Hauptbahnhof nach KalkMehr als eine Vision: Star-Architekt denkt Köln neu – und schön

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Ungewohnt grün: Der Blick von der Hohenzollernbrücke auf den Dom

von Jan Wördenweber (jan)

Köln – „Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen.“ Der berühmten Empfehlung von Altkanzler Helmut Schmidt (†) folgen Star-Architekt Paul Böhm und ein 20-köpfiges Experten-Team kein bisschen. Im Gegenteil: Sie gehen mit ihrem Aufsehen erregenden Plan von einem neuen Köln in die Öffentlichkeit. Erstmals 2019 präsentiert, stellte Böhm am Freitag, 28. Mai, weitere Details vor.

  • Neue Mitte Köln: Vision für neue Innenstadt
  • Paul Böhm: Jetzt Machbarkeitsstudie
  • Hauptbahnhof Köln nach Kalk

Es ist ein milliardenschweres Vorhaben, das der berühmte Kölner Architekt (Moschee Ehrenfeld) mit seinem Team verfolgt. Eines, das Köln und den Kölnern zugutekommt, das Köln zukunftsfähig(er) machen soll. Verkehrswende, Wohnungsbau ohne Freiflächen zu verbrauchen, mehr Grün und mehr Aufenthaltsqualität in der Innenstadt – all dies sei möglich, wenn man etwas wagt.

Neue Mitte: Architekt Paul Böhm denkt Köln neu

Im Mittelpunkt dabei: Der Schienenverkehr. Dieser müsse neu gedacht werden, so Böhm über die „Neue Mitte Köln“. Hier die wesentlichen Punkte:

Der Kölner Hauptbahnhof wird ins Rechtsrheinische verlegt: Dieser soll in Kalk auf einem existierenden Bahngelände als Fernbahnhof genutzt werden. Aus dem derzeitigen Hauptbahnhof würde der „Regionalbahnhof Tief“. S-Bahnen und Regionalbahnen verkehren komplett im Untergrund. Ein Güterbahnhof soll dagegen vor den Toren Kölns im Braunkohlerevier gebaut werden.

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Nach dem Umbau soll der einstige Hauptbahnhof dann Mittelpunkt der neuen Mitte Kölns werden. Die Bahngleise werden für Erholung, Grün und Kultur genutzt.

„Der Fernverkehr läuft überwiegend rechtsrheinisch“, argumentiert Böhm. Die Vorteile lägen auf der Hand: Zeiteinsparungen im Reiseverkehr, Optimierung der Reiseketten in Deutschland – das Nadelöhr am Dom war sehr störanfällig. Zudem ist die Erreichbarkeit in Kalk durch den Zubringer (Zoobrücke) und die A3 ideal, mehr Flächen für Park & Ride und Taxen wären vorhanden als am Dom.

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Ein virtueller Blick vom Saturn-Hochhaus Richtung Dom: Dort, wo heute breite Eisenbahntrassen die Stadt zerschneiden, sind Fußgänger und Radfahrer unterwegs. Links deutet die Animation eine neue Wohnbebauung an.

Ein Güterbahnhof außerhalb von Köln mache daher Sinn, da Köln zumeist kein Zielort ist. Nach dem Ausstieg aus der Braunkohle könne gerade dort ein moderner Umschlagsplatz entstehen, mit Synergien, darunter Neuansiedlungen von Gewerbe und Industrie.

Köln: Neuer Hauptbahnhof in Kalk?

„Es gab bei unseren Überlegungen keine Denkverbote“, betont Böhm. Durch die Umverlegung des Schienenverkehrs könne die Stadtmitte zurückgewonnen werden, attraktive Flächen für Arbeit, Kultur und Wohnungen werden frei. Böhm spricht von einer „grünen Ader in der Stadt“, wenn er Visualisierungen von einer „Parkstadt Nord“, nordwestlich des Hansarings zeigt.

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In der so genannten Parkstadt könnten neue Formen von Wohnen, Arbeiten und Freizeit entstehen.

Durch eine Nutzung des Deutzer Felds könnten Kalk und Mülheim zusammenwachsen. Ehemalige Gleistrassen werden grüne Meilen. Böhm erinnert an Manhattan: Die über 2,3 Kilometer lange „High Line“ hat weite Areale in New York aufgewertet, auch in Paris gibt es Beispiele, Radschnellwege sind ebenso denkbar.

Damit nicht genug: Die Halle des Hauptbahnhofs könnte für Kultur-Veranstaltungen wie Konzerte genutzt werden, die begrünte Hohenzollernbrücke als Naherholungsgebiet mitten auf dem Rhein, auch ein Hotel wäre möglich, so Böhm.

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Grüne Brücke über den Hansaring: Bis zum Mediapark sollen die Züge unterirdisch fahren.

„Ich selbst werde das alles nicht mehr erleben“, sagt Böhm, der daher gerade mit jungen Kölnern in den Dialog treten will. 30 bis 50 Jahre könnte die Umsetzung dauern. OB Henriette Reker habe bislang offen und angetan reagiert.

Damit die Vision nicht eines Tages in der Schublade verschwindet, wird nun nicht nur ein gemeinnütziger Verein gegründet. Auch eine Petition wurde ins Leben gerufen.

Neue Mitte Köln: Paul Böhm fordert Machbarkeitsstudie 

Erstes Ziel: Die Stadt soll eine Machbarkeitsstudie auf den Weg bringen. Böhm versteht die Skeptiker, verweist aber auf andere Städte wie Wien, Sevilla oder Lille, die ebenfalls ihren Hauptbahnhof verlegt haben. Und wie hieß ein altes, selbstbewusstes Karnevalsmotto? „Köln kann sich mit allen messen…“