Corona-AngstKölner Firma ordert Tausende Atemmasken, berät Kunden nur noch virtuell

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Blick in die Porzer Produktionshalle von IGUS.

Köln – Nach der grassierenden Angst vor dem Coronavirus ergreifen viele Kölner Unternehmen drastische Maßnahmen. EXPRESS berichtet über die aktuellen Maßnahmen in der Kölner Wirtschaft.

Der Porzer Plastikteil-Produzent „IGUS“ hat vorsorglich Tausende Atemschutzmasken für seine Mitarbeiter in Köln bestellt. Chef Frank Blase (60) zum EXPRESS: „Wir wollen für einen eventuellen Notfall in Köln gerüstet sein. Vielleicht wird ja auch Köln oder Porz abgeriegelt. Man weiß ja nicht, was da noch kommt.“

Kölner Firma IGUS  hat Werk in China und sorgt sich um Mitarbeiter

IGUS (baut Plastikgelenke und Maschinen für den weltweiten Export) ist von der Sorge um das Coronoavirus besonders betroffen: Neben einem Zweitwerk mit 500 Kollegen in China, das nun teilweise wieder anläuft, sind 150 Verkäufer in Asien verteilt.

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Die können derzeit wegen der allgemeinen Schutzmaßnahmen keinerlei Kundengespräche im Außendienst wahrnehmen: „Darauf reagieren wir jetzt und haben nun auf virtuelle Beratung via Facetime oder Skype umgestellt, um auf diesem Weg weltweit unsere Produkte verkaufen zu können“, so Blase. Klar ist: Der Absatz und somit der Umsatz gerät ins Stocken.

Und: Diverse Messen, auf denen sich das Kölner Unternehmen präsentieren wollte, wurden bereits abgesagt. Auch die „Hannover Messe“ ab 20.April als Weltleitmesse der Industrie, war bisher ein fester Termin in Blases Kalender: „Ob diese stattfindet, wissen wir noch nicht. Derzeit ist alles offen.“

Absage der Internationalen Eisenwarenmesse kostet Köln Millionen

Wegen der Unsicherheit und des hohen Anteils an asiatischen Ausstellern (1200 von 3000) hat die Koelnmesse die Internationale Eisenwarenmesse 2020 in der kommenden Woche (1. bis 4.März) kurzfristig gestrichen und auf Februar 2021 verschoben. Die Absagen von Firmen, die Sorge um die Gesundheit ihrer Mitarbeiter haben, hatten sich gehäuft.

Die Absage der „weltweit wichtigsten Innovations- und Geschäftsplattform der Hartwarenbranche“, so die Koelnemesse, hat weitreichende Konsequenzen für die Hotel- und Gaststättenbranche in Nordrhein-Westfalen. Denn es wurden ähnlich wie im Jahr 2018 wieder knapp 50.000 Besucher aus mehr als 100 Ländern erwartet.

DEHOGA Nordrhein: 500 Hotels von Messe-Absage betroffen

Ein Riesen-Zoff und jede Menge Diskussionen bahnen sich wegen der Absage der Eisenwarenmesse an. Schätzungsweise 400 bis 500 Hotels und Pensionen hatten laut DEHOGA Nordrhein Buchungen entgegen genommen.

Tausende Zimmer von Aachen bis zum Rheinisch-Bergischen Kreis wurden für Messegäste reserviert und angezahlt. Die stünden nun Anfang kommender Woche leer: „Das rechtliche Problem ist dabei, dass nun der volle Zimmerpreis anfällt und die Messegäste ihre Buchungen nicht einfach stornieren können“, so Christoph Becker (58) von der Geschäftsstelle Regierungsbezirk Köln. Corona sei keine „höhere Gewalt“.

„Die drohende Gefahr einer Ansteckung ist aus unserer Sicht bisher keine Rechtfertigung für eine kostenlose Stornierung. Besonders auch durch die Kürze der Frist bis zum 1.März.“ Klar ist: Es geht alleine bei den Hotels um Millionen Euro. Geld, auf das die Hotelmanager im eher ruhigen März nicht verzichten wollen.

Gaffel am Dom: Stornierungen aus China und verstärkte Hygiene

Aber auch Kölns Restaurants, Brauhäuser und Kneipen, besonders in der Altstadt durch die Nähe zur Koelnmesse traditionell gut gefüllt, schauen in die Röhre.

Erwin Ott, Geschäftsführer Gaffel am Dom betätigt: „Durch die Absage der Eisenwarenmesse haben wir derzeit einige Stornierungen aus China zu verzeichnen.“ Und er betont angesichts des Massenpublikums: „Hygiene ist bei uns immer ein wichtiges Thema. Wir setzen eine Menge Servicepersonal ein, die die Toiletten ständig reinigen und desinfizieren.“

Ford-Werke Köln: Wer aus Corona-Risikogebiet kommt, macht Home-Office

Der Kölner Autobauer (mehr als 17.000 Kollegen in Köln) hat als Vorsichtsmaßnahme einen Mitarbeiter, der aus dem „Risikogebiet“ Norditalien zurück nach Niehl kam, gebeten, erst mal zwei Wochen von Zuhause aus zu arbeiten und so quasi in Quarantäne zu bleiben.

