„Dürfen hier nur Gesunde einkaufen?“Nach Rausschmiss: Kölner mit Vorwürfen gegen Ikea

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Im Ikea am Butzweilerhof ist es zur Auseinandersetzung zwischen Ikea-Personal und einem blinden Kölner gekommen. 

von Madeline Jäger (mj)

Köln – „Es kann ja nicht sein, dass nur Gesunde bei Ikea einkaufen dürfen oder?“, sagt Georg S.. Nach einem schweren Unfall lag der Kölner lange im Koma. Er wachte zwar wieder auf, ist aber mittlerweile seit drei Jahren auf beiden Augen blind und gehbehindert. 

Deswegen hat sein Hausarzt Georg S. von der Maskenpflicht freigestellt. Die Maske würde seine anderen Sinne, die er als Blinder zur Orientierung dringend braucht, zu sehr einschränken, so die Entscheidung des Arztes.

Zusätzlich zu seinem Schwerbehindertenausweis trägt er daher immer das Attest bei sich, das ihn offiziell von der Maskenpflicht befreit. Doch bei Ikea am Butzweilerhof gab es damit gewaltige Probleme.

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Ikea: Mitarbeiterin schmeißt blinden Kölner raus

Gemeinsam mit seiner Pflegerin wollte Georg S. am 7. September gegen 10 Uhr bei Ikea Möbel einkaufen. Die Pflegerin trug ein Kunststoff-Visier, der Kölner – wie immer – nichts.

Über eine Stunde passierte nichts, bis eine Ikea-Verkäuferin im ersten Stock die beiden plötzlich ansprach und auf die hier geltende Maskenpflicht aufmerksam machte. Auch die Pflegerin solle zusätzlich besser eine Maske tragen, dem kam sie nach.  

Kölner klärt Ikea-Mitarbeiterin über Behinderung auf

„Ich erklärte der Frau, dass ich keine Maske tragen muss und zeigte mein Attest vor. Dann sollten wir mit ihr zur Information gehen, wo man das besprechen wollte“, so S..

Dort soll eine „ziemlich aggressive, barsche und voreingenommene Frau“ auf die beiden zugekommen sein. Das gehe ja gar nicht, hier ohne Maske herumzulaufen, habe sie gesagt, behauptet S. weiter.

Der Kölner habe sie auf sein Attest hingewiesen, woraufhin die Ikea-Mitarbeitern gesagt haben soll: „So etwas gibt es überhaupt gar nicht!“

S. erklärte ihr seine Behinderungen und insbesondere die Blindheit. Woraufhin die Mitarbeiterin die Empfehlung ausgesprochen haben soll, erzählt S. weiter,  dass er doch von zu Hause aus einkaufen könne. Dann eskalierte die Situation.

Blinder Kölner kocht vor Wut: „Diese Frau habe ich gefressen“

„Einem blinden Mensch zu sagen, dass er doch online einkaufen gehen soll – unmöglich. Diese Frau habe ich gefressen“, so Georg S.

„Auch wenn ich nichts sehen kann, gilt das ja nicht für meine Gäste. Mir ist es wichtig, dass ich die Möbel vor dem Kauf wenigstens einmal anfassen kann“, erklärt Georg S. gegenüber EXPRESS seine Beweggründe.

Auf EXPRESS-Anfrage äußert sich Ikea deutlich zur Maskenpflicht: „Tatsächlich haben wir uns die Entscheidung, unsere Haltung zur 'Maskenpflicht' zu ändern, nicht einfach gemacht. Wir sind uns bewusst, dass wir Menschen, die ärztlicherseits vom Tragen einer Maske freigestellt sind, damit eventuell auch verärgern“, erklärt Ikea-Sprecherin Katharina Linnepe. Damit wolle man niemanden diskriminieren.

Ikea setzt Maskenpflicht in allen Häusern konsequent durch

„Um die Gesundheit unserer Kunden und Mitarbeitenden bestmöglich zu schützen, haben wir uns entschieden, das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes beim Besuch eines Ikea-Einrichtungshauses für alle Kunden bis auf weiteres verpflichtend zu machen. Dies gilt, auch für den Fall, dass ein ärztliches Attest vorliegt“, so die Sprecherin.

„Um dies auch für Kunden mit vorliegendem Attest so angenehm wie möglich zu gestalten, akzeptieren wir auch Schal, Tuch oder Rollkragenpullover als Schutz“, erklärt die Sprecherin abschließend. 

Ob in der KVB oder im Supermarkt – bislang gab es laut Georg S. in Köln überhaupt keine Probleme damit, dass er sich regelmäßig ohne Maske in Geschäfte begibt. 

„Klar gibt es Nachfragen. Zuletzt von einem kleinen Mädchen in der Straßenbahn. Doch ich erkläre dann einfach, wieso es mir nicht möglich ist, die Maske zu tragen und dann versteht das normalerweise jeder“, so der Kölner.

Kölner verärgert über Ikea-Sicherheitsdienst

Doch die Form der Kommunikation scheint bei Ikea am Butzweilerhof beidseitig gründlich schiefgegangen zu sein.

„Der Sicherheitsdienst hat mich grob gepackt. Als ich mit meiner Pflegerin das Gebäude verlassen habe, hat das Sicherheitspersonal uns weiter verfolgt und die Polizei gerufen“, so S. irritiert.

Polizei Köln ermittelt wegen Beleidigung und Ordnungswidrigkeit

Das Ergebnis ist eine Anzeige des Sicherheitspersonals gegen Georg S. und ein Polizei-Einsatz bei Ikea. „Wir ermitteln wegen Beleidigung und einer Ordnungswidrigkeit“, erklärt ein Polizei-Sprecher auf EXPRESS-Nachfrage.

Georg S. wünscht sich bis heute eine Entschuldigung des Möbel-Giganten.