Corona-Schock-Bilanz50 Tage Köln ohne Gastro: Unfassbare Verluste und weinende Wirte

Biergarten

Prächtiges Wetter, aber alles dicht: So wie hier am Aachener Weiher schaut es vor vielen Lokalen aus.

Köln – Kriege, Regierungswechsel, Weltrekorde: In 50 Tagen kann sich für viele Menschen die Welt verändern. Auch Köln haben die vergangenen 50 Tage während der Coronakrise mächtig auf den Kopf gestellt.

Seit dem 17.März 2020 sind alle Restaurants, Cafés und Gaststätten dicht, ebenso mussten an diesem Tag auch Spielhallen, Spielbanken und Bordelle wie das Pascha (hier lesen Sie mehr) schließen.

Am 17.März gab es bereits 384 bestätigte Coronavirusfälle und den ersten Corona-Todesfall – eine 85-Jährige war an Covid-19 erkrankt und an einer Lungenentzündung verstorben.

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50 Tage Stress und Ohnmacht für die Gastronomen, aber auch Verzicht und Entzug für die Gäste – das ist brutal. Und grotesk: Denn während die Wirte weinen, lacht die Sonne über Köln wie nie.

Coronavirus: Kölner Gastronomie in ernster Gefahr

Ausgerechnet während des Lockdowns war der April der sonnigste seit Beginn der Wetteraufzeichnung. Der Frühsommer ließ das Thermometer mehrmals auf fast 25 Grad hochschießen, die Sonne brannte fast 300 Stunden – fast doppelt so viel wie in anderen April-Monaten.

Klar, dass da die Biergarten-Chefs Trauer tragen. So wie Josef Rayes vom Aachener Weiher. Er sagt: „An schönen Tagen, und von denen gab es ja sehr viele in den vergangenen Wochen, hatte ich bis zu 1000 Gäste von mittags bis abends. Das ganze Geld ist für immer weg, das kann man nicht mehr nachholen.“

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Ein Bild aus glücklicheren Tagen: Josef Rayes in seinem vollen Biergarten.

Normalerweise ist der Weiher an Feiertagen und Feierabenden voll mit verliebten Pärchen und Familien. Am Wochenende mit Fußballfans bei Bundesliga-Spielen in Live-Atmosphäre – nichts davon. Die Terrasse ist verwaist. Hunderttausende Euro an Umsatz in den vergangenen 50 Tagen – einfach futsch.

„Köln lacht nicht mehr“, sagt Rayes traurig. „Der Frühling ist fott – und wie der Sommer wird, weiß niemand.“ Die Fußball-EM im Juni und Juli, sonst ein Umsatzgarant - verschoben. Sein Herz ist zerrissen: „Als Gastronom sage ich: Aufmachen. Das Geschäft muss weitergehen. Als Mensch sage ich: besser noch warten. Es geht immerhin um Leben und Tod.“

Dehoga Nordrhein: Corona sorgt für schockierende Zahlen

Die erste 50-Tage-Corona-Bilanz: Die Dehoga Nordrhein, der Arbeitgeber- und Wirtschaftsverband für das Gastgewerbe im Regierungsbezirk Köln, ist in Schockstarre. Denn die Zahlen sind ungeheuerlich. Hochgerechnet auf die Schließungstage kommt man bei einem Jahresumsatz von rund 2,5 Milliarden Euro im Raum Köln bereits auf einen Verlust in der Gastronomie von mehr als 340 Millionen Euro!

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Mathias Johnen, stell­ver­tre­ten­der Ge­schäfts­füh­rer der DEHOGA Nordrhein

„Als ich vom Hauptbahnhof zum Büro lief und die fast wie vor einem Rosenmontag verrammelten Türen der Hotels und Restaurants sah, habe ich wirklich Rotz und Wasser geheult", meint DEHOGA-Sprecher Mathias Johnen. „Sowas hätte ich nie für möglich gehalten."

Coronakrise in Köln: 1100 Gastro-Betriebe vor Insolvenz

Von rund 3300 Kölner Gastrobetrieben stünden rund 1100 durch die Coronakrise kurz vor der Insolvenz. „Im Schnitt hat jeder Betrieb fünf sozialversicherungspflichtig Beschäftigte, was eine Summe von rund 5500  Menschen ausmacht. Und da sind die 450-Euro-Kräfte noch nicht einmal eingerechnet."

Johnens trauriges Resümee: „Wir fahren in der Gastronomie nicht mehr auf Sicht, wir fahren voll gegen die Wand."

Das glaubt auch ein bekannter Wirt, dem ebenfalls die Tränen kamen, der aber ungenannt bleiben will: „Wir haben keinerlei Datum, auf das wir hinarbeiten können. Und wenn wir unter strengen Auflagen öffnen, wird das eine richtig harte Zeit, die viele wohl nicht überstehen werden. Der Spaß am Ausgehen und Amüsieren wird für lange Zeit erst mal vorbei sein."