Mit „Rambo“-MesserGrausame Details: Frank S. beschreibt Attentat auf Henriette Reker

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Messerstecher Frank S. (Mitte) mit seinen Anwälten Misere und Marten

Düsseldorf – Warum rammte Frank S. (44) der damaligen Kölner Sozialdezernentin Henriette Reker (59) bei einer Wahlkampfveranstaltung ein Jagdmesser in den Hals?

Der arbeitslose Kölner muss sich vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf (Staatsschutz-Senat) wegen versuchten Mordes verantworten. Nachdem er beim ersten Prozesstag ausführlich seinen Lebenslauf beschrieb, wollte sich der Angeklagte am Freitag zum Ablauf seines Attentats am 17. Oktober 2015 äußern. Einen gezielten Mordversuch bestritt der 44-Jährige.

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Die Vorsitzende Richterin Barbara Havliza

Auf Befragung des psychiatrischen Gutachters sagte der Angeklagte, die politische Situation in Deutschland habe ihn deprimiert. Mehr wollte er dazu zunächst nicht sagen, da es mit dem Motiv des Attentats zusammenhängt. Dies zu beschreiben sei „relativ komplex“, daher wollte er sich dazu erst später äußern. Schildern wolle Frank S. heute nur den Tattag, vom Aufstehen bis zur Festnahme.

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Am Abend vor dem Attentat habe er sich die Wahlkampftermine von Henriette Reker aus dem Internet ausgedruckt. Ziel: „Dass ich dann da hinfahre und die Tat begehe.“ Er habe sich alle aufgeschrieben, um sich den Ort des Attentats offen zu lassen. „Hätte es beim ersten Termin nicht geklappt, hätte ich den nächsten genommen.“

Frank S. ist „Rambo“-Fan

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Der Angeklagte Frank S. (r.) und sein Anwalt Christof Misere

Erst habe er nur das kleine Butterfly-Messer als Tatwaffe in Betracht gezogen. Doch es sollte „martialisch aussehen und etwas theatralisch“, daher habe er zu seinem Rambo-Messer gegriffen. „Das war stumpf, da könnte man nicht mal eine Tomate mit schneiden. Das ist kein Mord-Instrument!“, behauptete der Angeklagte tatsächlich.

Gekauft habe er das Messer, weil er seit seiner Jugend ein großer Fan der Filmfigur „Rambo“ war, verkörpert von Sylvester Stallone. Mit dem Messer wollte er eine Abschreckung erzielen.

Für den nächsten Morgen habe er sich den Wecker gestellt. Gut geschlafen habe er nicht, „wenn man weiß, dass man wohl nie mehr in seine Wohnung zurückkehrt.“ Er habe auch nicht gewusst, ob er sich zur Tat überwinden könnte. „Das war eine grausame Sache, aber ich habe ja noch „einen gesunden Menschenverstand“, meinte Frank S. „Das war ja auch eine Frau, da hatte ich doppelte Hemmungen“, so der Angeklagte weiter.

Gegen sechs Uhr sei er am Morgen des Tattags aufgestanden. Er zog eine weite Latzhose an, befestigte dort eine Lederscheide für das Jagdmesser. Auch das Butterfly-Messer steckte er ein.

Mit Bier für das Attentat „enthemmt“

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Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker

Er habe zuhause noch ein Bier getrunken, ein 0,5-Liter-Flasche Reissdorf Kölsch, zwei weitere kaufte er sich gegen 7.20 Uhr an einer Tankstelle. „War das ein Standardfrühstück für Sie?“, fragte Richterin Barbara Havliza. „Nein, ich wollte mich nur für die Tat enthemmen“, war die Antwort.

Dann sei er in die Straßenbahn gestiegen und zum Rudolfplatz gefahren. In der Bahn habe er noch ein Bier getrunken. Im Supermarkt habe er noch Geld gewechselt, um eine Fahrkarte zu kaufen. Dann sei er nach Braunsfeld weitergefahren. Er habe den Wahlkampfort gesucht, dabei das dritte Bier getrunken. Nebenbei habe er noch beobachtet, wie ein Dunkelhäutiger ein „deutsches Mädchen“ belästigt habe.

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Der neue Aufkleber auf Frank S. Aktenordner verweist auf Artikel 5 des Grundgesetzes: „Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten. (...) Eine Zensur findet nicht statt.“

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Verstörendes Detail vom Prozessauftakt: Auf dem Ordner von Frank S. klebte eine Postkarte mit der Aufschrift „Ich hasse Sandburgen“.

