Amok-Tat in KerpenSo viele Jahre muss der Kaufland-Angreifer ins Gefängnis

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Der Angeklagte (44) beim Prozessauftakt mit Wachtmeister und Verteidiger Dirk Graf.

Köln – Als würde jemand eine Kokosnuss spalten wollen, dieses Gefühl hatte die Kerpenerin nach dem Angriff ihres Ex-Mannes vor einer Kaufland-Filiale, der ihr und ihrem neuen Lebensgefährten beinahe das Leben gekostet hätte. 

Wegen versuchten Mordes und versuchten Totschlags muss der Angeklagte (44) für elf Jahre hinter Gitter. So entschied es am Freitag das Kölner Landgericht. 

„Wie im schlechten Splatter-Film“ – Staatsanwältin forderte 15 Jahre Haft.

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Hackbeil in den Hinterkopf gerammt 

Die Vorsitzende Richterin Ulrike Grave-Herkenrath sah es als erwiesen an, dass der Angeklagte nach seiner Schicht im Imbiss des Supermarktes zufällig auf seine Ex-Frau traf und in diesem Moment völlig ausrastete. 

Er habe sich ein Hackbeil aus der Tasche gegriffen und dieses ohne Vorwarnung in den Hinterkopf der 47-jährigen gerammt. Und erst abgelassen, als deren Freund eingegriffen habe. 

Richterin glaubt dem Angeklagten nicht 

Der Angreifer hatte vor Gericht erklärt, seine Ex-Frau zunächst angesprochen zu haben. Die habe daraufhin eine verächtliche Bewegung mit dem Po ausgeführt, woraufhin er gekränkt gewesen sei. 

„In meinem Kopf wurde es heiß“, hatte der Mann ausgesagt. Die Richterin glaubte dieser Version nicht. Die klare Schnittkante im Kopf der Frau zeuge von einem hinterhältigen Angriff mit dem Beil. 

Weitere Verletzungsbilder seien „schief und krumm“, da sich das Opfer nach dem ersten Schlag in Abwehrhaltung begeben habe. „Zuvor war es eine einseitige Dynamik“, so die Richterin. 

Lebensgefährte überlebte trotz Schädel-Spaltung 

Den Angriff wertete die Richterin somit als versuchten Mord mit dem Mordmerkmal Heimtücke. Die Attacke auf den Lebensgefährten der Frau sei mit direktem Tötungsvorsatz ausgeführt worden. 

Mit voller Wucht hatte der Angeklagte dem Mann das Beil in den Kopf gerammt, dadurch den Schädel gespalten, sodass Hirn austrat. 

Es sei nur medizinischen Höchstleistungen zu verdanken, dass der Mann überlebte und bisher ohne geistige Einschränkungen überstanden hat. Kunden des Supermarktes hatten den Angreifer schließlich gestoppt, etwa mit Hilfe eines Einkaufswagens. 

Das Motiv des Attentäters bleibt unklar 

Der Angeklagte und seine Ex-Frau waren zum Zeitpunkt des Vorfalls im August vergangenen Jahres bereits seit mehreren Jahren getrennt. Da dem Türken die Abschiebung in sein Heimatland drohte, hatte er Deutschland bereits im Jahr 2009 verlassen. Erst drei Wochen vor der Tat war er nach Kerpen zurückgekehrt, um wieder im Döner-Imbiss eines Bekannten zu arbeiten. 

„Die große Frage nach dem Warum konnten wir nicht ganz klären“, sagte Richterin Grave-Herkenrath. „Der einzige, der eine Aufklärung ermöglicht hätte, sind Sie selbst“, sprach die Richterin den Angeklagten an, „und das haben sie nicht genutzt.“ Der Täter habe höchst emotional reagiert. Am Tatort hatte er noch gesagt, seine Frau habe ihn jahrelang betrogen und sein Geld genommen.