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Da war aber einer sauer...So lief der irre Toupet-Zoff mit Wolfgang Bosbach

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CDU-Politiker Wolfgang Bosbach schrieb Kabarettist Jürgen Becker einen Brief. Aus einem ganz bestimmten Grund...

von Bastian Ebel (bas)Jan Wördenweber (jan)

Köln – 30 Jahre! Eine unvorstellbar lange Zeit – wenn man im Fernsehen aktiv ist und dann auch noch als Kabarettist die Gesellschaft mitsamt ihren Politikern und Wirtschaftsbossen durch den Kakao zieht.

Doch die „Mitternachtsspitzen“ haben noch immer ihren festen Sendeplatz. Die Jubiläumssendung läuft am Samstag um 21.45 Uhr im WDR. Zuvor gibt es um 20.15 Uhr einen Rückblick auf die ersten drei Jahrzehnte.

Im EXPRESS sprechen die beiden Urgesteine Jürgen Becker und Wilfried Schmickler unter anderem über ihren Job, drei Kanzlerschaften – und Wolfgang Bosbach.

Alles zum Thema Wolfgang Bosbach

EXPRESS: Gab es in den 30 Jahren eigentlich mal echte Pannen?

Schmickler: Nein, nicht eine. Wir zeichnen die Sendung zwar auf, aber wenn man so will live. Wir mussten nicht ein einziges Mal abbrechen. Das liegt wirklich am super professionellen Team.

Becker: Manche machen sich Sendungen auch zu anstrengend. Wir zeichnen ohne Stress auf, machen keine Hektik. Denn die Leute müssen merken, dass wir Spaß haben. Und den haben wir nach wie vor.

Welche Sendungen hatten denn das meiste Echo?

Schmickler: Die erste Sendung war der erste Höhepunkt. Der WDR war auf der Suche nach einem Nachfolger von Richard Rogler. Dann hat Jürgen die erste Sendung moderiert.

Becker: Stimmt, ich konnte mich aber auf das Team von der Stunksitzung verlassen. Und am Schluss hat Wilfried mich dann zur Sau gemacht. Du warst schon öfter ganz schön hart zu mir. Schmickler: Das kann nicht sein, das ist Empfindungssache.

30 Jahre Fernsehen - das halten heute nicht viele durch. Empfinden Sie da Stolz?

Becker: Dankbarkeit ist das bessere Wort. Denn wenn das Publikum uns nicht geschaut hätte, wären wir ja nicht mehr da. Und der zweite Punkt ist, dass wir uns immer dagegen gewehrt haben, im Ersten ausgestrahlt zu werden. Ich bin dagegen, wenn etwas gehyped wird. Da waren Wilfried und ich immer einer Meinung. Denn beim WDR sind wir immer gut behandelt worden.

Inwiefern hat sich das Publikum gewandelt? Ist es mit Ihnen älter geworden?

Becker: Es fehlen ja 35 000 Lehrer in Deutschland, dann hätten wir eine schlechte Quote, wenn uns nur Lehrer schauen würden.

Schmickler: Ich fahre in Urlaub ja nach Domburg in Holland. Das ist die intensivste Zeit, in der man auf die Mitternachtsspitzen angesprochen wird. Da merkt man, wie breit das Publikum aufgestellt ist. Ist also längst nicht mehr so, dass nur Menschen ins Kabarett gehen, um ihre linke Meinung bestätigt zu sehen.

Und wie hat sich ihr Verhalten in der Sendung geändert?

Becker: Auch das hat sich im Laufe der Zeit entwickelt. Früher wurde gerne gesehen, dass wir kräftig und deftig auf Politiker draufgehauen haben. Durch die Rechtspopulisten hat sich das gewandelt. Wir haben uns von der Attitude verabschiedet, gegen die Gesellschaft zu sein. Heute müssen wir sie verteidigen.

Kabarettisten müssen Politiker in Schutz nehmen?

Schmickler: Natürlich. Da geht es um Ehrenrettung. Es geht dann darum, klar zu machen, dass auch Politiker ehrenwerte Leute sind, die ihren Job machen und teilweise einer Kritik ausgesetzt sind, die nicht angemessen ist. In dem Moment, wo Kritik respektlos und ehrabschneidend ist, müssen auch wir eingreifen.

Macht denn Kabarett noch Spaß, auch wenn Sie durch die sozialen Netzwerke ebenso angefeindet werden?

Schmickler: Das kann man ja vermeiden, indem man nicht in den sozialen Netzwerken ist. Ich bin es nicht. Aber klar: Per Mail kommen immer mal wieder diese klassischen Dinge wie „Ihr Dreckschweine, euch müsste man an den Eiern aufhängen.“ Dann schreibe ich immer zurück: „Vielen Dank für die freundliche Mail. Ich werde versuchen, meine Eier zu stählen, damit Sie sie dann aufhängen können.“

Sie senden quer durch Nordrhein-Westfalen. Aus welcher Region kommen die meisten Fans?

