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Corona im VeedelBotschaften mit Herz: So kämpft eine Kölner Straße ums Überleben

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Im Schaufenster gibt das Friseur-Team ein Versprechen ab.

von Jan Wördenweber (jan)

Köln  – Es ist ein Schleier der Beklommenheit, der die Straße überzieht. Wenn es dunkel wird, sind noch weniger Menschen als ohnehin schon in diesen Tagen unterwegs. Geschlossene Geschäfte, keine Spur mehr vom pulsierenden Leben einer Gastro-Meile, welche die Grenze zwischen Sülz und Klettenberg markiert. Der Gottesweg scheint in der Corona-Krise jegliche Hoffnung verloren zu haben.

Doch dieses erste, düstere Bild gibt nicht wieder, was beim genaueren Hinschauen zu sehen ist: In dieser Kölner Straße wird gekämpft – so wie es derzeit in so vielen Veedeln Kölns der Fall ist. Auf wenigen Metern finden sich hier in den Schaufenstern Botschaften, Ankündigungen und Hinweise, die ans Herz gehen und Mut machen.

Corona in Köln: Kultlokal ABS kocht für Bedürftige

Am „ABS“, das bis vor kurzem Fußballkneipe, Restaurant und Club zugleich war, fällt der Laternenschein auf ein Banner über der Eingangstür. Ein Hoffnungsschimmer für alle Bedürftigen im Veedel: Denn als das Lokal schließen musste, waren die Vorratsräume noch voll. Und so entschieden die Betreiber, Raimund Stuka und seine Frau Nicole Lutman, davon täglich zehn Gerichte zu kochen. Für Leute, die sich so etwas vor und nach Corona kaum in einem Restaurant leisten können. Nun gibt es das kostenlos an der Terrassentür – zum Mitnehmen natürlich.

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Bis das Virus seinen Lauf nahm, war der Gottesweg eine Straße zum Verweilen, eine angesagte Gastro-Meile von Döner bis Haute Cuisine. Unter den Platanen ließ es sich gut aushalten, „Sülzilien“ nennen Anwohner liebevoll ihr Zuhause, schließlich haben sich hier auf gut 300 Metern allein sieben italienische Lokale niedergelassen (EXPRESS berichtete). Doch jetzt zählt nur noch der „Mitnahmeeffekt“: Wer die Krise überleben will, hofft auf die noch Berufstätigen sowie Leute, die nicht kochen können oder wollen.

„Riviera" in Köln: Bestellfenster in Zeiten von Corona

Zum Beispiel Pino und Giuseppe Trigona von „Riviera“. Sonst standen Vater und Sohn die Schweißperlen auf der Stirn, wenn es in ihrer Trattoria wie im Taubenschlag zuging. Jetzt freuen sie sich über jeden Kunden. „Es ist natürlich viel weniger. Aber besser als nichts“, sagt Giuseppes Freundin Daniela, die das „Bestellfenster“ öffnet, wenn Spaghetti oder Bistecca gewünscht werden.

Nein, daran gewöhnen kann und will sich keiner an die Situation. Wer in der Dunkelheit an ein Fenster klopft, das dann geöffnet wird, kommt sich vor, als frage man nach illegalen Drogen, wie ein Junkie in einem Gangster-Film. Wenig später bekommt man einen Karton gereicht. Drin ist „nur“ Pizza. Und das Fenster wird von innen wieder geschlossen.

Gar nicht mehr öffnen darf der klassische Einzelhandel. Ob alle Geschäfte die Krise überstehen und eines Tages überhaupt wieder aufschließen, steht in den Sternen.

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Es hängt auch von den Kunden ab, die weiter „shoppen“ können, wenn auch nur online. Bei „Perlhund“, wo „grüne, nachhaltige Mode“ angeboten wird, gibt es täglich neue Outfits im Schaufenster. „Folgt mir auf Instagram und Facebook“, ist an der Scheibe zu lesen. Und: „Wenn der Spuk vorbei ist, in den kleinen Läden einkaufen. Sonst ist es mit der Vielfalt im Veedel schnell vorbei.“

Die Schaufenster-Botschaften vom Gottesweg. Sie sind Appelle, aber auch Versprechen. An der Tür zum Friseur-Laden „Nilu“, der erst vor kurzem eröffnet hat, steht: „Wir werden noch besser, stärker, kreativer und bunter zurückkommen!“

Die Hoffnung stirbt zuletzt, hier erst recht: am Gottesweg.