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Keine Einnahmen in 2020Kölner Schausteller unter Tränen: „Ich weiß nicht mehr weiter“

von Niklas Brühl (nb)

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Der Kölner Schausteller Theo Hardt vor seinem Bistro auf seinem Hof. Seit Dezember 2019 konnte er keine Einnahmen mehr generieren.

Köln – Seine Leidenschaft wurde ihm praktisch in die Wiege gelegt: Theo Hardt (69) ist Kölner Schausteller in sechster Generation, machte sich 1972 selbstständig und besitzt neben einer Ringwurf-Bude auch unter anderem ein Bistro auf Rädern, mit dem er auf vielen Jahrmärkten und Volksfesten in der Region seine Brötchen verdient.

Dies ist aber aufgrund der Corona-Krise und der damit einhergehenden Absage für alle Großveranstaltungen bis in den Oktober hinein derzeit nicht möglich, sodass seine Buden derzeit auf seinem Hof in Weidenpesch verstauben. Nun hat sich der 69-jährige verzweifelt an den EXPRESS gewandt.

Kölner Schausteller finanziell am Ende, keine Einnahmen seit Dezember 2019

Auf dem weitläufigen Hof wohnt und arbeitet Theo Hardt zusammen mit seiner Ehefrau, seinem Enkel und dessen Frau, sowie seinem Urenkel und einem festangestellten Mitarbeiter. Hardt lebt für seinen Beruf, hat sein ganzes Leben in der Branche verbracht und sich so einen Namen in der Kölner Schausteller-Welt gemacht.

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Nun ist er jedoch am Ende. Mit seinen Nerven und den finanziellen Mitteln. Denn seit dem 23. Dezember, dem Ende der Weihnachtsmarkt-Saison, konnte er keine Einnahmen mehr generieren.

Theo Hardt findet mit seinem Bistro keinen Kölner Standort

Volksfeste und Jahrmärkte dürfen wegen der Corona-Krise ohnehin schon nicht stattfinden, also suchte sich der 69-Jährige andere Möglichkeiten, seinen Lebensunterhalt weiterhin verdienen zu können.

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Das mobile Bistro von Theo Hardt, welches er so erstmals 2019 auf „Pützchens Markt“ präsentierte.

Mit seinem mobilen Bistro, welches aus zwei Containern besteht und mit dem er im vergangenen Jahr auf „Pützchen’s Markt“ Premiere feierte, wollte er an verschiedenen Orten der Stadt die Kölner mit Leckereien und Kaffeespezialitäten bewirten. Allerdings wurde ihm diese Möglichkeit von der Stadt in den vergangenen Monaten immer wieder verwehrt.

Kölner Schausteller wendet sich aus Verzweiflung an OB Henriette Reker

„Es kann doch nicht sein“, führt Hardt aus, „dass andere Städte und Gemeinden wie Düsseldorf oder Bonn den Schaustellern Standorte zu Verfügung stellen, an denen sie mit ihren Wagen stehen und arbeiten können. Nur in meiner Heimatstadt Köln hagelt es durchgehend Absagen.“ So findet die Düsseldorfer Rheinkirmes (hier lesen Sie mehr) in diesem Jahr beispielsweise unter Auflagen auf dem Messegelände statt.

Eine allgemeine Standortanfrage kam ebenso wenig zustande, wie ein Stellplatz für sein Bistro am Rheinauhafen oder der Groov in Zündorf.

In seiner Verzweiflung wendete sich der Schausteller nicht nur an die Stadt Köln, sondern auch direkt an Oberbürgermeisterin Henriette Reker. In seiner E-Mail heißt es unter anderem: „Wo ist das in meiner Heimatstadt so oft beschworene Gefühl ‚mir stonn zesamme?‘ Ich fühle mich in dieser schweren Krise allein gelassen.“ Eine Antwort auf diese Mail bekam er bis heute nicht.

Theo Hardt bekommt 125 Euro Rente: „Ich möchte meine Familie ernähren“

Die Krise betrifft darüber hinaus nicht nur das Familienoberhaupt selbst, denn auch sein Sohn und sein Enkel haben die Familientradition fortgesetzt und sich als Schausteller selbstständig gemacht.

„Ich möchte doch nur arbeiten und meine Familie ernähren“, sagt Hardt, dem das Sprechen vor Wut und Verzweiflung immer schwerer fällt. „Ich bekomme 125 Euro Rente und unser Erspartes neigt sich dem Ende zu. Ich weiß wirklich nicht mehr weiter.“ Leistungen vom Amt zu beantragen, das komme für ihn nicht in Frage.

