In Köln an jeder EckeNetto kassiert Shitform: Empörung über Plastikfrei-Werbung

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Die Netto-Plakate sind derzeit an vielen Stellen in Köln zu sehen.

von Thomas Werner (tw)

Köln – Eigentlich ist das Thema, für das der Discounter „Netto" aktuell in Köln und anderen Städten auf großen Plakaten wirbt, ein wichtiges: Kunden sollen animiert werden, Obst und Gemüse ohne Verpackung zu kaufen, um Plastik zu sparen. Deswegen werden Äpfel, Bananen, Brokkoli und Co. nun auch unverpackt angeboten. In Zeiten von plastik-verschmutzten Weltmeeren ein wichtiges (und von vielen Kunden gefordertes) Zeichen in Sachen Umwelt!

Plakate von Netto: Nackte Frauen in der Werbung sorgen für Kritik

Doch die Art und Weise, wie der Konzern mit Sitz in Bayern (2018 ca. 11,8 Mrd. Euro Umsatz) das Thema bewirbt, stößt nun vielerorts auf Kritik. Denn die Plakate, die mittlerweile auch in Köln an jeder Ecke zu finden sind, sorgen für Zoff. Und haben im Netz schon einen regelrechten „Shitstorm" ausgelöst.

Meist zu sehen: eine nackte Frau, die sich Äpfel vor die Brüste hält und süfffisant in die Kamera lächelt. Dazu die Zeile: „Nackte Tatsachen: Wir haben unverpacktes Obst und Gemüse." Eine andere Frau absolviert die gleiche Übung mit Gemüse. Auch Plakate mit nackten Männern sind zu sehen, allerdings seltener.

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Werbung von Netto sexistisch? Viele denken so

Und jetzt wird diskutiert: Ist das sexistisch? Ja, meinen zum Beispiel viele Frauenrechtler und -rechtlerinnen. Die Frauenrechtsorganisation „Terre des Femmes" definiert frauenfeindliche Werbung unter anderem wie folgt: „Das sexualisierte Darstellen der Frau oder Reduzierung auf bestimmte Körperteile hat keinen Zusammenhang mit dem Produkt und dient nur als Blickfang."

Heißt übersetzt: Werbung, die Frauen in Unterwäsche zeigt, sei in Ordnung, wenn es im Zusammenhang mit dem Produkt steht (z.B. bei Unterwäsche-Werbung). Bei Werbung für plastikfreies Einkaufen liege eher der Verdacht nah, es handele sich um Reklame der Art „Sex sells", da mit der Nacktheit nur Aufmerksamkeit erregt werden soll.

Kritik an Werbung von Netto: Sexistisch und diskriminierend?

Ähnlich sehen es offenbar viele Bürger, die sich in den sozialen Netzwerken an Netto ( Ekel-Video aufgetaucht! Maus flitzt durch Essener Netto – was der Discounter dazu sagt – hier lesen Sie mehr) wenden. „Die Plakate zur Unverpackt-Kampagne sind wirklich daneben, nicht zeitgemäß und im Rahmen der Gleichberechtigung unfassbar", schreibt ein Mann bei Facebook. „Hättet Ihr geschrieben, wie viele Tonnen Plastikmüll pro Jahr durch Euer unverpacktes Obst und Gemüse eingespart werden, das wäre sexy gewesen, aber dieses Plakat ist diskriminierend", echauffiert sich eine Frau.

Der Fall ist nicht der erste seiner Art. Erst kürzlich hatte ein Fleischhändler aus Pulheim mit einem Spruch auf einem Plakat eine Sexismus-Debatte ausgelöst (hier mehr lesen). Auch das Füchschen-Plakat in Düsseldorf hatte für eine hitzige Debatte gesorgt. (hier mehr lesen).

Kritik an Netto-Plakaten: Der Discounter reagiert

Der Discounter reagiert auf die Kritik im Netz mit einer Standard-Antwort: „Schade, dass euch unsere Kampagne nicht überzeugt. Gern erklären wir aber was dahinter steckt: Wir setzen uns in unserem Sortiment nachhaltig für Plastikreduktion ein." Dann wird die Aktion weiter erklärt. Zu wenig für viele Kunden, einige kündigen an, den Werberat einzuschalten.

Gegenüber der „Westfalenpost" äußerte sich eine Pressereferentin von „Netto" wie folgt: „Die Posen der Models sind bewusst humorvoll inszeniert mit einer positiven Wortwahl." 

In der Tat gibt es auch viele Stimmen, die den Kritikern kleinkarierte oder altmodische Sichtweisen vorwerfen und die Werbung gutheißen. „Ich finde die Werbung geil und lustig", schreibt ein Facebook-User. Welche Sichtweise die richtige ist, muss letztlich jeder für sich entscheiden: Fest steht: Ob gewollt oder nicht – mit der öffentlichen Debatte hat die „Netto"-Werbung definitiv die Aufmerksamkeit bekommen, die die Planer beabsichtigt hatten.