Becker: Das kann man nicht sagen. Auch das Vorurteil stimmt nicht, dass die Westfalen weniger lachen als die Rheinländer. Die Rheinländer sind etwas lauter, das war es aber auch.

Sie haben drei Kanzlerschaften erlebt. Wo hat es am meisten Spaß gemacht?

Becker: Bei Kohl war es schwer. Das war eine Zeit, wo alles im Fluss war. Es tat sich nicht viel, keine Reformen wurden angepackt. Dann kam die Einheit, die ihn verlängert hat. Da gab es viel Stoff. Seit Gerhard Schröder läuft es sehr gut, denn die Welt ist schnelllebiger geworden, was uns zugutekommt.

Schmickler: Wir haben auf der einen Seite die Politiker im Fokus, aber auch die Dynamik in der Gesellschaft. Allein die Veränderung seit 2015 macht mich sprachlos. Sich an den Politikern festzubeißen, ist zu kurz. Einen schnellen Merkel-Witz kann jeder. Aber wir müssen uns auch die Fragen stellen, wie es zu dieser Entfreundlichung und Entsolidarisierung der Gesellschaft kommt? Was kann man dagegen tun? Was können wir einsetzen?

Gibt es denn Politiker, die sich bei Ihnen als Fan geoutet haben? Oder andersrum?

Becker: Oh ja, Wolfgang Bosbach hat mal böse geschrieben… Schmickler: Aber nur weil du fälschlicher Weise behauptet hast, er hätte ein Toupet.

Becker: Habe ich ja nicht behauptet. Ich hatte mir von der Maske bei einer Persiflage einen Gummi-Schlauch einbauen lassen. Den musste ich drücken und dann gingen die Haare immer so hoch. Weil ich ihn als Typ gut finde, habe ich ihn parodiert. Dann gab es den Brief, indem stand, dass es nicht stimmen würde. Und ob ich demnächst auch noch Witze über seine Krankheit machen würde.

Und dann?

Becker: Ich habe dann zurückgeschrieben, dass ich solche Witze selbstverständlich nicht machen würde, weil er dafür nichts kann. Aber ich habe ihm auch geschrieben, dass er sich die Frisur sehr wohl selbst ausgesucht habe in dem Mut der Gestaltung.

Hat er zurück geschrieben?

Becker: Ja. Er hat dann gesagt. „Jawohl, Herr Becker. Sie haben Recht, die Frisur habe ich mir früher selbst ausgesucht und jetzt komme ich davon nicht mehr runter.“ So war wieder alles gut. Und nochmal: Wolfgang Bosbach hat nachweislich kein Toupet.

Und andere Politiker?

Schmickler: Man kommt öfter in Kontakt mit den Politikern. Laschet, Özdemir – die kennen die Mitternachtsspitzen alle und mögen es auch. Die sind überhaupt nicht verklemmt und können sehr wohl über sich selbst lachen. Es gäbe für mich auch keinen Grund, sich zu beschweren. Das Credo der Sendung ist und war, dass wir niemanden beleidigen.

Haben Sie Einfluss auf die Gesellschaft?

Schmickler: Wir sind Teil des öffentlichen Diskurses. Das ist natürlich nicht messbar, ob und wie wir etwas bewirken können. Aber wir können nur hoffen, ein kleines Stück dazu beizutragen, durch unsere Herangehensweise ein Stück Positivität nach außen zu tragen.

Becker: Wir beide waren immer grundsätzlich freundlich gestimmt, das war uns immer ein Anliegen. Unser Grundtenor ist, dass das Leben schön und liebenswert ist. Unser Grundproblem ist doch momentan, dass die Rechten sich alles herausnehmen können. Fakenews, falsche Behauptungen, Beschimpfungen. Und das linke Spektrum bis in die bürgerliche Mitte hinein steht daneben und behält sich die politische Korrektheit bei. Wir müssen genau aufpassen, was wir sagen. Das ist sehr ungerecht. Trump kann jeden Tag raushauen, was er will. Und wir bleiben ehrlich, das ist momentan ein sehr ungerechter Kampf.

Wie geht es denn weiter mit den Mitternachtsspitzen?

Schmickler: Es geht auf jeden Fall weiter. Es ist so, dass sich immer Innovationen einstellen. Daran arbeiten wir ständig und hinterfragen uns auch: Passt das noch? Bis Ende 2019 sind die Mitternachtszeiten auf jeden Fall gesetzt.

Becker: Und so wie es jetzt aussieht, stellen wir uns 2020 noch mal zur Wahl. Sofern natürlich die Gesundheit mitspielt. Aber wir beide sind ja zum Glück topfit.