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Pro & Contra LehrerHomeschooling im Rheinland: Vater rastet aus

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In vielen Familien herrscht wegen des Homeschoolings viel Stress. Unser Symbolbild stammt aus dem April dieses Jahres.

von Bastian Ebel (bas)Jan Wördenweber (jan)

Köln – Homeschooling! Die Corona-Krise und der neuerliche Lockdown machen es also wieder nötig, dass Kinder zu Hause unterrichtet werden. „Die Schulen haben nichts gelernt“ meint unser Autor, der mit seiner Tochter (15) von zu Hause aus arbeitet. Ein Erfahrungsbericht vom ersten Tag des neuen Lockdowns – und die Antwort eines Kollegen, der die Mehrheit der Lehrer in Schutz nimmt.

Homeschooling: Erfahrungsbericht eines Vaters

Schicken wir eine Sache vorweg: Bewusst nenne ich die Schule irgendwo im Kölner Umland nicht. Man kann sich ja immer noch verbessern. Auch in Noten. Von „ungenügend“ nach „ausreichend“ wäre ja schon mal was...

Homeschooling: Lehrer erscheinen einfach nicht

Es ist Montagmorgen, 8 Uhr. Wie wir sehen, sehen wir nichts: Meine Tochter hat ihren Computer hochgefahren. Eigentlich wäre jetzt eine Doppelstunde Politik dran. Doch der Lehrer hat sich vorbehalten, einfach keine Aufgaben in die „Teams“-Konferenz einzustellen. Im Gegenteil: Er hat sich einfach übers Wochenende gar nicht gemeldet. Politik fällt mangels Lehrer und Aufgaben aus.

Homeschooling: 30 Minuten wirkliche „Arbeit“

Puh, ein Glück ist die Englisch-Lehrerin wenigstens anwesend, die um 10 Uhr mit ihrer Stunde beginnt. Doch, Hilfe: Wie zum Teufel komme ich als Lehrer mit dem Computerprogramm zurecht? Eine Frage, die sich über Minuten hinzieht, ehe die eigentlich anberaumte Doppelstunde nach 30 Minuten endet. Well done!

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EXPRESS-Redakteur Bastian Ebel

Nach so viel „Schuften“ für die Schüler wäre doch eigentlich Pause angesagt. Nix da, denn jetzt ist Feierabend. Wie bitte?

Denn auch die Deutsch-Lehrerin in der fünften und sechsten Stunde hat sich ebenfalls vorbehalten, weder eine Aufgabe bei Teams einzustellen noch darüber zu informieren.

Homeschooling: Fazit ist beschämend

Fazit des ersten Schultags: Eine halbe Stunde Arbeit, zwei von drei Lehrer haben es noch nicht einmal für nötig gehalten, die Kinder zu informieren.

Da sitzt er nun, der Homeschooling-Papa - und ist mit dem Latein am Ende. Ungläubig sieht mich das „Pubertier“ gegenüber an. Besonders strebsam ist sie nicht. Aber in diesen Sekunden merkt selbst sie, dass der Tag mit „Unterricht“ nicht viel am Hut hatte. „Papa, da läuft was schief, oder?“

Ja, da läuft gewaltig etwas schief.  

Bislang hatte ich sehr viel Verständnis für Lehrer und Schulen in der Krise. Dieses exemplarische Beispiel ist aber leider kein Einzelfall, wie der Kumpel mir am Telefon berichtet.

Gleich stellen sich mir ein paar Fragen: Wie kann man sich als Lehrperson einfach nicht melden? Hätten Pläne für einen digitalen Unterricht über die Sommermonate nicht schon längst in jeder Schule in der Schublade liegen müssen, sodass man bei Bedarf „umstellen“ kann? Hatte man nicht drei Tage Zeit, sich der Situation zu stellen? Weiß man als Pädagoge um seine Vorbildfunktion?

Stellen wir klar: Jeder macht seinen Job, so gut es geht. Aber was, wenn man als normaler Arbeitnehmer einfach nicht am Arbeitsplatz erscheint? Wer darf sich so etwas leisten in der freien Wirtschaft?

