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Drama um kleines MädchenNach 21 Jahren – Kölner Medizin-Detektivin löst Gen-Fall

wirth_brunhilde_MedizinFotoKöln_MichaelWodak

Die Kölner Professorin Brunhilde Wirth entdeckte bei 21 Jahre alter DNA einen seltenen Gendefekt.

Köln – Während andere dreijährige Kinder längst laufen konnten, fiel ein kleines Mädchen immer wieder hin. Schleppender Gang, Stürze, Schmerzen – für Eltern und Ärzte war und blieb es unerklärlich.

Bis heute: 21 Jahre später hat die Kölner Professorin Brunhilde Wirth die Erkrankung entschlüsselt und in der internationalen Wissenschaft für Aufsehen gesorgt. Doch der Weg zum Gen, eins von 20.000 im Menschen, und zu einer Patientin irgendwo in Deutschland war echte Detektivarbeit.

Kölner programmiert Datenbank für seltene DNA-Probe

Die Geschichte beginnt im Jahr 2000, als die angehende Wissenschaftlerin am Institut für Humangenetik in Bonn arbeitete.

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„Die Blutprobe dieses Mädchens wurde mir zur genetischen Abklärung auf eine spinale Muskelatrophie (SMA) zugeschickt. Das Kind hatte keine Mutation in diesem Gen und der Fall blieb bis vor Kurzem ungelöst. Wir behielten die DNA-Probe in unserem Gefrierschrank und die Daten in einer von meinem Mann programmierten Datenbank“.

20 Jahre schlummerte dort die DNA des Mädchens, das auf rätselhafter Weise nie richtig laufen konnte. Dann fand im vergangenen Jahr die virtuelle „Europäische Tagung für Humangenetik“ statt.

Im Kreise internationaler Wissenschaftler stellte ein Genetik-Spezialist der Universität von Oxford seine neueste Erkenntnis vor: Er hatte ein mutiertes Gen entdeckt, genannt VWA1, das für die Neuromuskuläre Erkrankung zuständig ist und erstmalig das häufige Fallen und späte Gehenlernen bei Kleinkindern erklären könnte.

Kölner Professorin stellt Nachforschungen zu seltener DNA an

Wirth: „Ich kontaktierte die englischen Kollegen und erklärte, dass wir in Köln einen wahren Schatz an ungelösten Fällen dieser SMA-Fälle, auch bekannt als Muskelschwund, haben. Daraufhin sequenzierten wir in meinem Team das VWA1 Gen in über 1.000 Patientinnen und Patienten mit Verdacht auf SMA-Mutationen und wurden in zwei Fällen fündig.“

Doch jetzt begann die eigentliche Arbeit: Was war aus dem kleinen Mädchen mit der Blutprobe geworden? Wie lebt sie heute? „Ich wollte der Patientin, die nicht wusste, was mit ihr los war, endlich die Diagnose mitteilen. Das war ich ihr schuldig“, so Wirth.

Seltene DNA führt Kölnerin zu Spur in Bremen

Die Nachforschungen begannen mit Anrufen bei der damaligen Kinderärztin in Bremen, Google-Suchen, Recherchen in Datenbanken und Telefonbucheinträgen, E-Mail-Anfragen. Dann führte die Spurensuche zu einer fraglichen jungen gehbehinderten Frau aus Bremen.

Das Tragische: Bei einem Autounfall hatte sie ein Bein verloren, sensibilisierte aber Jugendliche in einem Kurs für die tragischen Folgen eines solchen Unfalls. 

Das alles war in einem Ärzteblatt veröffentlicht. Bei dem damaligen Chirurgen landete Wirth einen Treffer – und konnte die junge Frau schließlich ausfindig machen.

Bremer Patientin mit seltener DNA wird in Uniklinik Köln untersucht

„Wir haben sie nach Köln in die Uniklinik ins Zentrum für Seltene Erkrankungen eingeladen und dort komplett neurologisch untersucht. Sie brachte auch alle ihre Krankenakten mit, die den Verlauf dokumentierten. Dabei konnten wir viele gute Erkenntnisse zu dem mutierten Gen entdecken.“

Weltweit wurden bisher nur 15 Familien entdeckt, die den Gendefekt haben. „Es war phänomenal zu sehen, wie das junge Mädchen, das heute als Physiotherapeutin arbeitet, sein Schicksal in die Hand genommen hat. Sie ist sogar 15 Kilometer durch Köln gelaufen. Es war beeindruckend.“

Kölner Professorin Brunhilde Wirth identifiziert Gendefekt

Auch dank Brunhilde Wirth und ihrem Team ist der Gendefekt mit seinen Konsequenzen nun identifiziert und in der hoch angesehenen Fachzeitschrift „Brain“ veröffentlicht.

Jetzt kann der Weg Richtung gezielte Therapie beginnen. Die Professorin betont: „Dieser Fall zeigt, dass es bei seltenen Erkrankungen äußerst wichtig ist, weder Krankenakten noch DNA-Proben zu vernichten.“