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20 Minuten unter WasserWunder nach Eis-Tod! Sebastians erster Wunsch: Nutella-Brot

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Sebastian kann Weihnachten mit seiner Familie zu Hause in Hürth feiern. Das hätte vor wenigen Monaten niemand für möglich gehalten. 

Köln/Hürth – Wenn Svenja und ihr Mann Patrick (beide 36) heute ihren Sohn in den Arm nehmen, können sie ihr Glück kaum fassen. Nicht fassen, dass Sebastian lebt. Denn ihr Junge war nach medizinischen Kriterien bereits tot.

Eingebrochen im Eis eines Teiches in Hürth-Gleuel, verschwunden unter Wasser. Für 20 Minuten. Wer Sebastian heute sieht, kann das nicht glauben.

Freunde hatten Sebastian am 5. Februar zum Spielen abgeholt und waren mit ihm zum zwei Kilometer entfernten Teich gelaufen. Wenig später brachen der Junge und ein Freund (8) auf dem Eis in Ufernähe ein.

Sebastian rutschte unter die Eisfläche

Spielkameraden zogen den Älteren wieder heraus. Sebastian aber war da bereits unter der Oberfläche verschwunden. Feuerwehrleute zogen ihn nach 20 Minuten aus dem Eiswasser und brachten ihn in die Uniklinik Köln.

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Von links: Oberarzt Dr. Christoph Menzel (Intensivmediziner), Leitender Oberarzt Dr. Navid Mader (Herzchirurg), Prof. Dr. Konrad Brockmeier (Kinderkardiologe), Univ.-Prof. Dr. Thorsten Wahlers (Direktor der Herz- und Thoraxchirurgie der Uniklinik Köln), Sebastian, Patrick R. (Vater) und Svenja R. (Mutter)  im Foyer des Herzzentrums der Uniklinik Köln.

„Wir hatten nach Sebastian bereits gesucht, weil er nicht pünktlich nach Hause kam. Plötzlich rief eine Bekannte an und erzählte, was passiert war“, sagte Sebastians Mutter Svenja  R. zum EXPRESS.

Ein Notfallseelsorger holte die Eltern und die beiden älteren Schwestern von Sebastian ab. Gemeinsam ging es in die Klinik. 

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Als kleinen Wiedersehensgruß bekam Sebastian einen Schoko-Nikolaus von Prof. Thorsten Wahlers.

Prof. Thorsten Wahlers (59), Direktor der Uni-Herzklinik Köln, erklärte: „Als er hier eingeliefert wurde, lag seine Körpertemperatur bei 23 Grad Celsius. Er wurde reanimiert, hatte weder Herzschlag noch Atmung. Nach medizinischen Kriterien war er tot. Wir riefen sofort unsere Spezialisten aus  den Bereichen Anästhesie, der Kinderärzte und Intensivmedizin zusammen.“

Organe wurden eingefroren

Und weiter: „Das Eiswasser hatte den Jungen in eine Art Kälteschlaf versetzt. Er hatte nach kurzer Zeit im Wasser das Bewusstsein verloren. Körper und Organe wurden quasi eingefroren. Als wir ihn langsam aufwärmten, fing sein Herz wieder an zu schlagen. Doch seine Lunge hatte einen Frostschaden.“

Hightech für den Blutkreislauf

Das Gerät, das Sebastian schließlich ganz ins Leben zurückholte, nennt sich ECMO und steht für  „extracorporale Membranoxygenation“. Eine Maschine, die an den Blutkreislauf angeschlossen wird, das Blut absaugt, mit Sauerstoff anreichert und in die Venen des Körpers zurückpumpt. 

Es kam zu Komplikationen

Auch Sebastians Herz drohte zu versagen, Krampfanfälle häuften sich. Wieder wurde ECMO zum Lebensretter. „Wir schlossen die Maschine nicht  länger an die Venen, sondern an die Arterien an und unterstützen so das Herz“, so Prof. Wahlers.

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Seinen Rettern der Feuerwehr, dem Ärzteteam der Uniklinik Köln und dieser Maschine verdankt der junge Mann sein Leben. Papa Patrick und Mama Svenja sind überglücklich. 

Nach vier Tagen hatten sich Sebastians Organe stabilisiert und das Gerät konnte abgenommen werden. Eine lange Therapie folgte, in der der Junge vieles neu erlernen musste. Laufen, sprechen, essen.  „Es ist ein Wunder, dass er das alles überlebt hat“, sagt das Team um Prof. Wahlers. 

Bekomme ich ein „Nutella-Brot?“

Auch Sebastians Eltern rechneten mit dem Schlimmsten. „Aber als er uns das erste Mal  wieder ansprach und nach einem Nutella-Brot fragte, wussten wir, dass alles wieder gut wird“, sagt sein Vater Patrick.

Und er hat eine Bitte an alle Eltern: „Sagt Euren Kindern eindringlich, egal wie klein sie sind, wie gefährlich Eis auf Gewässern sein kann!“

ECMO – Eine Maschine, die Leben rettet

Die Uniklinik Köln hat als Vorreiter ein eigenes ECMO-Zentrum in NRW. Seit drei Jahren verfügt die Uniklinik Köln über die transportablen Herz-Lungen-Maschinen.

In NRW ist Köln als Zentrum besonders spezialisiert, Patienten mit der ECMO-Maschine in die Universitätsklinik zu holen.

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Die Herz-Lungen-Maschine (vorn in der Bildmitte) reichert das Blut mittels einer Pumpe mit Sauerstoff an und unterstützt bei Bedarf Organe wie Lunge und Herz.

Prof. Thorsten Wahlers: „Wir können damit Patienten zu uns transportieren, deren Lungen oder Herzen dafür eigentlich zu schwach wären. Tag und Nacht halten wir hierfür Teams in Bereitschaft, die von Koordinatoren bei Bedarf binnen Minuten zusammengerufen werden und am Patienten arbeiten können. Und mit diesen Maschinen können wir diese stabilisieren und weitertherapieren. Die ECMOs sind Lebensretter.“ 

Sebastian macht Ärzten Mut

Die großen Herz-Lungen-Maschinen, die in Kölns OP-Sälen  jährlich rund 2500 Mal zum Einsatz kommen, kosten rund 100.000 Euro, die transportablen Geräte etwa 20.000 Euro.  Ein kleiner Betrag, wenn man überlegt, wie viele Menschenleben sie jedes Jahr retten.  

So wie den kleinen Sebastian. „Dieser Junge hat uns allen viel Mut gemacht. Alle hier beteiligten Ärzte haben selbst Kinder. Es ist toll jetzt zu sehen, dass Sebastian weiterhin eine tolle Kindheit und ein ganz normales Leben vor sich hat.“

(exfo)