Kritik an „Scoperty“Neue Immobilien-App: Was kostet wohl das Haus vom Nachbarn?

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Das Portal listet aus der Vogelperspektive die Schätzwerte der Immobilien auf. Groß angezeigt: Das Haus Friesenplatz 4, wo aber gar keine Wohnungen zu verkaufen sind.

Köln – Kaufen, kaufen, kaufen: Der Kölner Immobilienmarkt ist weiterhin in einem Allzeit-Hoch. Die Preise explodieren, Wohnungs- und Grundstücksangebote sinken. Die Zinsen sind klein, die Verwirrung ist groß: Was ist die Wunsch-Immobilie wirklich wert? Lieber sofort kaufen, bevor es noch teurer wird? Nach dem Motto: Koste es, was es wolle?

Scoperty: Alle Immobilien in Köln mit Preis

In dieser allgemeinen Verunsicherung kommt jetzt das Start-Up „Scoperty“ auf den Markt. Das Besondere: Es preist nicht wie andere Portale nur die zum Verkauf stehenden Immobilien an, sondern ALLE. Das Ziel: Im kommenden Jahr 40 Millionen Wohnimmobilien in ganz Deutschland erfassen. Bisher sind es acht Millionen Immobilien in sechs deutschen Großstädten, plus Umland. „Scoperty“ will so einen Marktplatz für potenzielle Käufer und Verkäufer schaffen. Geld verdient „Scoperty“ mit Provisionen bei Baugeldvermittlung und dem bereit stehenden Makler-Netzwerk, wenn Immobiliendeals über die Webseite zustande kommen.

Scoperty: 1,4 Millionen Immobilien im Kölner Raum

So läuft's in Köln: Wie bei Google-Maps kann man nach Angabe einer Adresse nun quer durch sein Veedel zoomen und schaut auf sämtliche Häuser, die mit reihenweise Schildern versehen sind. Auf ihnen: der jeweilige Schätzwert von Haus oder Wohnung, verbunden mit einer Prozentzahl zur „Vollständigkeit der Angaben“ – die allerdings meistens nur um die 40 Prozent liegt. Insgesamt werden in Köln Daten von mehr als einer Million Wohnungen und 370.000 Häusern veröffentlicht. Auch weite Teile im Umland, beispielsweise Bonn, sind abgedeckt.

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Scoperty: Neugier auf Kölner Immobilienpreise

Was kostet das Haus vom Nachbarn? Was die Wohnung vom Ex? Wie teuer wohnt der Chef? Der Neugier sind keine Grenzen gesetzt …

Wie Scoperty mitteilt, werden die Werte der Immobilien „von einem hochmodernen Algorithmus auf der Basis von Daten allgemein zugänglicher Stellen berechnet“. Makler vor Ort und Finanzinstitute geben Daten weiter, zudem werden Mietspiegel, Verkaufsangebote und Grundstücksflächen berücksichtigt. Man wolle Transparenz schaffen und Bewegung in den Markt bringen. Schließlich seien ja die Angebote in den bisherigen Portalen nicht der wirkliche Marktwert, sondern lediglich der Wunschpreis der Verkäufer. Deshalb können Interessenten nun auch unverbindliche Kaufangebote für Immobilien abgeben, die noch gar nicht zum Verkauf stehen. Dafür müssen sich aber auch beide Seiten vorher auf dem Portal registriert haben.

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Thomas Tewes, Hauptgeschäftsführer des Kölner Haus- und Grundbesitzervereins

Haus- und Grundbesitzerverein warnt

Sollte man also auf diese Schätzwerte bei einem möglichen Kauf/Verkauf vertrauen? NEIN, sagen die Experten vom Haus- und Grundbesitzerverein Köln. Hauptgeschäftsführer Thomas Tewes: „Die angegebenen Werte haben mit der Realität nichts zu tun. Keine Immobilie ist gleich, jede Immobilie ist so individuell wie ein Mensch. Die kann man nicht mit einem Algorithmus bewerten.“ Denn der Computer könne ja nicht ermitteln, wie Zustand und Energieeffizienz des Hauses sind, ob Wohnungen leer oder vermietet sind. Nur ein Experte vor Ort könne ein objektives Gutachten (kostet laut Tewes zwischen 200 und 400 Euro) erstellen.

Scoperty: Falsche Wohnungen?

Weiterer Vorwurf: Wohnungen, die angegeben sind, gibt es gar nicht. In der Tat: Da zeigt Scoperty Wohnungen „ab 456.203 Euro“ am Friesenplatz 4 an. Dort, wo der neue Rundbau zur Ecke Venloer Straße entsteht. Laut Sprecherin des Eigentümers werden an dieser Stelle jedoch „ausschließlich Büro-, Handels- und Gastronomieflächen“ errichtet. Die Bezeichnung „Mehrfamilienhaus“ sei irreführend, heißt es auf EXPRESS-Anfrage. Bietet „Scoperty“ also auch falsche Wohnungen an?

„Vielen Dank für den Hinweis“, sagt Scoperty-Sprecher Kai Oppel entschuldigend. „Es kann leider in Einzelfällen vorkommen, dass ältere Daten in den Algorithmus eingeflossen sind. Sobald neue Informationen eingespeist werden, etwa vom Eigentümer dieser Immobilie am Friesenplatz, ändert sich sofort die Ansicht. Diese aktualisiert sich selbständig.“

Haus- und Grundbesitzer-Experte Tewes abschließend: „Von dem Portal sollte man die Finger lassen.“

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Haus zu verkaufen. Aber entspricht der Preis dem Marktwert?