„Wir sind am A...“Bei Köln-Talk: Top-Gastronom geht Lauterbach live an

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Prof. Dr. Karl Lauterbach am Montagabend (4. Januar) beim Köln-Talk „Loss mer schwade”.

von Markus Krücken (krue)

Köln – Der Lockdown und seine Folgen für die Psyche und die Finanzen. Immer mehr Menschen plagen Existenzängste, pünktlich in der dunklen Jahreszeit.

Dementsprechend emotional verlief auch die Diskussion beim Köln-Talk „Loss mer schwade” am Montagabend (4. Januar).

Denn der bunte Mix aus Gästen verschiedener betroffener Sparten sorgte bei Moderator JP Weber für kontroverse Meinungen.

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Mit Alexander Manek war ein stadtbekannter Gastronom zugeschaltet, der seinen Gefühlen und seinem Frust über die derzeitige Lage der Branche freien Lauf ließ.

„Wir gehen alle am Stock, das Geld muss kommen. Gestern wurde die Miete bezahlt, wir sind im Arsch, uns steht es bis zum Hals, es gibt immer nur Versprechungen“, so der Inhaber des Haus Unkelbach.

Und weiter: „Ganz Deutschland denkt ja, die Gastronomen schwimmen im Geld, aber das ist nicht so, wir haben Existenzängste. Wir liegen seit acht Wochen wach, ich habe einen Kredit aufgenommen und davon meine Löhne bezahlt. Es ist zum Kotzen, wir fühlen uns alleingelassen.“

Er fragte Politiker Prof Dr. Karl Lauterbach direkt: „Wir sind tausende Gastronomen in Köln. Wann dürfen wir denn aufmachen? Wie sollen wir uns vorbereiten? Arbeitet die Regierung an einem Plan, wann das ist? Gibt es eine Strategie, wie wir vorzugehen haben? Oder müssen wir jeden Tag in den EXPRESS gucken, wie ist die Zahl? Wir brauchen Planungssicherheit und Geld.“

Karl Lauterbach nennt Ziel-Zahl für Lockerungen

Der SPD-Gesundheitsexperte redete nicht um den heißen Brei herum. Er bedauerte, dass von mancher politischer Seite den Wirten im Sommer unnötig Hoffnung gemacht worden sei und sagte: „25, bei diesem Inzidenzwert wäre wieder ein viel normaleres Leben möglich, gleichzeitig müssen wir so viel wie möglich impfen, das müsste die Strategie sein.

Wenn wir die 25 nicht unterschritten haben, werden wir die Gastronomie nicht öffnen. Wer Ihnen was anderes verspricht, der verspricht Unwahres.“

Harte, aber klare Worte des im Belgischen Viertel wohnhaften Kölner Epidemiologen. Lauterbach weiter: „Man findet auch Außenseiter, die es anders sehen wie Herr Streeck, aber die haben nicht den Einfluss. Je schneller wir den Leuten reinen Wein einschenken und die Zahlen drastisch reduzieren, umso schneller sind wir an dem Punkt, an dem wir wieder öffnen können.

Aber wenn es ein Hin und Her ist, mal auf, mal zu, dann bleibt die Gastro lange Zeit zu. Das muss man ehrlicherweise einräumen. Genau wie die Events. Wir können das nicht riskieren, diese gefährlichen Virus-Variationen zu bekommen.  Wenn das Ziel erreicht wäre, sollten wir aus dem Lockdown rausgehen, vorher nicht.“

Trübe Aussichten genauso für die Eventbranche, die Kölnticket-Geschäftsführer Johannes Müller in der Live-Runde verkörperte.

Der Familienvater stimmte in der Debatte nachdenkliche Töne an: „Es war ein Versagen der Kirche und Politik, dass Menschen alleine in Pflegeheimen sterben mussten. Man hätte sich rechtzeitig den Kopf machen müssen. Es möge jeder für sich überlegen, was das bedeutet.“

Pfarrer erinnert an die Situation der Flüchtlinge

Auch Pfarrer Hans Mörtter von der Lutherkirche aus der Südstadt brachte die Runde und die Zuschauer an den Screens ins Grübeln, als er den Blick über den Tellerrand hinauslenkte.

Und zwar, indem er schilderte, was er neulich auf der Flüchtlingsinsel Moria zur Corona-Zeit erlebte: „Dass Europa, dass Deutschland so ein Elend zulässt, lässt mich schreien. Das muss sich ändern. Wenn es um uns geht, sind wir hellwach. Aber was ist mit den Geflüchteten, die sind ja abgelegt. Das Problem ist erledigt, das ist zum Kacken.“