Bühnen-DramaKölnerin Anna (33): „Wir Schauspieler sterben durch Corona aus“

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Die Kölner Schauspielerin Anna Möbus fürchtet um die Zukunft einer ganzen Branche.

von Markus Krücken (krue)

Köln – Viele sprechen über die Horror-Lage der Gastronomen zum Montag (2. November) beginnenden Teil-Lockdown.

Doch die Protagonisten der Kultur- und Veranstaltungsszene sind keinen Deut besser dran. Alles fällt aus, nichts findet statt. Der Vorhang ist gefallen und keinerlei Aufführungen gibt es in den ohnehin klammen Kölner Theatern zu sehen.

Kölner Schauspielerin sieht eigene Branche ungerecht behandelt

Wovon leben dann eigentlich die Schauspieler/innen der freien Szene in der Zeit des Berufsverbots?

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Anna Möbus (33) sitzt im Café Sur in der Südstadt und erzählt davon, wie sich die Lage für sie und ihre Darsteller-Kollegen derzeit anfühlt.

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Anna Möbus (unten) in der Aufführung Die Käfer im Theater am Sachsenring 2019.

„Wir freiberuflichen Schauspieler sind breit aufgestellt. Aber sämtliche Zweige brechen gerade weg, nichts findet statt. Wir haben uns angepasst und es war rührend zu sehen, wie täglich die Hygienekonzepte geändert wurden und die Zuschauer abgeholt wurden. Aber alles wurde runter reduziert und verlegt auf den Dezember. Dann stehst du dann vor 30 Zuschauern auf der Bühne“, schildert sie, die seit Jahren im Kölner Theater am Sachsenring und in Bonn spielt und auch als Coach und Dozentin tätig ist.

Schauspielerin Anna Möbus: Wir sind kein Vergnügungssektor

„Natürlich geht es nicht nur uns so. Aber es ist frustrierend und traurig. So kann es nicht weitergehen“, findet sie. „Für unseren Beruf gibt es keine Wertschätzung mehr. Dabei haben wir meiner Meinung nach einen Bildungsauftrag, um die Gesellschaft durch diese Krise zu bringen. Gerade weil die Theater keine Infektionsherde sind. Wir sind kein Vergnügungssektor. Wir klassisch ausgebildeten Schauspieler sterben durch Corona aus.“

Durch zwei Produktionen, die digital in diesem Jahr noch stattfinden konnten, hält sich Möbus aktuell finanziell noch über Wasser.

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Anna Möbus bei einer Leseprobe im Kölner Theater am Sachsenring.

Sie sagt: „Es geht gerade, aber das wird nicht lange funktionieren. Die Überbrückungshilfen reichen nicht aus, auch wenn es tolle Programme gibt, die unkompliziert funktionieren. Alles auf online umzustellen, wird nicht klappen. Der Schauspieler braucht die Mimik, die Nähe zum Publikum. Es gibt Kollegen, denen wirklich alles von heute auf morgen weggebrochen ist. Wer hat denn ein Konto mit Rücklagen, wenn man immer am Existenzminimum spielt?“

Wird es nach Corona überhaupt noch Theater geben?

Anna Möbus: „Die generelle Entscheidung steht schon lange an. Es bedarf eines Statements von Seiten der Politik, das der Kultur einen neuen Stellenwert gibt. Es muss ein Umdenken geben. Ich will nicht nur negativ sein und auch eine Chance in der Lage jetzt sehen. Aber in der Verordnung zu lesen, dass wir unter Vergnügung und Freizeit fallen, da musste ich schlucken. Ich bin kein Spaßmacher. Wir müssen als Bildungsträger gesehen und behandelt werden, als systemrelevant gelten.“

Einige Kollegen würden bereits die Grundsicherung beantragen, um über die Runden zu kommen, sagt sie. Eine ganze Branche steht am Abgrund.