Frank S. echauffierte sich darüber, dass Reker einen „Schickeria-Wahlkampf“ gemacht habe. In Problemviertel wie Ostheim sei sie nie gegangen. Schließlich habe er den Wochenmarkt gefunden, auf dem Reker auftreten sollte. Von weitem habe er schon die grünen Wahlkampfschirme gesehen.

Er habe dann die OB-Kandidatin erkannt. „Jetzt wird es spannend“, meinte der Angeklagte im Gerichtssaal.

Er beobachtete Reker zunächst, dann sei er direkt auf sie zugegangen. „Es war eine extreme Überwindung“, sagte Frank S. Er hätte seine Motive vor Augen gehabt, nur daran gedacht. „Alles was ich jetzt sage, wird zu hundert Prozent die Wahrheit sein“, meinte der Angeklagte.

„Ich wollte ein Zeichen setzen“

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Der Angeklagte Frank S. (r.) und sein Anwalt Christof Misere

Frank S. stand nun im Gerichtssaal auf, streckte seinen Arm aus und stellte so den Messerangriff nach. „Ich bin da hingegangen, zack, Messer weg und die Sache war für mich erledigt“, sagte er. So einfach sei das gewesen...

Zuvor habe er Henriette Reker nach einer Rose gefragt, die sie an dem Tag verteilt hatte. Um Zeit zu überbrücken. Als Reker ihm die Blume gab, griff er zum Messer.

„Sie haben direkt auf den Hals zugestochen?“, fragte die Richterin. Das verneinte der Attentäter. „Ich habe mir keine Gedanken darüber gemacht, wo ich treffe, ich wollte ja nur ein Zeichen setzen“, meinte Frank S..

Mit dieser Aussage verneinte der Attentäter einen gezielten Mordversuch.

Frank S. bestreitet gezielten Mordversuch

Braunsfeld Reker Attentat

Die damalige OB-Kandidatin Henriette Reker wurde einen Tag vor der Wahl auf dem Wochenmarkt in Köln-Braunsfeld niedergestochen.

Immer wieder betonte Frank S., er habe nach dem Angriff auf Reker „zack, zack“ das Messer weggeworfen. Danach habe er zum Butterfly-Messer gegriffen. Aber nur, weil nach dem Attentat so viele Menschen auf ihn zustürmten. „Ich wollte nicht gelyncht werden, wollte mir die Leute vom Hals halten“, sagte er. Aktiv verletzen habe er von den Zeugen niemanden wollen.

Tat er aber. Einer Wahlkampfhelferin hatte er in den Unterleib gestochen.

Laut Akte wurde der Attentäter von einem Taxifahrer gestoppt. Über den Mann, der mit einer Fahnenstange auf ihn einschlug, sagte der Angeklagte: „Der wollte sich als Supermann darstellen.“ Darüber ärgere er sich. Zeugen hatten berichtet, dass der Attentäter erst nach Einschreiten des Zeugen sein Messer fallen sich. Dem widersprach der Angeklagte.

Verteidiger Misere deutete an, Aussagen bei der Polizei seien ausgeschmückt worden. „Von einer leichten Alustange, die man mir auf den Arm haut, hätte ich mich sicher nicht abhalten lassen“, meinte Frank S.. Dann erhob er seine Stimme: „Ich steche doch nicht aus lauter Mordlust auf Menschen ein!“

Richterin bügelt Anwalt ab

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Der Verteidiger des Angeklagten Frank S., Christof Misere

Die Richterin fragte nach Größe und Gewicht (1,86 Meter, 93 Kilo) des Attentäters und stellte dies in Relation zu Henriette Reker. Frank S. hatte nämlich einen geraden Stich nach vorne beschrieben, er hatte aber nach oben zielen müssen, um Rekers Hals zu treffen.

Als Anwalt Jasper Marten eine Gegenüberstellung von Frank S. mit Henriette Reker im Gerichtssaal anregte, wurde Richterin Havliza ungehalten: „Wenn eines hier nicht passieren wird, dann, dass sich der Angeklagte Frau Reker gegenüberstellt!“

Später relativierte Marten seine Anregung. Er habe nicht von Reker, sondern von einer Person mit gleichen Körpermaßen gesprochen.

Bereits zuvor hatte die Richterin den zweiten Verteidiger Christof Misere zurechtgewiesen, als er sie während der Befragung von Frank S. unterbrach: „Herr Dr. Misere, wir können zusammen singen, aber reden kann nur einer.“ Barbara Haviliza zeigte damit deutlich, wer beim Prozess die Chefin im Ring ist.

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