Umstrittener Justiz-FallKölscher Rentner Hans (74) als Polizistenschläger angeklagt

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Hans-Werner Cöllen (74) am Schauplatz der angeklagten Tat in Ehrenfeld. 

von Ayhan Demirci (ade)

Köln – Alles begann mit einer Weltkriegsbombe, jetzt kommt es zu einem explosiven Prozess. Angeklagt ist der Kölner Rentner Hans-Werner Cöllen (74).

Der Senior, zweifacher Familienvater und zweifacher Großvater aus der GAG-Siedlung Grüner Weg in Ehrenfeld, ist angeklagt, einen Polizeibeamten tätlich angegriffen und als „Drecksack“ und „A...loch“ sowie als „Poppekopp“ und „Eierkopp“ beleidigt zu haben.

Amtsgericht Köln: Prozess ist noch für Juni 2020 terminiert

Cöllen ist wütend über die Anklage, in Wahrheit habe sich der Vorgang anders abgespielt. Am Dienstag, den 23. Juni, wird der Fall im Kölner Amtsgericht verhandelt. Die angeklagte Tat ereignete sich am 2. September 2019.

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Rückblick, es ist ein Montag. Nach Entdeckung einer Weltkriegsbombe bei Bauarbeiten an der Vogelsanger Straße, Ecke Grüner Weg am Vormittag wird das Ehrenfelder Wohngebiet mit 4800 Einwohnern evakuiert. Unter den Menschen, die nach Aufforderung von Ordnungsamtsmitarbeitern ihre Wohnung innerhalb einer halben Stunde verlassen, sind auch Hans-Werner Cöllen und seine Ehefrau. 

Die Stadt hat ein Anlaufzentrum an der Leyendeckerstraße eingerichtet, doch die Cöllens ziehen es vor, zum Neptunplatz zu fahren und die Zeit auch mit Einkäufen an der Venloer Straße zu überbrücken. Sie verlassen die GAG-Tiefgarage mit ihrem weißen Ford Ecosport, Hans-Werner Cöllen parkt den Wagen später an der Piusstraße.

Auf einer Parkbank am Neptunplatz verbringt das Ehepaar einige Zeit. Zwischenzeitlich kommt die Schwiegertochter vorbei, später holt Hans-Werner Cöllen noch was vom griechischen Imbiss. Dann, es ist mittlerweile 14 Uhr und eigentlich noch zu früh, meint der Senior, er werde mal nachschauen, wie es um die Bombenentschärfung steht. „Das war keine gute Idee“, findet Hans-Werner Cöllen heute.

An der Ecke Oskar-Jäger-Straße kommt es zum Zwischenfall

Er steigt ins Auto und findet sich bald in einer Autoschlange wieder. Wegen der Bombe ist der Gürtel gesperrt, die Auto-Kolonne quält sich über die Oskar-Jäger-Straße. In Höhe der Vogelsanger Straße steht ein Polizist, kräftig und Ü-50.

Als Hans-Werner Cöllen den Beamten erreicht, fährt er das Autofenster runter und ruft: „Un - ham se de bomb schon entschärft?“ Das ist die Geschichte, wie Cöllen sie erzählt, typisch kölsch.

Direkt habe der Polizist ihn daraufhin angeblafft: „Ey, du Blödmann, hau ab.“ Er habe eine Erklärung für das Verhalten des Beamten, meint Cöllen: „Dem stand der Verkehr bis hier oben”, sagt er und hält die Handkante an die Stirn, „man konnte nicht vor und nicht zurück, alles war am Hupen, ein Riesenstress.“

Laut Anklage wollte Hans-Werner Cöllen mit seinem Ford partout um die Sperrbaken herum auf die Vogelsanger Straße, um nach Hause zu kommen. Der Polizist habe ihn nicht davon abbringen können, die Sperrungen seien dem renitenten Rentner egal gewesen.

Kölner Rentner angeklagt: Doch er weist die Vorwürfe zurück

Das weist Cöllen von sich: „Die ganze Gegend ist evakuiert und ich soll da reinwollen? Warum sollte ich, das macht doch keinen Sinn.“

Was am Tatort folgt, ist ein verbaler Schlagabtausch, in dessen Verlauf Cöllen das Auto abstellt und aussteigt, so viel ist sicher. Cöllen bestreitet auch die Beleidigungen nicht, bis auf „Eierkopp“ und „Puppenkopp“, diese Begriffe würden gar nicht zu seinem „Wortschatz“ gehören.

Laut Anklage kam der Rentner auf den Polizisten zu, baute sich vor ihm auf und drohte: „Ich hau dich um, du Drecksack.“

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Dann soll er die rechte Hand zum Schlag gehoben haben, ehe der Polizist den Arm ergriff. Laut Anklage schmiss sich der Rentner daraufhin auf den Bürgersteig. Hans-Werner Cöllen dagegen schildert gegenüber EXPRESS, der Polizist habe ihn während des Scharmützels plötzlich zu Boden geschubst und habe ihn dann getreten.

Vorbeifahrende Autofahrer hätten das gesehen und dem Polizisten zugerufen, er solle den Mann in Ruhe lassen. Cöllen hofft auf Zeugen, die sich melden.

Kölner Rentner: „Ich bin doch kein Krimineller”

Laut Anklage war es so, dass sich der Senior erst beruhigte, als Verstärkungskräfte der Polizei eingetroffen waren. Die seien mit Blaulicht gekommen, erzählt Cöllen: „Das Schlimmste für mich aber war, dass der Polizist die Tür meines Wagens aufriss und in das Handschuhfach griff. Wahrscheinlich suchte er meine Personalien. Aber ich bin kein Krimineller.“

Er selbst habe später Anzeige gegen den Beamten wegen Körperverletzung gestellt. Das Verfahren sei aber eingestellt worden.

Die Kölner Polizei will sich mit Hinweis auf das laufende Verfahren nicht zum Fall äußern.