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Bläck FöössLetztes Konzert von Hartmut Priess: Leben für kölsche Musik und Mentalität

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Fööss-Bassist Hartmut Priess

von Jan Wördenweber (jan)

Köln – „Tieftonsklave“, „Basskottchen“... Wohl die meisten Musikerwitze werden über Bassisten gemacht, die auf der Bühne oft im Hintergrund stehen und unaufgeregt an den Saiten zupfen. Hartmut Priess (76) ist auch so einer, den man auf den ersten Blick unterschätzt, selbst wenn man den weißhaarigen langen Schlaks sofort sieht. Hinten rechts, das ist sein Platz bei den Bläck Fööss. Am Silvesterabend in der Lanxess-Arena zum letzten Mal.

Mit Erry bei „Beat Stones“ und „Stowaways“ gespielt

Nach 47 Jahren verlässt eine Kölner Musikgröße das Rampenlicht. Ein Mann, der kölsche Musikgeschichte geschrieben hat, weil er eben mehr als „nur“ Bass gespielt hat – und dem so viel Lobhudelei wahrscheinlich gar nicht passt, wenn er sie liest. „Nur“ Beatmusik wollte er machen, als er in den 60er Jahren mit Erry Stoklosa zu den „Beat Stones“ und später zu den „Stowaways“ gehörte – der eigentlichen Vorgängerband der Bläck Fööss.

Musikrevolution im Karneval

Stattdessen sorgte er mit seinen Kollegen in den Folgejahren für eine Musikrevolution im kölschen Karneval, als langhaarige Musiker Popklänge mit kölschen Texten versahen. Was er alles bewirkt hat, ist dem gebürtigen Berliner offensichtlich erst in den vergangenen Monaten so richtig vor Augen geführt worden, nachdem er im August seinen Rückzug zum Ende des Jahres angekündigt hatte.

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Gymnasium ernennt Priess zum „Ehrenschüler“

Zum Beispiel im Bickendorfer Montessori-Gymnasium. Als Dank für die Dezember-Konzerte (seit 31 Jahren), wurde der 76-Jährige zum „Ehrenschüler“ samt Urkunde ernannt. Mit Kafi Biermann und Bömmel Lückerath sang er vor unzähligen Schülern, begeisterte sie für Musik, die kölsche Sprache und Stadtgeschichte.

Hartmut Priess: „Es gibt ein Bedürfnis nach Stadtgeschichte“

Zeigte jemand Interesse an den Texten, dem geschichtlichen Hintergrund, entwickelten sich ausführliche Gespräche. Sei es über die Schlacht von Worringen oder das Wirken Willi Ostermanns. Besonders der Erfolg der „Usjebomb“-Revuen hat für Priess gezeigt: „Es gibt ein Bedürfnis nach Stadtgeschichte, obwohl wir in einer Event-Welt leben.“

Sollte Kölsch zumindest als gesungene Sprache überleben, dann ist es vor allem auch ein Verdienst von Priess. Der, der auf der Bühne immer nur hinten steht, an seinem Bass zupft und andere reden lässt.

In den Schulen zupft er weiter

EXPRESS traf Hartmut Priess vor seinem letzten Konzert zum Interview:

Konnten Sie mit den Fööss das verwirklichen, was Sie sich als Musiker gewünscht haben?

Hartmut Priess: Ich mochte schon seit meiner Jugend Musikstücke, die von realen und politischen Ereignissen handelten. Solche Songs erzählen etwas über die Zeit, in der sie entstanden sind. Unsere Texte waren immer so wie ein Blick aus dem Fenster. Wir haben Menschen und ihre Seelenlandschaft beschrieben. Wir haben musikalisch auf die Umgebung,auf die Geschichte der Stadt geschaut. Unsere Musik ist eine fortwährende Kommunikation mit den Menschen, auf die ich sehr stolz bin.

Wenn Sie zurückschauen – sind Sie zufrieden mit dem, was Sie gemacht haben?

Absolut! Ich habe das große Glück gehabt, die Musik machen zu dürfen, die mir liegt und mit der ich etwas beitragen und im Kleinen etwas bewegen konnte. Es ist das Geschenk meines Lebens, dass ich all die Jahre auch noch davon leben konnte.

Sie haben mal gesagt, dass Sie Ihr Hobby zum Beruf gemacht haben. Machen Sie jetzt Ihren Beruf zum Hobby?

Ja! Denn ich möchte weiterhin die Schulprojekte der Band begleiten oder im kleinsten Kreis mit Freunden wie mit der „Knippschaft“ (Hans Knipp) einfach zum Spaß Musik machen.

Die Schulprojekte liegen Ihnen sehr am Herzen...

Diese Projekte möchte ich sehr gerne weitermachen. Mein Nachfolger Hanz Thodam hat sofort signalisiert, dass auch er daran Spaß hat. Ich finde es sehr gut, wenn er in diese Arbeit reinwächst. Mirko Bäumer war auch schon einige Male mit dabei.

Was zählt zu Ihren bewegendsten Erlebnissen mit den Fööss?

Der Auftritt vor Nelson Mandela, der 1990 gerade erst aus dem Gefängnis entlassen und zu Gast bei Willy Brandt in Bonn war. Und kurz darauf das Konzert auf dem Roncalliplatz mit Ladysmith Black Mambazo.

So langsam rückt das letzte Konzert näher. Wie fühlen Sie sich bei dem Gedanken?

Ich hätte gerne noch bis zum 50-jährigen Jubiläum als Vollmitglied auf der Bühne gestanden – ist doch klar. Aber ich kann den Gedanken nicht ertragen, dass ich auf der Bühne stehe und mir selber nicht mehr gefalle.“

Wie lange haben Sie für die Entscheidung gebraucht?

Es waren so ein, zwei Jahre. Hätte mir jemand vorher gesagt, dass ich so lange erfolgreich auf der Bühne stehen würde, hätte ich es nicht geglaubt. Daher verabschiede ich mich mit Stolz. Ich bin jetzt froh, dass das letzte Konzert ansteht. Denn auch wenn ich es so gewollt habe, ist es nach 47 Jahren nicht leicht, tschö zu sagen.“