Schade, wenn sehr viel Verständnis in Unverständnis endet. Vielen anderen Eltern und Schülern in Nordrhein-Westfalen ist wirklich zu wünschen, dass es im Sinne der Zukunft unserer Gesellschaft besser klappt mit „Homeschooling“.

Lehrer geben Armutszeugnis ab

Denn was in meinem Beispiel gelaufen ist, ist ein desolates Zeugnis für Schule – und auch für Lehrkräfte. Vielleicht sollte man das Wort „schämen“ nicht allzu oft benutzen. Es trifft aber genau meine Gefühle, wenn ich an dieses Armutszeugnis denke, was einzelne Lehrer hier abgegeben haben. Was bleibt, ist die Hoffnung. Es kann nur besser werden.

Wenn in der Schule nix läuft: Erfahrungen eines Lehrerkinds 

Der Frust und die Wut des Kollegen auf das Versagen des Homeschoolings bei seiner Tochter ist absolut nachvollziehbar. Bei den Schilderungen werden auch viele Lehrer fassungslos den Kopf schütteln. Das weiß ich aus eigener Erfahrung – denn ich bin Lehrerkind.

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EXPRESS-Redakteur Jan Wördenweber kennt die Herausforderungen und Probleme vieler Lehrer.

Aufgewachsen mit Mutter und Vater, die beide für den Lehrerjob brannten. So sehr, dass der Vater eines Tages ausgebrannt war und nicht mehr konnte.

Schon damals hörte ich die Wut auf egoistische Kollegen und Schulschwänzer. Solche, die auffallend oft nur freitags und montags „krank“ waren. Oder solche, die den Beruf offenbar nur aufgrund des Beamtenstatus' oder der Vielzahl an Urlaubstagen gewählt hatten – im Schulalttag aber für Lehrer wie Schüler nur eine Belastung waren.

Lehrer, die für den Beruf nicht gemacht sind

Diese Lehrer-Spezies kennt sicher jeder von uns, wenn wir uns an unsere eigene Schulzeit erinnern. Zum Beispiel der Musikpädagoge, der einfach für 45 Minuten eine Videokassette reinlegte. Und das in der nächsten Stunde wiederholte. Und wieder.

Corona: Enorme Mehrbelastung für die Lehrer

Zur Wahrheit gehört aber auch, dass es solche und solche gibt. Wie in jedem Beruf. Die Unwilligen und Faulen sind in dieser Krise nicht zu gebrauchen, und andere Lehrkörper scheinen ihr ganz einfach nicht gewachsen.

Und dann gibt es zum Glück die große Mehrheit in den Kollegien, denen die Schüler eben nicht egal sind. Im Gegenteil. Auch das bekomme ich aus nächster Nähe mit: Grundschullehrer etwa, die zweigleisig planen: Für die Kinder, die noch im Präsenzunterricht sind und für die, die zu Hause bleiben. Arbeitszettel und Aufgaben werden per Email verschickt.

Für Eltern, die keinen Computer haben, werden sie in Form eines Päckchens vorbereitet. Diese werden von Eltern am Schultor abgeholt. Nicht selten fahren die Lehrer vor dem Unterricht aber selbst bei Eltern vorbei, die nicht mobil sind. Hinzu kommen unzählige Telefonate und Emails mit der Schulleitung, Kollegen und Eltern. Auch Video-Chats mit den Schülern in der Freizeit, denn der Austausch ist gerade für Kinder immens wichtig.

Corona zeigt die Schwächen im Bildungssystem

Sich stets auf neue Entscheidungen der Kultusministerin um- und einzustellen, erfordert viel Kraft. Diese Corona-Pandemie verlangt engagierten Lehrern viel ab. Und sie legt schonungslos offen, wie das Bildungssystem den Anschluss an die Gegenwart verpasst hat. Noch immer gibt es auch in Köln und Umgebung an vielen Schulen keine Lehrer-Laptops oder Leihgeräte für Schüler.

Vor ein paar Wochen bekamen Lehrer an einer Schule im Umland immerhin schon mal eigene E-Mail-Adressen. Dafür will sich doch keine Kultusministerin feiern lassen, oder Frau Gebauer?