Kölner Bau-DesasterAlternative zum Kalkberg? Gutachten liefert Antwort

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Der Kalkberg von oben: Im Innern des Bergs befindet sich eine Giftmülldeponie der früheren Chemischen Fabrik Kalk (CFK). Rechter Bildrand: der Hubschrauberhangar und Nebengebäude, rechts oberhalb davon (kreisrund) der Landeplatz. Die sechsspurige Straße ist die Stadtautobahn, die weiter rechts zur Zoobrücke führt.

Köln – Es hätte so schön werden sollen, doch dann kam 2015 das Aus, vorläufig, für den Kalkberg. Die Rettungshubschrauberstation, von der aus die Helikopter mit Rettungssanitätern und Notärzten zu schweren Unfällen oder Notfällen fliegen sollten, war auf einer Alt-Deponie der Chemischen Fabrik Kalk gebaut worden – und gab unter der Last von 50.000 Tonnen Erdreich, die für eine Aussichtsplattform aufgeschüttet worden waren, nach.

Das Hangargebäude bekam Risse, es gab Setzungen – und der Rat stoppte den Weiterbau, bis heute, obwohl schon mehr als 85 Prozent des Gebäude fertig waren.

Der Kalkberg ist stabilisiert

Inzwischen ist das Erdreich wieder abgetragen, der Berg stabilisiert. Der Stadtrat beauftragte den zuständigen Stadtdirektor Dr. Stephan Keller (48, CDU) dennoch, alternative Standorte für die Hubschrauberstation zu suchen. dafür wurde ein neutrales, externes Gutachten in Auftrag gegeben. Dieses liegt nun als Mitteilung an die Ratsmitglieder vor.

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Gutachter sieht keine Alternative zum Kalkberg

Und ganz klar geht aus dem Gutachten hervor: Es gibt keine Alternative zum Kalkberg, wenn man die Rettung Schwerverletzter per Hubschrauber schnellstmöglich und unabhängig von der Straßenverkehrssituation gewährleisten will.

Flughafen, Merheim und Kurtekotten untersucht

Untersucht wurden vom Gutachter der bestehende Standort am Flughafen, von Beginn an nur als Provisorium gedacht, nachdem der Standort am Krankenhaus Merheim wegen mangelnder Sicherheit aufgegeben werden musste. Auch Merheim wurde erneut untersucht. Ebenso der Flugplatz Kurtekotten an der Stadtgrenze zu Leverkusen. Diese Alternativstandorte waren von den Ratsausschüssen vorgeschlagen worden.

Merheim: Parkhausdach trägt nur einen Hubschrauber

Für das Klinikum Merheim stellt der Gutachter fest, dass aufgrund „ganz erheblicher rechtlicher Risiken“ vor allen Dingen durch die einklagbare planungsrechtliche Bestandsgewähr von einer Weiterverfolgung dieser Planungsvariante abgeraten wird. Außerdem sei bei einer Stationierung auf dem Parkhaus des Klinikums Merheim lediglich einer der beiden notwendigen Hubschrauber aus statischen Gründen unterzubringen.

Flughafen: Hubschrauber muss Verkehrsmachinen abwarten

„Auch bei einer Realisierung am Standort Flughafen Köln/Bonn bestehen sehr erhebliche Risiken“, so der Gutachter zum zweiten der drei untersuchten Alternativen. Neben den rechtlichen Risiken müsse man sich bei einer Weiterverfolgung dieses Standortes auf einen „Zeithorizont von etwa zehn Jahren bis zum Errichtungsbeginn einstellen“.

Bisher sitzen Hubschrauberpiloten und Sanitäter am Flughafen nämlich in einem Behelfsgebäude, Ungeziefer immer und Feuchtigkeit in den kälteren Monaten inklusive.

Außerdem, so heißt es bei Sanitätern, komme beim Flughafen erschwerend hinzu, dass Starts und Landungen der Hubschrauber mit den Starts und Landungen der Verkehrs- und Frachtmaschinen koordiniert werden müssten. Der Rettungshubschrauber müsse schonmal warten, was für eine Menschenrettung entscheidende Minuten sein können.

Kurtekotten: Landschaftsschutz und Anwohner

Für den dritten Standort, den Sonderlandeplatz Kurtekotten an der Stadtgrenze zu Leverkusen attestiert der Gutachter „beträchtliche Risiken“ vor allen Dingen durch das vorhandene wohnungsnahe Landschaftsschutzgebiet mit lärmsensiblen Einrichtungen in unmittelbarer Nähe. Als unmittelbar betroffene Zone seien außerdem rechtliche Schritte der Nachbarkommune Leverkusen zu erwarten. Mit einer baulichen Realisierung könne voraussichtlich erst in sechs bis acht Jahren begonnen werden.

70 Grüne entscheiden für eine Million Kölner?

Nun ist der Stadtrat am Zug, die Gemengelage dort kompliziert. Die Grünen haben eine Parteitagsbeschluss gegen den Kalkberg. Die Fraktion ist nicht an Parteitagsbeschlüsse gebunden – was die Sache nicht einfacher macht. Viele fragen sich, ob 70 Grünen-Mitglieder auf einem Parteitag über die Rettung von Menschenleben in einer Millionenstadt entscheiden dürfen.

CDU und FDP würden den Kalkberg mittragen

Die CDU würden den Kalkberg mittragen, schon aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten und weil das Gebäude eben schon fast fertig ist. Die FDP scheint es ähnlich zu sehen.

Die Hubschrauberbetriebsstation selbst war bis zum Baustopp baulich soweit fortgeschritten, dass eine Bezugsfertigkeit innerhalb von zwölf Monaten erreicht werden kann.

Für die nutzungsunabhängige Haldenstabilisierung investiert die Stadt Köln rund 17,2 Millionen Euro. Bis zum Schadenseintritt lagen die Gesamtkosten für die vollständige Errichtung bei rund 13,3 Millionen Euro.

Linke dagegen, SPD noch unentschlossen

Die Linken sind gleichwohl kategorisch gegen die Hubschrauberstation auf dem Kalkberg. Und die SPD ist unentschlossen – aus der Fraktion hört man, dass vor der Kommunalwahl im Herbst 2020 kein Beschluss gefasst werden könnte.

Stadtdirektor Keller: Der Rat muss jetzt entscheiden

„Der aus der Mitte des Rates stammende Beschluss zur nutzungsunabhängigen Haldenstabilisierung wurde von der Verwaltung umgesetzt“, sagt Stadtdirektor Keller dazu. „Wir legen der Politik einen umfassenden Bericht zum aktuellen Sachstand sowie die gutachterlichen Empfehlungen hinsichtlich möglicher Standortalternativen vor. Nunmehr ist es Sache des Rates, auf Grundlage dieser Informationen die notwendigen Schlussfolgerungen zu ziehen und eine politische Entscheidung zum weiteren Vorgehen zu treffen.“

Stadtdirektor Keller: Es spricht nichts gegen den Kalkberg

Aus seiner Sicht, so Keller, spreche nichts gegen den Kalkberg. „Vor dem Hintergrund der vorgelegten Gutachten ist dieser auch realisierbar und im Gegensatz zu möglichen Alternativen in einem überschaubaren Zeitraum von sechs bis 12 Monaten fertigzustellen.“

Nun ist die Politik am Zug, auf die auch Druck von einer rührigen Bürgerinitiative ausgeübt wird.