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Kölsch-Rocker Major Heuser„Helene Fischer hätte ich früher von der Bühne geholt“

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Am Rhein fühlt er sich wohl: Klaus „Major“ Heuser zieht es aus Köln nicht mehr weg.

von Jan Wördenweber (jan)

  • Mit uns Sprach der Kölsch-Rocker über...
  • ... Fußball-Leidenschaft und warum er einfach kein FC-Fan sein kann
  • ... seine Abneigung gegen die kölsche Selbstbesoffenheit und Karnevalsmusik im ganzen Jahr
  • ... Helene Fischer, die mit einer Cover-Version seine Gefühle verletzt

Köln – Er ist einer der wenigen deutschen Rock-Gitarristen, die Musikgeschichte geschrieben haben. „Kristallnaach“ oder „Do kanns zaubere“ – alles BAP-Hits, die von Klaus Major Heuser komponiert wurden. Auf seinem aktuellen Album „And now“ lässt der gebürtige Leverkusener einmal mehr seine Klasse aufblitzen. Und auch im großen EXPRESS-Interview hat er einiges zu sagen...

Gibt es ein Interview, das Sie mal gegeben haben, in dem Sie nicht auf BAP angesprochen worden sind?

Ich glaube nicht.

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Wären Sie froh, wenn wir heute nicht drüber reden würden?

Nein, das gehört zu meinem Leben dazu. Es ist ja nicht so, dass ich die Zeit verteufele. Im Gegenteil: Es war eine wunderbare Zeit.

Und Ihre alten Songs werden immer noch gespielt. Wobei es im Radio eigentlich nur noch „Verdamp lang her ist“…

Das liegt aber nicht an dem Song, sondern weil das Radio so ist. Das geht jeder Band so, dass nur noch ein Song ausgewählt wird, bis man den nicht mehr hören kann. Ich weiß auch nicht, was sich die Radio-Redakteure dabei denken. Die sagen immer, wir machen nur das, was die Leute hören wollen – aber das glaube ich langsam nicht mehr.

Werden Sie noch oft auf der Straße als BAP-Gitarrist angesprochen? Ihr Ausstieg ist bald 20 Jahre her...

Ja, aber wenn ich nicht bei BAP gespielt hätte, würden die Leute mich nicht kennen. Und dass Sie mich jetzt hier interviewen liegt auch nur daran, dass ich mal bei BAP gespielt habe. Wenn ich heute mit BAP anfangen würde, glaube ich nicht, dass wir heute Erfolg hätten. Es ist gerade nicht die Zeit für unsere Art von Musik. Alles hat seine Zeit. Und uns ist damals geglückt, dass wir den Zeitgeist getroffen hatten. Es war Zufall, dass es damals gepasst hat. Jede Generation hat seine eigene Musik und Mode. Das wird immer so bleiben, und das ist auch gut so.

Warum sind Gitarren-Soli heute so out? 

Das fing damit an, dass man die Soli rausgeschnitten hat, weil die Songs fürs Radio alle nicht länger als 3:21 sein durften. Es ist aber auch dem Zeitgeist geschuldet: Musik ist für mich ein Ausdruck eines Lebensgefühls. Und diese Art der Improvisation, wie man sie bei Bands wie Cream oder Rory Gallagher hatte, war der Ausdruck nach Freiheit, nach Eigenständigkeit. Und das ist heute so nicht mehr gegeben. Fragen Sie heute mal nach einem aktuellen Gitarristen, den man kennt?

Joe Bonamassa?

Ja gut, der wird gerade gehypt als der Supergitarrist.  Heutzutage wird Musik ganz anders konsumiert. Für zehn Euro im Monat gibt’s alle Musik der Welt zum runterladen. Früher, da musste man erst dreimal Rasenmähen, fünfmal das Auto von Deinem Vater waschen und dann noch ganz, ganz lieb sein, damit Du die Kohle bekamst, um Dir eine LP zu kaufen. Das war was ganz Besonderes. Musik hatte damals eine ganz andere Wertigkeit als heute. Man hat sich früher auch getroffen, um Musik zu hören. Ich kenne jetzt keinen, der das heute noch macht. 

Würden Sie sich als fleißig beschreiben?

Ja, würde ich schon sagen. Ich bin sehr diszipliniert. Das hängt vielleicht auch mit meiner Erziehung zusammen. Mein Vater war Architekt, meine Mutter Hausfrau – und ich wollte meinen Eltern auch zeigen, dass es was Handfestes ist, dass es was mit Arbeit zu tun hat, was ich da mache als Musiker.

Waren Ihre Eltern anfangs skeptisch?

(lacht) Ja, das kann man so sagen. Sehr skeptisch! Ich wollte eigentlich klassische Gitarre studieren. Und mein Vater wollte, dass ich sein Architekturbüro übernehme. Der hat mich schon in der Gosse liegen sehen…

Sie haben einst auch für Brings als Produzent gearbeitet. Wie bewerten Sie deren Entwicklung?

