NeumarktIn dieser Kölner Telefonzelle geben sich die Junkies die Klinke in die Hand

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Montagmittag: Dieser Junkie ist nicht zum ersten Mal in der Telefonzelle, um sein Heroin zu rauchen.

von Chris Merting (mert)

Köln – Eine versiffte Telefonzelle am Neumarkt ist zum Symbol der gescheiterten Drogenpolitik in Köln geworden.

Immer offener wird dort gedealt und gedrückt. Und das mitten in der City!

Am Eingang zur Schildergasse, einer der gefragtesten Einkaufsstraßen Deutschlands, unweit der KVB-Haltestelle.

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Nichts hat sich geändert

Die Szenen wiederholen sich täglich – und das schon seit Jahren. Und nichts hat sich bis heute geändert: Zwischen Kölnern und Touristen bahnen sich Junkies ihren Weg.

Ihr Ziel ist die kleine Telekom-Telefonzelle. Hierher ziehen sie sich zurück, um ihr Heroin zu spritzen oder zu rauchen. Dutzende Alu-Folien am Boden zeigen das Ausmaß des täglichen Konsums.

Wie in einem Glaskasten lassen sich Junkies von den Passanten beobachten – doch das ist ihnen egal.

So auch am Montag, als ein Konsument gleich mehrfach die Zelle aufsucht. Er raucht seinen Stoff und sackt augenblicklich zu Boden.

Im Delirium sucht er den Boden nach Heroin-Krümeln ab, die vielleicht jemand vor ihm fallengelassen haben könnte.

Als er taumelnd die Zelle verlässt, kommen drei junge Männer angelaufen. Einer von ihnen stürmt in die Zelle und greift sich die Alufolie, die der Junkie hat liegen lassen.

Das Trio hofft noch auf Restspuren von Heroin auf dem Alu-Stückchen. So geht das seit Jahren. Aber: „Dieser Umstand war uns so nicht bewusst“, sagt Telekom-Sprecher André Hofmann.

Dabei hatte EXPRESS schon vor zwei Jahren über die „Drogenzelle“ berichtet.

Eine Stadtsprecherin erklärte auf EXPRESS-Anfrage, die Bekämpfung der Drogenkriminalität sei Sache der Polizei – und für die Telefonzelle die Telekom verantwortlich.

Jetzt endlich könnte sich was ändern. Der Telekom-Sprecher: „Wir prüfen in Absprache mit der Stadt, ob man die Zelle in eine offene umwandelt. Dann wäre nicht mehr dieser Rückzugsraum gegeben.“

Bei einer öffentlichen Toilette wurde bereits gehandelt. 2015 hatten die Abfallwirtschaftsbetriebe der Stadt die ersten hochmodernen City-Toiletten aufgestellt.

Eine auch auf der Krebsgasse. Doch das Luxus-WC wurde zur Fixerstube. Die AWB sahen sich schließlich gezwungen, die WC-Anlage zu schließen.

Lesen Sie auf der nächsten Seite mehr über die Drogen-Brennpunkte in Köln:

Die Drogen-Brennpunkte in Köln: Szene hat sich nach Silvester verlagert

Auf zig zentralen Plätzen wird immer offener gedealt und konsumiert. Im aktuellen Suchtbericht der Stadt werden neben dem Neumarkt folgende „Hotspots“ angeführt:

Der Platz am Bezirksrathaus Kalk und Kalk-Kapelle, der Wiener Platz in Mülheim, die Ringe, speziell der Friesenplatz, und der  Ebertplatz.

Letzterer ist für Dealer und Süchtige zum Anlaufpunkt geworden, seit nach den  Silvester-Übergriffen am Bahnhof die Polizei verstärkt rund um den Dom auf Streife geht.

Wenn es dunkel wird, ist der Ebertplatz  für Anwohner inzwischen eine No-go-Area. Auch anderswo fühlen sich die verunsicherten Nachbarn von den Behörden im Stich gelassen.

In Kalk haben Anwohner Unterschriften gesammelt. Sie fordern, dass gegen das Klientel, das sich dort vor dem Bezirksrathaus täglich aufhält, Drogen nimmt, trinkt und pöbelt, etwas unternommen wird.

Die SPD im Rat will beantragen, dass nicht nur am Neumarkt, sondern auch in Kalk und Mülheim ein Drogenkonsumraum eingerichtet wird.