus), der den Rheinländern das Christentum gebracht hat.

Die Afrikanistik-Professorin Marianne Bechhaus-Gerst stimmt Mohr zu. „Der Name soll an den Heiligen Gregorius Maurus und andere Soldaten der thebäischen Legion erinnern – unter anderem auch an St. Gereon – die afrikanischer Herkunft waren.“ Der Legende nach wurde Gregorius Maurus im Jahr 304 in Köln hingerichtet, weil er sich weigerte, Christen zu verfolgen. Dennoch kommt Bechhaus-Gerst zu einem entgegengesetzten Ergebnis. „Dass es sich hier um eine Ehrung handelt, ändert aber nichts daran, dass die Bezeichnung rassistisch ist.“

Der Mohr in Bonn: Rassismus-Debatte entbrannt: Muss er jetzt etwa weg?

Laut des „Kölner Straßennamen-Lexikons“ sei die Straße 1844 so benannt worden. Ein generelles Problem aus Sicht der Expertin: „Das N-Wort, das wissen viele mittlerweile, ist rassistisch und sollte nicht verwendet werden. Aber das M-Wort hat für nicht wenige eine positive Konnotation, weil sie es mit als „putzig“ betrachteten Figuren in Verbindung setzen.“

Goldene Hautfarbe für „Sarotti-Mohr“

So wurde lange Zeit auch der „Sarotti-Mohr“ gesehen. In den 60er Jahren war er eine populäre Werbefigur, flimmerte in Spots des Schokoladen-Herstellers über die TV-Bildschirme. Doch 2004 wurde das Logo schließlich verändert: Statt der dunkelbraunen bekam er eine goldene Hautfarbe.

Für Michael Mohr ist klar, dass es keine abschließende Entscheidung für alle Verwendungen der Bezeichnung „Mohr“ geben kann. Vielmehr sei immer eine historische Einordnung von Fall zu Fall unerlässlich. Wie die in Köln und in anderen Städten ausfallen wird, ist derzeit noch unklar. Für Familie Mohr aus Köln steht aber fest, sie behalten ihren Namen Mohr – fürs Erste.