Ich fand die in den Anfangstagen richtig klasse. Brings wollten damals allen zeigen, was geile Rockmusik ist. Mich fanden sie damals zu kommerziell, heute würde man sagen: zu erfolgreich. Aber ich habe mich mit denen auf Anhieb supergut verstanden. Irgendwann hat man selbst eine Familie gegründet und muss zusehen, dass man über die Runden kommt. Mit Rockmusik ist das heute sehr schwer. Und mit „Superjeilezick“ sind sie dann eben in diese andere Schiene reingerutscht. Und haben damit riesigen Erfolg. Ich glaube, dass sie sehr glücklich sind.

Sie stammen aus Leverkusen, wohnen aber seit Jahrzehnten in Köln. FC-Fan oder Bayer 04?

Bayer! Liebe zum Verein kann man sich nicht anerziehen. Die ist einfach da. Aber ich habe früher wirklich mal versucht, Köln-Fan zu werden. Das hat auch geklappt – bis zum Spiel gegen Leverkusen. 

Wie ist ihr Verhältnis zu Köln?

Köln ist mein Zuhause, und ich fühle mich sehr wohl hier und mag auch die Kölner. Nur diese Selbstbesoffenheit mit „Kölsch Blot“ und solchen „Köln-Hemden“ gefällt mir nicht. Und ich kann diese Liebe zur Karnevalsmusik über das ganze Jahr hinweg nicht verstehen. 

Jetzt machen Sie sich gerade bei vielen Kölnern unbeliebt...

Um das klar zu machen: Ich habe nichts gegen Karneval. Ich habe gerne die Fööss gehört, weil die nicht nur über Köln gesungen haben. Aber schon, als die Höhner rauskamen, dachte ich: Was soll das denn? Die machen ja fast dasselbe! Und jetzt gibt es so viele Bands, die alle fast das Gleiche machen. Mittlerweile ist das ganze Jahr über Karneval. Es gibt ja kein Straßenfest, wo nicht eine Kölsch-Band Karnevalslieder singt. 

Sind es nicht eher Heimatlieder?

Das mag sein. Aber thematisch dreht es sich fast immer nur um Köln. Da ist wenig Neues dabei. Und musikalisch hört sich das nicht so an, als würden sich die Bands weiterentwickeln wollen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Höhner mal eine Acht-Minuten-Nummer machen. So „Bohemian Rhapsody“ op Kölsch. Aber das ist glaube ich auch nicht ihr Ansatz.

Es geht sicher in der kölschen Volksmusik auch darum, von den Problemen des Alltags abzulenken, die bei BAP dagegen gewälzt werden. Zudem haben Kasalla und Cat Ballou frischen Wind in die Szene gebracht...

Ja, ich habe auch nichts gegen diese Bands, aber für mich sind das keine Rockbands. Rockmusik hat für mich immer auch was mit einem Lebensgefühl und einer Haltung zu tun. Man möchte damit etwas ausdrücken. Rockmusik ist nicht gut, nur weil es Rockmusik ist. Wenn ich das nur als Form benutze, ist es was anderes. Ich versuche mit meiner Gitarre, meine Seele zu zeigen – meine Geschichte zu erzählen, wie ein Maler Bilder malt. Ich habe nicht einfach nur so Gitarre gespielt. Wir wären mit BAP auch niemals in einer Sendung wie „Musikantenstadl“ oder bei Dieter Thomas Heck aufgetreten, weil wir dann unsere Ideale verraten hätten.

Das hat sich geändert...

Kölsche Bands treten bei Florian Silbereisen auf. Ich schwöre, das würde ich nie machen. Ich habe nichts gegen den, den habe ich auch mal kennengelernt: ein netter Kerl! Aber wenn dann seine Sendung anfängt...

Es geht Ihnen um die Haltung?

Richtig. Du könntest heute bei Rockpalast auftreten und gleichzeitig beim Frühlingsfest der Volksmusik, das finde ich komisch. Als wir damals mit den Stones aufgetreten sind, da war im Vorprogramm auch Peter Maffay. Der kam vom Schlager und wollte jetzt Rocker werden. Der nannte sein Album „Steppenwolf“, hatte eine Lederjacke an und ein Messer im Stiefel. Das war für die Leute reine Blasphemie: „Wie kann so einer vor den Stones spielen?“

Eine Lederjacke macht noch keinen Rocker…

Genau. Und in Köln tritt Helene Fischer auf, spielt „Jump“ von Van Halen und nennt es „Spring“. Und den Leuten ist es völlig egal. Denen ist die Haltung dahinter egal, denen ist heutzutage alles egal. In meiner Jugend wäre das undenkbar gewesen. Wenn da eine Helene Fischer  was von AC/DC gespielt hätte, die hätte ich von der Bühne geholt. Die kann gerne Schlager machen. Aber die kann nicht meine Gefühle, meine tiefsten Werte für sich benutzen, um da eine „Lala-Mucke“ raus zu machen. Das wäre früher unmöglich gewesen.