BrühlPhantasialand erhöht Preise – unsere Reaktion zeigt, wie krass wir heucheln

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„Talocan” gehört weiterhin zu den beliebtesten Attraktionen im Phantasialand.

von Thomas Werner (tw)

Köln/Brühl – Das Phantasialand in Brühl erhöht erneut seine Preise. Nach der letzten Erhöhung vor einem Jahr knackt der Freizeitpark 2020 nun eine magische Marke. Erstmals wird eine Tageskarte für einen Erwachsenen dauerhaft über 50 Euro kosten, genauer gesagt 52,50 Euro (hier lesen Sie mehr). Die Reaktion vieler Menschen zeigt jedoch eine entscheidende Schwäche unserer Gesellschaft, meint der EXPRESS-Autor. Der Kommentar.

Preise Phantasialand: Das Überschreiten der 50 Euro war eine Frage der Zeit

Es war eine Frage der Zeit. Vielleicht haben insgeheim viele Fans des Phantasialands gehofft, dass sich die Macher im Hintergrund vor der 50-Euro-Marke fürchten und sie nicht überschreiten – aus Angst vor den negativen Reaktionen. Wenn das so ist, war das reichlich naiv. Nein, die Überschreitung der „magischen” Grenze war eine Frage der Zeit. Das Phantasialand ließ dem ärgsten Kontrahenten im nationalen Vergleich, dem Europapark in Rust, sogar den Vortritt.

Um fast 200 Prozent sind die Preise im Brühler Freizeitpark in den letzten 20 Jahren gestiegen, rechnen Kritiker vor. Eine mathematisch richtige, aber logisch zumindest zweifelhafte Rechnung. Geldentwertung, höhere Betriebskosten, mehr Personal, mehr Technik – auch das Phantasialand hat von 50 Euro nicht mehr so viel wie von 100 Mark vor 20 Jahren.

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Preise Phantasialand: Reaktion ist bezeichnend für die Gesellschaft

Leider ist die Reaktion vieler Leute auf das Thema bezeichnend für viele Themen, die die Gesellschaft beschäftigen. Kurz gesagt: Wir lieben es, uns aufzuregen, aber wir hassen es, Konsequenzen zu ziehen. Das nennt man Heuchelei. Ob Klimawandel, Politik, Mieten, Einkaufen – was wir als unfair empfinden, beschimpfen wir kurz und nehmen es dann trotzdem hin.

Denn was ist die Botschaft, die wir senden? Die Karten werden immer teurer und das Phantasialand ist immer voll, zum Teil übervoll, wie an einigen Tagen im Sommer 2019 (hier lesen Sie mehr). Konsequenzen von Seiten des Kunden? Keine.

Preise Phantasialand: Wie würden wir selbst reagieren?

Das ist in etwa so, als würde unser Chef uns jedes Jahr weniger Geld bezahlen. Dann beschimpfen wir ihn aufs Übelste, berichten aber jedes Jahr, dass wir wieder besser, schneller, effizienter gearbeitet haben. Und sagen: „Danke für das wenige Geld, das hat mich extrem motiviert.”

Ein anderes Beispiel: Stellen Sie sich vor, Sie wären Bäcker. Und in Ihrem Laden kostet ein Roggenbrötchen 20 Euro. Und jeden Morgen geht die Schlange bis in die nächste Seitenstraße, weil alle Ihre Roggenbrötchen haben wollen. Würden Sie das Brötchen teurer oder günstiger machen? Klar, teurer. Das ist die Rechnung eines Ökonomen. Sie beruht darauf, wie der Markt auf meine Preise reagiert.

Preise Phantasialand: Wer heuchelt, sollte eher Konsequenzen ziehen

Meine Meinung: weniger heucheln, mehr reagieren. Wenn mir die Preise zu teuer sind, muss ich eben zuhause bleiben. Und nicht mit meinem „Ich hasse es, aber ich will unbedingt ins Phantasialand” dazu beitragen, dass die Preise legitimiert werden.

Das ist kein Boykott-Aufruf, ganz im Gegenteil, nur ein Aufruf zur realistischen Sichtweise. Wenn mir die Preise nicht passen, habe ich die Möglichkeit, zu reagieren. Das kostet null Euro. Aber bei realistischer Betrachtung muss man einsehen, dass die Preise auch durchaus ihre Berechtigung haben. Auch wenn es dem Portemonnaie weh tut.