Fahrrad-Boom in KölnDie Profiteure der Corona-Krise: „Das haben wir noch nie erlebt”

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Das Fahrrad erlebt einen Boom in der Coronakrise. Das Symbolfoto wurde 2012 in einem Fahrradgeschäft in Hamburg aufgenommen.

von Volker Reinert (rein)

Köln – Zu Corona-Lockdown-Zeiten gab es noch Klopapier-Mangel. Nun ist es gar nicht mehr so einfach, schnell an ein neues Fahrrad ohne lange Wartezeiten zu kommen.

Seit der Corona-Pandemie boomen Fahrradläden und der Ansturm auf die Drahtesel hält unvermindert an: „Der Mai war der stärkste Monat, den die Branche jemals erlebt hat”, sagte David Eisenberger vom Zweirad-Industrie-Verband (ZIV) der Deutschen Presse-Agentur.

Eine Auswertung der Fahrradzählstationen in Köln bestätigt den Rad-Trend. So sind während der Corona-Krise mehr Menschen mit dem Rad unterwegs gewesen als noch im Vorjahr. In Köln wurden im Mai 2020 1,5 Millionen Radfahrer gezählt. Im Vergleich: Im Mai 2019 waren es „nur” etwas mehr als 1,1 Millionen.

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Und bereits im März und April, der Anfangszeit des Lockdowns, wurden 110.000 zusätzliche Radfahrer gezählt.

„RADius” in Köln-Nippes: „Wir haben gut zu tun”

Martin Schmitt (39), Fahrradmechaniker und Verkäufer im Fahrradfachhandel „RADius” in Köln-Nippes erklärt auf EXPRESS-Anfrage: „Die Fahrrad-Nachfrage ist weiterhin sehr hoch. Aktuell wird es zwar etwas weniger als noch vor einigen Wochen, aber dennoch bekommen wir stetig viele Anfragen.”

So sollten Wartezeiten definitiv mit einberechnet werden: „Wir haben gut zu tun. Zeitlich sind nicht alle Reparaturen direkt machbar.” So hätten Fahrrad-Hersteller und Händler auch mit einigen Engpässen und Verzögerungen der Fahrrad-Ersatzteile zu kämpfen.

Schmitt erklärt, dass sein Laden für etwa fünf Wochen schließen musste, als es zum Corona-Lockdown gekommen war: „Unsere Werkstatt durfte aber weiterhin offen bleiben.” Für den 39-Jährigen sind auch die Gründe für den Rad-Boom eindeutig: „Die Leute wollen weg von den öffentlichen Verkehrsmitteln und lieber an der frischen Luft sein.”

„Radfieber” im Belgischen Viertel: „Totaler Boom!”

Auch Marcel Jansen (50) – Inhaber des Fahrradgeschäfts „Radfieber” im Belgischen Viertel – bestätigt den anhaltenden Rad-Boom. Schon sein Opa hatte in den Niederlanden einen Fahrrad-Laden: „Uns gibt es schon seit 1995 in Köln. Wir sind ein richtiges Traditionsunternehmen, aber so eine Situation wie durch Corona haben wir auch noch nicht erlebt. Das ist ein totaler Boom!”

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Das Fahrradgeschäft „Radfieber” im Belgischen Viertel.

Jansen, der 15 Mitarbeiter beschäftigt, erzählt über den ersten Lockdown-Schock: „Am Anfang wussten wir ja gar nicht, was uns erwarten wird und ob ich Kurzarbeit anmelden muss.” Ab April durfte der 50-Jährige seinen Verkaufsladen wieder öffnen: „Und dann auf einmal die Kehrtwende auf Teufel komm' raus. Der Ansturm auf unsere Räder war gewaltig – und ist es bis heute. Zum Glück habe ich antizyklisch eingekauft, damit wir auch weiter gut ausliefern können.”

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Seit der Corona-Krise erfahren Fahrradläden eine starke Nachfrage.

Laut Jansen bekommen Fahrradladen-Besitzer Probleme beim Rad-Nachschub, wenn sie bis heute noch nicht für die kommende Fahrradsaison 2021 – die am 1. September startet – eingekauft haben: „Die Lieferketten sind teilweise nicht mehr vorhanden. Und auch in anderen Ländern steigen die Menschen um aufs Fahrrad. Da ist schon vieles weg und ausverkauft.”

„Rad Welle”: Fahrradfachhandel in Köln-Mülheim

Auch Said Sarhang (30), Inhaber des Fahrradladens „Rad Welle” in Köln-Mülheim, bestätigt den Trend: „Ganz am Anfang von Corona waren wir super stark frequentiert. Im Vergleich zu den letzten Jahren ist die Nachfrage enorm gestiegen.”

Für Sarhang ist die erhöhte Fahrrad-Nachfrage in Corona-Zeiten keine Überraschung: „Die Leute haben sich sich nun einmal andere Freizeitbeschäftigungen gesucht während des Lockdowns. Und der Urlaub fällt für viele Menschen ja in diesem Jahr auch flach. Da wird dann lieber in ein neues Bike investiert.”

Fahrrad-Boom: Bleibt der Trend bestehen?

Ob der positive Trend der steigenden Fahrradverkäufe bestehen bleibt, wird sich laut Fahrradverband ADFC NRW erst langfristig zeigen. Dennoch wird davon ausgegangen, dass „die Krise dem Radverkehr im Land einen Schub geben werde”.