Tanz-SkandalPsycho-Druck: EXPRESS enthüllt geheime Gewichtsliste der Rheinveilchen

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Unfassbare Methoden herrschen offenbar in einem Kölner Verein.

von Thomas Werner (tw)Jan Wördenweber (jan)

Köln  – Mobbing, Magersucht, Psychodruck: Immer mehr ehemalige Mariechen melden sich, nachdem eine Ex-Tänzerin im EXPRESS schwere Vorwürfe gegen den Trainer der Rheinveilchen erhoben hatte (hier lesen Sie mehr).  

Vielfach wird bestätigt, was bei der Tanzgruppe offenbar an der Tagesordnung ist. Mehr noch: Immer mehr Details aus dem Innenleben der Tanzgruppe werden bekannt. So gebe es bei den Rheinveilchen eine Gewichtsliste, berichtet ein ehemaliges Mitglied der Tanzgruppe, das anonym bleiben möchte. Diese Liste liegt EXPRESS vor.

Kölner Karneval: Ex-Mariechen der Rheinveilchen packt aus

Darauf zu sehen: grüne, orangene und rote Bereiche. Eine einfache Legende. Aber auch eine, die Druck machen soll. Tänzerinnen, deren Gewicht grün hinterlegt ist, befinden sich demnach im richtigen Gewichts-Bereich. Wer orange „markiert” ist, sollte bald nach dem Wiegen zum ernsten Gespräch gebeten werden. Mädchen mit Gewicht im roten Bereich stehen demnach kurz davor, nicht mehr auf die Bühne zu dürfen, sollten sie nicht abnehmen.

Laut der anonymen Ex-Marie sah die interne Prozedur ein Wiegen nach dem Probetraining (1 x im Jahr) vor, dazu regelmäßiges Wiegen ohne Ankündigung. „Dazu stellten sich die Mädels in eine Reihe auf und kamen nacheinander dran, auf die Waage zu steigen. Die Verantwortliche notierte dann das aktuelle Gewicht in solche Listen. Diese forderte Herr Löhr dann regelmäßig als Mail an.” Kontrolle pur!  

„Ich habe immer versucht, den teilweise sehr jungen Mädchen zu helfen. Unter anderem habe ich beispielsweise die Größe hochgesetzt, damit die Mädchen etwas mehr wiegen dürfen. In ihren Augen hat man jedes Mal gesehen, unter welchem Druck sie stehen. Ich hätte von Anfang an bei diesem Spiel nicht mitspielen dürfen“, schreibt die ehemalige Tänzerin.

Kölner Tanz-Skandal: So stehen die Mädchen unter Druck

Besonders sehr muskulöse Mädels hätten große Probleme gehabt, ihr Gewicht zu halten, obwohl ihr Gewicht dem Normalgewicht entsprach. Gottfried Löhr, der Tanztrainer, habe in regelmäßigen Abständen diese Liste per E-Mail überprüft und anhand dieser die Mädchen für die Auftritte ausgewählt. „Regelmäßig wurden dann Mädchen rausgestellt und durften nicht mittanzen bzw. sind komplett von ihrem Tanzpartner weg gestellt worden“, so das Mariechen weiter.

Und: „Es gab am Ende sogar eine Formel in dieser Datei, die automatisch ausgerechnet hat, ob ein Mädchen in einem grünen, orangenen oder in einem roten Bereich mit dem Gewicht lag.“

Dementsprechend seien dann Gespräche geführt worden. „Dazu wurden diese Mädchen dann in einen Raum gerufen, und es wurde ihnen nahegelegt schleunigst abzunehmen, da sie ansonsten nicht tanzen dürfen. Man hat in ihren Augen gesehen, dass regelmäßig eine Welt zusammengebrochen ist.“

Auch die Tänzer wurden gewogen, für sie habe es allerdings bei Übergewicht keine Konsequenzen gegeben. „Es wurde lediglich darüber hergezogen und geschimpft, wenn eine Uniform angepasst werden musste”, so die anonyme Ex-Marie.

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An ihrem ehemaligen Trainer – der die Vorwürfe gegen ihn im EXPRESS zurückgewiesen hat – lässt das Ex-Mariechen kein gutes Haar: „Für diese Mädchen, sowie auch für mich damals, war das Tanzen das Wichtigste im Leben. Dies hat Herr Löhr als Druckmittel genommen.“

Kölner Ex-Marie: Die Waage ist nicht das Problem

Eine weitere ehemalige Tänzerin erklärte zu den Veröffentlichungen im EXPRESS, es sei „auch bei mir damals 1 zu 1 genau so abgelaufen.“ Dass Tänzerinnen gewogen werden, sei nicht das Problem, sondern „wie asozial man mit seinen Mitmenschen zum Teil umgehe.“ Nicht viele Mädchen seien so stark, um diesem Psycho-Druck stand halten zu können.

Nach den EXPRESS-Enthüllungen erfuhren wir: Am Samstag traf sich der Vorstand der Großen Braunsfelder, um über das weitere Vorgehen zu beraten. Spekulationen über die Trennung mit den Rheinveilchen wollte niemand bestätigen. Aber auch in der Arena reagierte man – und setzte die Rheinveilchen auf eine spätere Auftritts-Zeit. Wohl, um negative Bekundungen aus dem Publikum zu vermeiden.