So wolle er niemandem zur Last fallen, sondern einfach nur wieder seinem Job nachgehen: „Oder wie anderen Branchen finanziell so unterstützt werden, dass es uns durch diese schwere Zeit bringt. Aber das ist leider nicht der Fall.“

Tatsächlich bekomme er einen Zuschuss aus einem Hilfsfond, dieser deckele aber gerade mal 70-80 Prozent der anfallenden Fixkosten: „Und was ist mit dem Rest? Und davon abgesehen, wovon sollen wir leben?“

Theo Hardt sieht sich als Vorreiter der Branche, der auf Missstände hinweist

Als weitere Alternative haben sich die Hardts auch schon in anderen Städten für einen Stellplatz ihres Bistros beworben, allerdings hagelte es auch dort bislang nur Absagen: „Das ist aber Gang und Gäbe. In Bonn werden die Bonner Schausteller bevorzugt, in Wuppertal die Wuppertaler. Das war schon immer so.“

Allgemein sieht er sich als Vorreiter, der auf die Missstände seiner Branche aufmerksam machen möchte: „Ich spreche ja hier als Einzelkämpfer für viele, die dasselbe Problem haben, sich sich aber zu bange sind, etwas zu unternehmen.“

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Nicht nur in Köln ist die Schausteller-Branche gefährdet: Auf Demos, wie hier in Berlin am 2. Juli, haben über 1000 Teilnehmer auf die Missstände aufmerksam gemacht.

Und tatsächlich zieht sich das Problem der Branche durch ganz Deutschland. So gingen am 2. Juli beispielsweise rund 1.600 Schausteller mit knapp 1.000 Fahrzeugen in Berlin auf die Straßen, um für Erleichterungen bei den Corona-Einschränkungen zu demonstrieren. In München wurde am 9. Juli ebenfalls per Demonstration auf die Existenzbedrohungen der Schausteller aufmerksam gemacht.

Stadt Köln macht den Schaustellern vorerst wenig Hoffnung

Die Stadt Köln äußerte sich auf Nachfrage des EXPRESS zu der Krise der Schausteller-Branche, machte Theo Hardt und seinen Kollegen aber vorerst wenig Hoffnung: „Die Stadt Köln ist sich der angespannten Situation von Selbständigen, Händlern, Künstlerinnen und Künstlern, Gastronomen und Schaustellern bewusst.“

Wie soll es in Zukunft mit der Branche weitergehen? Der Stadt seien dabei die Hände gebunden: „Die Stadtverwaltung prüft fortlaufend Möglichkeiten, in welcher Form Erleichterungen möglich sind. In einigen Bereichen konnten zum Beispiel Steuern gestundet oder Gebühren erlassen werden. Aufgrund der geltenden Vergabe- und Nutzungskonzepte kann die Stadt Köln losgelöst von Veranstaltungen keine Standplatzvergabe erteilen.“

Darüber hinaus sei die Stadt in der Entscheidungsfindung an die gesetzlichen Vorgaben des Landes Nordrhein-Westfalen gebunden.

Theo Hardt unter Tränen: „Ich war schon immer ein Kämpfer“

Theo Hardt, der gegen Ende des Gesprächs seine Tränen nicht mehr zurückhalten konnte, wandte sich abschließend noch einmal direkt an die Verantwortlichen der Stadt Köln: „Ich will einfach wieder arbeiten und Geld verdienen. Egal in welchem Maße oder Umfang, wir sind in der Lage, das umzusetzen. Ich möchte einfach nur Hilfe dabei bekommen, einen geeigneten Ort zu finden, an dem ich mit meinem Wagen ordentlich stehen und mein Bistro betreiben kann, mehr nicht.“

Mit der Antwort der Stadt konnte der 69-jährige wenig anfangen: „Was heißt das denn jetzt für uns? Sollen wir einfach weiter abwarten und Tee trinken? Die Sommerferien sind bald vorbei und danach lohnt es sich an vielen Standorten gar nicht mehr, uns dort aufzustellen. Es muss jetzt etwas passieren!“ 

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Schausteller gehen laut Hardts Aussagen niemals in Rente, da sie solange arbeiten würden, bis sie irgendwann umfallen. Es sei eine Leidenschaft, die ihn bis heute geprägt hat: „Ich war schon immer ein Kämpfer und werde dies auch mein restliches Leben bleiben.“