„Es gibt keine Verdachtsfälle“, stellt Ford-Sprecher Marko Belser klar. „Der Betriebsarzt hat zudem alle Mitarbeiter informiert, wie sie die erforderlichen Hygienemaßnahmen, also etwa Händewaschen und das Nutzen von Einwegtaschentüchern, am besten umsetzen.“ Die Ausbreitung des Virus hätte bisher keine Auswirkungen auf die Fiesta-Produktion gehabt.

IHK Köln: Corona trifft regionale Wirtschaft in empfindlicher Phase

Ulf Reichardt, Hauptgeschäftsführer der IHK Köln, betont: „Viele Unternehmen haben den Reiseverkehr nach Asien bereits auf das Nötigste reduziert. Geplante Veranstaltungen in China sind abgesagt oder verschoben worden. Mit der jüngsten Verschärfung der Lage in Italien und dem stärkeren Ausgreifen des Virus nach Europa hat die Situation aber eine neue Qualität angenommen.“

Vier Prozent der nordrhein-westfälischen Einfuhren würden aus Italien stammen. „Besonders eng sind die Verbindungen beim Maschinenbau und bei der Metallindustrie mit einem Anteil von neun beziehungsweise acht Prozent an den gesamten Importen.“ Angesichts einer Abschwächung der Konjunktur im vergangenen Jahr treffe das Coronavirus die regionale Wirtschaft in einer empfindlichen Phase. 

REWE Group: Ständiger Kontakt zu Sicherheitsbehörden

Corona hat auch die REWE Group (weltweit 360.000 Mitarbeiter, in Köln 6000 Beschäftigte und 70 Filialen) alarmiert. Nach Angaben einer Konzernsprecherin wird die Lage in allen Ländern äußerst aufmerksam beobachtet und  ständig Kontakt zu den sicherheitsrelevanten Behörden wie dem Robert-Koch-Institut, der WHO und dem Auswärtigen Amt gehalten.

„Sollten Sofortmaßnahmen für Deutschland notwendig werden, sind wir in der Lage entsprechend kurzfristig zu reagieren“, so Kristina Schütz. Zudem hätten die Mitarbeiter in den Märkten strenge Vorgaben hinsichtlich Handhygiene oder der Einhaltung des Infektionsschutzgesetzes.

Auch REWE stellt klar: „Momentan gibt es keine Notwendigkeit zu Anpassungen in den Food-Sortimenten unserer REWE und PENNY Märkte – die Warenversorgung ist gewährleistet.“

Kölner Amazon-Dienstleister: Probleme mit Ware aus China

Die Sellvin AG aus Hürth ist im Online-Geschäft tätig und ein großer Händler für Amazon in Deutschland. 10.000 Pakete werdenaus Frechen in alle Welt verschickt. Diverse Produkte und Rohstoffe, die sie hier verarbeiten lässt und verkauft, importiert Sellvin aus China.

Das aktuelle Problem: „Zum Teil liegt die Ware, die vor der Corona-Krise verschifft worden ist, sogar schon in den Häfen Antwerpen, Rotterdam und Hamburg“, so Vorstand Sascha Pusch zum EXPRESS. „Die chinesischen Lieferanten bringen aber die entsprechenden Papiere nicht bei, um die Container auszulösen, da die Büros in China teilweise noch nicht besetzt sind. Insgesamt gehen wir zurzeit mit einer Verzögerung von sechs bis zwölf Wochen aus.“ 

Cinedom: Vor den Kinos stehen jetzt Desinfektionsspender

Hunderte Menschen dicht auf dicht im Kino – jetzt ergreift auch das Cinedom Anti-Corona-Maßnahmen. Geschäftsführer Holger Pfaff zum EXPRESS: „Um Infektionen jeglicher Art entgegenzuwirken, ist eine Einhaltung der wichtigsten Hygiene-Regeln notwendig: Dazu gehört nach dem Naseputzen, Niesen oder Husten das gründliche Händewaschen, entweder mit einem Desinfektionsmittel auf Alkoholbasis oder mit Wasser und Seife. Für unsere Gäste werden daher im Foyer, vor den Saaleingängen sowie in den WC-Räumen Desinfektionsspender aufgestellt und darauf hingewiesen, im eigenen Interesse Vorsorge zu betreiben.“

Kölntourismus: Auswirkungen auf Köln-Besucher nicht absehbar

Wird der Tourismus mit Besuchern aus Asien drastisch zurückgehen? Oder wird der Tourismus generell einen Abschwung erleben? „Welche Auswirkungen das Coronavirus auf den Tourismus in Köln hat, ist noch nicht absehbar“, so Sprecherin Claudia Neumann. „Ab Ende März werden wir anhand der Gästezahlen des statistischen Landesamtes erste Aussagen für Januar treffen können.“

Flughafen Köln/Bonn: Mehr Handhygiene in den Terminals

Am Flughafen Köln/Bonn wurden nun in den Hallen und Terminals verstärkt Desinfektionsspender für die Fluggäste aufgestellt „Zudem werden alle unsere Mitarbeiter ständig mit aktuellen Informationen auf dem Laufenden gehalten“, so Airport-Sprecher Alexander Weise. „Weitere Maßnahmen wurden bisher nicht ergriffen.“