Callcenter in der TürkeiGewissenlose Trickbetrüger bringen Kölnerin um 230.000 Euro

Betrueger_Gericht_260819

Die Angeklagten beim Prozessauftakt am Montag.

Köln – Die Masche der Trickbetrüger ist effizient und gleichzeitig überaus verabscheuungswürdig. Mittlerweile gibt es in der Türkei ganze Callcenter, in denen auch aus Deutschland geflüchtete Straftäter sitzen, deutsche Telefonbücher durchforsten und Menschen anrufen, deren Vornamen auf Senioren schließen. So auch in einem aktuellen Fall, der seit Montag in Köln verhandelt wird.

Köln-Mülheim: Seniorin (90) um ihr Vermögen gebracht

Im Dezember bekam eine Seniorin (90) aus Mülheim mehrere Anrufe. Mal war ein angeblicher Polizist am Apparat, dann ein Staatsanwalt und ein Richter. Der Tenor der Anrufer: „Ihr Vermögen ist in akuter Gefahr!“ Bewaffnete Täter hätten die Dame im Visier und seien auf dem Weg zu ihrem Haus, weshalb sie ihre Wertgegenstände unverzüglich in Sicherheit bringen müsste.

Die Hintermänner aus der Türkei schickten dann Abholer zu der Seniorin, die den Betrügern tatsächlich 80.000 Euro Bargeld und Schmuck im Wert von 100.000 Euro aushändigte. Die Trickbetrüger witterten noch mehr Beute, kontaktierten die Dame erneut und brachten sie dazu, weitere 50.000 Euro von ihrem Bankkonto abzuheben und kurz darauf zu übergeben.

Alles zum Thema Polizeimeldungen

Zwei Abholer auf der Anklagebank im Landgericht

Zwei der Abholer (23, 25) müssen sich seit Montag wegen insgesamt sieben Fällen vor dem Kölner Landgericht verantworten. Die Berliner sollen bundesweit agiert haben, unter anderem in München. Der größte Schaden wurde aber im Rheinland angerichtet. Eine promovierte Aachenerin (94) übergab den Betrügern mehrere Goldbarren im Wert von 200.000 Euro.

Die Seniorin wurde dazu gebracht, bei der Bank ihr Aktiendepot im Wert von 70.000 Euro abzurufen. Kurz vor der geplanten Übergabe des Bargelds im vergangenen Januar schlug jedoch die Polizei zu, die Abholer wurden festgenommen. Zuvor hatten die Ermittler Standortdaten von den Handys der Täter ausgewertet und Telefonüberwachungen geschaltet.

Zeugen soll Aussage vor Gericht erspart werden

Der ältere Haupttäter, der an allen sieben Fällen beteiligt gewesen sein soll, sitzt seit der Festnahme in U-Haft, sein mutmaßlicher Komplize in zwei Fällen wurde nach einem Monat wieder auf freien Fuß gesetzt. Am Montag reiste er aus Berlin an und kam erstmal eine Stunde zu spät. Zu den Vorwürfen schwiegen die Angeklagten, sie wollen zunächst mögliche Strafen ausloten.

Die Vorsitzende Richterin Sabine Grobecker kündigte an, am nächsten Verhandlungstag einen möglichen Strafrahmen zu nennen. Bei vollen Geständnissen könnte der Prozess erheblich abgekürzt werden. Wichtig erschien es der Richterin, dass bei einem Deal den betagten und bereits schwer geschädigten Zeugen ein Auftritt im Zeugenstand erspart bleiben könnte.