Böse MascheArzt rechnet mit Maskenverweigerern ab: „Wir sind die Opfer”

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Der Kölner HNO-Arzt Dr. Jürgen Zastrow (65) beobachtet in seiner Praxis seit geraumer Zeit bei Maskenverweigerern ein übles Phänomen. Das Symbolfoto wurde im November 2020 in Baden-Württemberg aufgenommen.

von Madeline Jäger (mj)

Köln – Der Kölner HNO-Arzt und Chef der Kassenärztlichen Vereinigung Dr. Jürgen Zastrow (65) hat wie viele seiner Kollegen damit zu kämpfen, dass Patienten nicht nur weniger zur Vorsorge kommen, sondern ihre Termine nicht einmal mehr absagen. In seiner Praxis sind das aktuell 30 Prozent der Patienten, die einen Termin bei ihm haben, aber nicht erscheinen.

Doch laut Dr. Jürgen Zastrow (65) gibt es mittlerweile ein weitaus größeres Ärgernis für Arztpraxen. Maskenverweigerer, die mit dem Ziel in seine Praxis kommen, von der Maskenpflicht befreit zu werden. Wenn der Kölner Mediziner dafür jedoch keine medizinische Indikation sieht, reagieren die Patienten häufig rachsüchtig und geben im Internet schlechte Bewertungen ab.

Kölner Arzt über Maskenverweigerer „Patienten, die keine Maske tragen wollen, müssen wieder gehen“

„Wer bei uns keine Maske tragen will, der muss auf der Terrasse warten und dann frage ich ihn, warum er das nicht möchte. Und die Patienten, die sagen, dass sie keine Maske tragen wollen, die müssen wieder gehen“, so Dr. Jürgen Zastrow deutlich gegenüber EXPRESS.

Alles zum Thema Google

In seiner Praxis seien selten Patienten anwesend, die schon ein Attest bei sich hätten, das sie aus medizinischen Gründen von der Maskenpflicht befreie. „Das ist eine verschwindend geringe Anzahl von Patienten“, sagt der HNO-Arzt.

„Ich höre immer wieder von Kollegen, die solche Atteste auf Bestellung ausstellen. Wir machen das nicht. Wenn wir einen Patienten behandeln, der zum Beispiel extremes Asthma oder ein ernsthaftes Atemproblem hat, dann stellen wir eine solche Bescheinigung aus. Das kommt aber extrem selten vor“, erklärt der Arzt.

Seine Praxis sei groß, im Quartal habe er etwa 5000 Patienten in der Praxis. Davon habe er höchstens fünfmal ein solches Attest ausgestellt.

Kölner Arzt stellt keine „Gefälligkeitsatteste“ aus – Maskenverweigerer reagieren rachsüchtig

„Dass Patienten die Maske einfach so verweigern, das kommt häufiger vor, als dass Patienten die Maske begründet nicht tragen wollen oder können“, so Dr. Zastrow.

Es kommen Patienten, die mir sagen: „Ich will die Maske nicht tragen, stellen Sie mir eine Bescheinigung aus. Das mache ich nicht und dann bekommen wir die Quittung durch Negativkommentare auf Bewertungsseiten zu spüren“, so Zastrow über die Folgen.

Kölner Arzt: Bewertungen von Maskenverweigerern „teilweise unterirdisch“

„Wir werden dann als Praxis manchmal ganz schlecht bewertet, teilweise unterirdisch“, so der Arzt.  Doch die Kritik in den Bewertungen drehe sich weniger um die legitime Entscheidung des Arztes, kein Attest ausstellen zu wollen, sondern mehr um völlig andere Aspekte im Patientenumgang.

„Da steht dann beispielsweise, ich hätte den Patienten nicht angeschaut, obwohl er Fieber gehabt hat und dergleichen, da werden völlig andere Punkte hervorgebracht“, sagt Zastrow über die Kritik.

Der Kölner HNO-Arzt geht nur in Extremfällen und wenn Vorwürfe justiziabel sind gegen unwahrheitsgemäße und schlechte Bewertungen vor. Allgemein kritisiert der Mediziner jedoch nicht vorrangig Bewertungsportale wie zum Beispiel jameda.de, docbewertung.de oder docinsider.de.

Kölner Arzt sieht vor allem Google-Rezensionen kritisch

Denn hier sei es für Ärzte zumindest möglich, Einspruch zu erheben. Doch gegen unwahrheitsgemäße Google-Rezensionen vorzugehen, sei wesentlich schwieriger.

„Wir als Ärzteschaft sind Opfer der Bewertungsportale. Jetzt bin ich 65 Jahre alt und setze mich damit nicht mehr im Detail auseinander. Mir ist meine jameda-Bewertung gleichgültig“, sagt der Kölner Arzt.

Kölner HNO-Arzt: „Wir sind keine Götter in Weiß, Fehler können passieren“

„Die wenigen Patienten, die sich jedoch bei der Praxis persönlich und nicht anonym beschweren, die rufe ich alle einzeln an und gehe dem Fall nach. Wir sind keine Götter in Weiß, Medizin ist eine Dienstleistungen, da können Fehler passieren“, so Zastrow.

Tatsächlich kann jeder Nutzer nach einem Arztbesuch bei Bewertungsportalen eine Beurteilung schreiben und veröffentlichen. Doch das geht nicht ohne Qualitätssicherung.

Jameda: „Falsche Bewertungen werden nicht akzeptiert“

Nutzer müssen sich lediglich mit einer gültigen E-Mail-Adresse registrieren. Und sie müssen, bevor sie den Text abschicken, versichern, dass sie von diesem Arzt auch wirklich behandelt wurden oder sich um einen Termin bemüht haben.

„Meine Bewertung entspricht meiner persönlichen Erfahrung. Abgesehen von der Behandlung, stehe ich in keiner persönlichen oder geschäftlichen Beziehung zu dem Arzt“, so die Erklärung der Nutzer im Wortlaut.

Auf jameda.de heißt es dazu deutlich: „Unangemessene oder falsche Bewertungen werden nicht akzeptiert!“

Jameda.de: 20 Mitarbeiter überprüfen Bewertungen auf Echtheit

Doch wie kann zum Beispiel die unwahrheitsgemäße Arzt-Bewertung eines Maskenverweigerers von einem Bewertungsportal verhindert werden?

„jameda ist mit ihren Maßnahmen gegen Fake-Bewertungen seit langem Vorreiter. Wir betreiben eine sehr aufwendige Qualitätssicherung weit über das rechtlich erforderliche Maß hinaus. Dies unterstreicht auch der aktuelle Bericht des Bundeskartellamts und macht deutlich, dass jameda über aufwendige technische Methoden verfügt, um Patientenerfahrungsberichte zu prüfen und Fake-Bewertungen auf diese Weise zu unterbinden“, so eine jameda-Sprecherin auf EXPRESS-Anfrage.

Man habe 20 Mitarbeiter, die Bewertungen überprüfen und gegebenenfalls Kontakt zu Nutzern aufnehmen. Außerdem arbeite jameda.de mit einem automatischen Prüfalgorithmus und einem SMS-Prüfverfahren.

Kölner Ärzte können Bewertung im Netz vor Veröffentlichung prüfen

Ärzte würden seit Juli über neue Bewertungen auf ihren Seiten vorab per E-Mail informiert und könnten dann „innerhalb einer 24-stündigen Frist auf die Patientenerfahrungsberichte reagieren und im Verdachtsfall direkt eine Prüfung einleiten“, erklärt die Sprecherin zu den neusten Maßnahmen.