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Ex-Marie packt ausDie Tanz-Schande im Kölner Karneval

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Unfassbare Methoden herrschen offenbar in einem Kölner Verein.

von Bastian Ebel (bas)

Köln – Sie werden gefeiert, sie wirbeln durch die Luft. Sie bringen unvorstellbare Leistungen ohne Bezahlung. Was die Kölner Tänzer leisten, ist einfach unglaublich.

Doch hinter der schönen Fassade tun sich Abgründe auf, wie ein ehemaliges Tanzmariechen schildert. Dabei besonders im Visier: die Tanzgruppe der Kölner Rheinveilchen unter dem Dach der Großen Braunsfelder.

Karneval: Kölner Rheinveilchen unter Verdacht

Im EXPRESS packt Ex-Marie Laura (26) erstmals aus, welchen Leidensweg die Tänzerinnen hinter sich haben, ehe sie das erste Mal auf der Bühne stehen.

„Es herrscht regelrechter Druck, immer weiter abnehmen zu müssen“, sagt Laura traurig auf Nachfrage. Vier Jahre tanzte sie für die Rheinveilchen, ehe sie kurz vor der Session in die zweite Reihe verwiesen wurde. Die unglaubliche Begründung: Mit 53 Kilo bei einer Körpergröße von 1,63 Meter war sie „zu schwer“ für die Rheinveilchen, sollte aber „hinten“ noch Würfe und Abschlussbilder mitgestalten.

Kölner Karneval: Marie „zu schwer“ mit 53 Kilo

„Wir wurden permanent gewogen“, berichtet die Ex-Tanzmarie. „Auch ohne Ankündigung. Da hatten viele Angst und haben einfach vorher nichts gegessen und getrunken.“

Doch die Mädchen ließen das über sich ergehen. Laura drückt das so aus: „Für mich und für viele andere ist das Tanzen das Leben. Das habe ich einfach in Kauf genommen ohne nachzudenken.“

Permanent wurde Laura nach eigenen Angaben gegängelt, selbst im Urlaub kamen Nachrichten, was sie an dem Tag gegessen habe (liegen EXPRESS vor). Laura kapselte sich immer mehr ab, berichtet aber weitere Vorfälle bei den Rheinveilchen.

„Obwohl wir nichts verdienen und nebenbei noch Jobs machen, durften wir nur zehn Tage Urlaub im Jahr anmelden. Wer sich nicht daran gehalten hat, musste mit Konsequenzen rechnen.“

Kölner Karneval: „Aus Angst nichts gegessen“

Wie für viele andere Kolleginnen habe ein Privatleben neben dem Tanzen und dem Beruf nicht mehr stattgefunden. Doch damit nicht genug: Auch Verletzungen wurden Laura zufolge nicht gerne gesehen und ein Druck aufgebaut, schnellstmöglich wieder ins Training und auf die Bühne zurückzukehren.

„Ich hatte einen Bänderriss und sollte nach fünf Tagen wieder tanzen.“ Letztlich legte ein Mediziner sein Veto ein. Er bestätigt diese Vorwürfe gegenüber EXPRESS. Auch liegen EXPRESS mehrere schriftliche Bestätigungen vor, dass Lauras Geschichte kein Einzelfall ist. 

Magersucht, Psycho-Druck und Mobbing lauten die Vorwürfe. Dabei im Visier: Tanztrainer Gottfried Löhr, der seit 40 Jahren auf den Kölner Bühnen unterwegs ist. „Da ist überhaupt nichts dran“, winkt er im EXPRESS-Gespräch ab.

Rheinveilchen-Trainer: Skispringer sind auch magersüchtig

„Laura ist enttäuscht. Ihre Beurlaubung hatte mit mehreren Verfehlungen zu tun.“ Welche, möchte er nicht sagen. Löhr legt in Sachen Magersucht nach: „Es berichtet ja auch niemand darüber, dass Skispringer magersüchtig sind.“

Dass sein Verein bezüglich Wiege-Kontrolle, Urlaubstage und Psycho-Druck bei Verletzungen so in der Kritik steht, kann er nicht nachvollziehen. „Ich kann mich nirgendwo bewerben und mich hinterher über die Arbeitszeiten beschweren. So eine Tanzgruppe muss man schon strenger führen.“

Löhr sagt: „Die Mädchen haben nichts unterschrieben. Wenn sie möchten, können sie gehen.“

Dass insbesondere bei 17- bis 18-jährigen Mädchen in Sachen Psyche und Magersucht unwiederbringliche Schäden entstehen, verneint er. „Es muss ja keiner tanzen.“

Laura hat auf EXPRESS-Nachfrage und langem Überlegen ihr Schicksal nun öffentlich gemacht. Sie sagt geknickt: „Als ich den Mund aufgemacht habe und andere in der Gruppe etwas sagen wollten, hieß es, sie sollten die Fresse halten, ansonsten könnten sie auch mitgehen.“

Kölner Karneval: Nicht überall herrscht Psycho-Druck

Eines ist ihr wichtig: „Man kann nicht sagen, dass diese Verhältnisse generell im Karneval herrschen. Es gibt auch viele Gruppen, bei denen es anders läuft.“ Und auch diese werden bejubelt. Jetzt will sie aber erstmals Abstand gewinnen von ihrem Tanz-Albtraum.

„Den Tänzerinnen und Tänzern in der Gruppe wünsche ich alles Gute. Sie sind eine tolle, verschworene Gemeinschaft.“