Heldin des AlltagsDiese Kölner Polizistin ist ein Vorbild für unsere Gesellschaft

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Die Kölner Polizistin Sheila Behlert.

Köln – Sie soll unser Freund und Helfer sein, dennoch nimmt die Gewalt gegen Polizisten in den vergangenen Jahren stetig zu. Allein im Jahr 2018 vermeldeten die Behörden 1300 Fälle - dabei gehen die Täter auf Männer gleichermaßen los wie auf Frauen.

Köln: Verbale Attacken auf weibliche Polizisten nehmen zu

Beleidigungen und Diskriminierung, die sich explizit gegen weibliche Beamte richten, kommen noch obendrauf. „Sätze wie 'ich fick dich du Fotze' hören wir häufiger“, erklärte im vergangenen Jahr die Frauenvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei Erika Krause-Schöne und sprach von gezielten Angriffen körperlicher, aber auch sexueller Gewalt gegen weibliche Polizistinnen.

Dass diese Beobachtung bis heute aktuell ist, zeigen die aktuellsten Entwicklungen in vielen Bereichen: Sei es nun Gewalt gegen Polizisten und Frauen oder auch die Zunahme von Rassismus oder Diskriminierung gegen Randgruppen in Deutschland – sieht man sich die Statistiken der letzten Jahre an, formt sich ein erschreckendes Bild.

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Kölner Polizistin Sheila Behlert macht mit ihrer Art stolz

Alle diese Faktoren vereint die Kölnerin Sheila Behlert. Hier erzählt sie, wie es ist, als lesbische Frau mit Migrationshintergrund Polizistin zu sein.

Seit 2006 geht die gebürtige Malaysierin in der Kreispolizeibehörde Rheinisch-Bergischer Kreis in Bergisch Gladbach ein und aus – zunächst zehn Jahre als Streifenpolizistin, seit 2016 auch als Pressesprecherin.

Seit 2006 auf der Dienststelle in Bergisch Gladbach aktiv

Als sie 2006 nach ihrem Studium auf der Dienststelle in Bergisch Gladbach anheuerte, veröffentlichte die lokale Tageszeitung „Bergische Landeszeitung“ einen Artikel mit der Überschrift „Der bunte Hund“. Eine Frau mit dunkler Hautfarbe auf dem Präsidium, das war etwas Besonderes.

Behlerts Meinung nach sollte es das aber gar nicht sein – viele ihrer Freunde, allesamt Deutsche und in Deutschland aufgewachsen, haben einen Migrationshintergrund. Wenn sie über ihre „deutschen Freunde“ spricht, kann Behlert sich ein Kichern nicht verkneifen: denn für sie ist selbstverständlich, dass sie alle Deutsche sind, genauso wie sie selbst. „Deutschland hat keine Hautfarbe“, davon ist die Kölnerin überzeugt.

Ihre Eltern adoptierten sie bereits wenige Monate nach ihrer Geburt in Malaysia. Sie wuchs in Deutschland auf, in ihrer deutschen Familie, mit einem blonden Bruder. Auch heute noch lebt sie mit ihrer Ehefrau in Köln – ihrer Heimat. Als „Kölsches Mädchen“ bezeichnet sie sich selbst, natürlich in bestem Kölner Dialekt. Würde man sie nicht daran erinnern, dass sie anders aussieht als der Otto-Normal-Deutsche, sie würde es selbst gar nicht merken.

Köln: Sheila Behlert spürt oft, dass sie Menschen anders sehen

Erinnert wird sie aber fast täglich daran – durch Blicke, aber auch durch Ignoranz. Wenn die Passkontrolle an der Grenze fünf Minuten länger dauert als bei ihren deutschen Freunden. Wenn Menschen die Straßenseite wechseln, wenn sie sie sehen. Oder wenn sie auf Ämter geht, um einen neuen Ausweis zu beantragen, und die Beamten ihr bewusst langsam und deutlich entgegnen: „Mensch, Sie sprechen aber tolles Deutsch!“

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Aber auch in ihrer Funktion als Polizistin hat sie schon die ein oder andere unangenehme Situation durchstehen müssen: Wenn beispielsweise Menschen bei einer Kontrolle nicht mit ihr sprechen, ihr die Antwort verweigern. In solchen Fällen bekomme sie aber starken Rückhalt von ihren Kollegen. „Die reagieren da ziemlich cool“, erklärt Behlert. So habe ein Kollege einmal eine Frau ebenso ignoriert, die eine Anzeige machen, sie aber nicht bei Sheila Behlert aufgeben wollte.

Kölner Polizistin plädiert an uns alle: Öffnet euch!

„Das Schlimmste, was wir einander antun können, ist, uns voreinander zu verschließen“, meint Behlert. Sie plädiert stattdessen dafür, Grenzen zu überwinden, über Schatten zu springen, mehr zu kommunizieren. Das gelte für Deutsche gleichermaßen wie für Migranten: Auch diese müssten zeigen, dass sie sich integrieren wollen, und gerade, wenn sie neu in Deutschland sind, sicherlich einige Grenzen überwinden.

Sie habe sich für den Beruf der Polizistin entschieden, um den Menschen dabei zu helfen, ihre Chancen wahrzunehmen. „Schon als Kind hatte ich einen starken Gerechtigkeitssinn“, erklärt die ehemalige Schülersprecherin. Als sie nach dem Abitur überlegte, was sie werden möchte, meinte ihre Mutter trocken: „Werd‘ doch Polizistin. Du bist eh so sozial – und schießen lernste auch noch“. Und tatsächlich fand sie in ihrem Beruf auch ihre Berufung: „Es füllt mich aus, mich für das Gemeinwohl einzusetzen“.

Als Polizistin kann Sheila Behlert ihre soziale Art einbringen

Als Polizistin kann sie ihre soziale Ader bestens einbringen. Denn zu ihrem Beruf gehöre nicht nur die Kontrolle von auffälligen Bürgern auf der Straße oder die Festnahme von Verbrechern. Im Dienst habe sie auch schon alten Menschen zurück ins Bett geholfen, Verkehrsunfälle betreut oder Todesnachrichten überbracht. „Menschen rufen uns Polizisten in der Regel nur in Extremsituationen“, erklärt sie. Deshalb sei ihr Beruf „hochpsychologisch“ – was ihn immer spannend, aber manchmal durchaus nervenaufreibend machen könne.

Auch, wenn sie sich selbst als „ganz normale Deutsche“ sieht, so ist sie doch eine Hoffnungsträgerin für Migranten und alle, die irgendwie anders sind: Dafür, dass auch sie eine Chance haben. Dass Deutschland keine Hautfarbe hat. Und dass sie, egal woher sie kommen, Hoffnung haben dürfen. Und genau das macht sie zur Heldin.

Dieser Text erschien zuerst bei „Focus Online" (hier lesen).