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„Wie ein Diktator dein Leben bestimmt”Ex-Köln-Profi packt über Magath aus

MagathWolfsburg2012

„Der hat wie ein Diktator dein Leben als Spieler bestimmt”: Das sagt Hans Sarpei über seinen Ex-Coach Felix Magath (hier bei einem Spiel des VfL Wolfsburg 2012).

Köln – Von Tema nach Köln sind es 7143 Kilometer. In der Stadt im Süden Ghanas ist der Ex-Fußballprofi Hans Sarpei (44) geboren, mit drei Jahren kam er nach Köln.

Nach verschiedenen Stationen, unter anderem in Leverkusen und auf Schalke, kehrte er wieder in die Domstadt zurück, ist hier Teilhaber der Orthopädie-Firma „Gangbild“. Sarpei war nie der angepasste Profi, das machte ihn für die Fans zum Kultspieler. Er eckte an und hatte stets eine eigene Meinung, das beweist er auch in diesem Köln-Gespräch.

EXPRESS: Herr Sarpei, Sie sind in Chorweiler aufgewachsen. War das eine harte Schule? Hans Sarpei: Als ich dort als Kind gelebt habe, habe ich das nicht so empfunden. Im Nachhinein betrachtet war es wohl schon so. Ich erinnere mich an eine Situation, als ich 18 war und noch in Chorweiler lebte. Wir spielten wie immer Fußball auf einem Parkdeck. Auf dem Nachhausweg musste ich durch den Keller des Parkdecks auf die andere Straßenseite. Und als ich die Tür aufmachte, saß dort in einer Ecke der ältere Bruder meines Freundes auf dem Boden und hatte sich einen Schuss gesetzt.

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Wie haben Sie reagiert? Ich sagte zu dem: „Hey, Alter, was geht?“ und ging weiter. Erst später ist mir bewusst geworden, was das für eine krasse Situation war.

War der Fußball für Sie die große Chance für den sozialen Aufstieg? Das war hundertprozentig so. Obwohl für mich am wichtigsten war, dass ich das, was ich liebte, nämlich das Fußballspielen, zu meinem Beruf machen und auch gut Geld verdienen konnte. Als Profi musst du nicht nur gut spielen können, sondern auch im Kopf fit sein. Und auch darin hat mich Chorweiler geprägt.

Sie haben für Fortuna Köln gespielt. War denn der FC nie eine Option für Sie? Ich hatte mal ein Probetraining bei den Geißböcken, aber das hat irgendwie nicht funktioniert. Danach gab mir Toni Schumacher die Möglichkeit, bei Fortuna als Profi anzufangen. Später, als ich für Leverkusen oder Schalke 04 gespielt habe, zeigte der 1. FC Köln nie besonderes Interesse an mir.

Wie bewerten Sie die aktuelle Lage des Klubs? Das ist und bleibt immer ein ganz besonderer Verein. Das liegt vor allem an den Fans, die wirken wie ein Impulsgeber. Wie sehr sie der Mannschaft fehlen, sieht man momentan bei den Geisterspielen. Ich habe übrigens eine Dauerkarte für den FC und gehe oft ins Müngersdorfer Stadion. Meine Prognose für die Saison: Es bleibt schwer, aber der Klub wird nicht absteigen.

Auf Schalke, wo Sie Ihre Karriere beendeten, sieht’s ja viel düsterer aus. Die Mannschaft dürfte von der Spielstärke her niemals da unten stehen. Aber wie heißt es so schön: Der liebe Gott bestraft einen immer anders. Ich denke schon, dass es einen Zusammenhang zwischen der Tönnies-Affäre und den schlechten Leistungen der Mannschaft gibt.

Wie war es um Ihre eigene Leistung bestellt, als Sie in der Saison 2010/2011 vom damaligen Schalke-Trainer Felix Magath „wegen Trainingsfaulheit“ suspendiert wurden? Ich weiß bis heute nicht, was der Grund war. Magath hat mich nach einem 0:5 in Kaiserslautern in die Amateurmannschaft strafversetzt, obwohl ich bei der Niederlage gar nicht auf dem Spielfeld stand. Er war schon ein ganz spezieller Trainer. Der hat wie ein Diktator dein Leben als Spieler bestimmt.

Ein Beispiel? Während andere Trainer Tagespläne vorlegen, sagte Magath nur: „Morgen 10 Uhr Training“. Wie lange das dauerte? Was danach kam? Keine Ahnung. Dadurch konnte man seinen eigenen Tagesablauf nie planen. Felix Magath hat einmal in einer Halbzeitpause zwei Spielern, die nicht so agierten, wie er es vorgesehen hatte, 10.000 Euro Strafe aufgebrummt. In der Halbzeit! Wie soll man da noch gewinnen? Später habe ich ihm Kontra gegeben – und das hat er offenbar gemocht. Denn danach besserte sich unser Verhältnis.

Mal weg vom Fußball. Sie haben auch im TV bei Koch-Shows mitgemacht. Mögen Sie das Kölner Nationalgericht Himmel un Ääd? Nä, das mag ich nicht, dafür bin ich nicht kölsch genug. Selbst zu kochen ist für mich einfach immer wichtiger geworden, weil ich nun mal gerne esse – besonders gerne Gerichte aus Ghana, wo ich geboren bin. Früher war an die Zutaten nicht ranzukommen. Aber das hat sich geändert. Inzwischen gibt es auch in Köln Afro-Shops oder afrikanische Restaurants. Ich kann jetzt zum Beispiel Fufu kochen.

Was ist das? Das ist ein Brei, der aus Kartoffelmehl gemacht wird. Er ist etwas fester als Püree und wird mit Suppe gegessen. Liegt schwer im Magen, schmeckt aber lecker. Ansonsten versuche ich beim Fleisch bewusster und weniger zu essen. Wichtig ist die Herkunft und wie die Tiere gehalten wurden. Ich habe auch Phasen, in denen ich komplett darauf verzichte.

Ist im Kölner Alltag Ihre Hautfarbe für Sie ein Problem? Köln ist schon sehr multi-kulti. Als Ausländer kommt man in der Stadt schneller in Kontakt als in anderen Städten. Aber hier gibt es genauso Formen des Rassismus, wenn man beispielsweise eine Wohnung sucht. Ich selbst erlebe das nicht so, weil ich in Köln bekannt bin. Aber mir ist Folgendes passiert: Ich saß in der Ersten Klasse eines DB-Zuges, als ein Schaffner, ohne mein Ticket gesehen zu haben, meinte, ich gehörte aber in die Zweite Klasse. Das ist rassistisch, was aber nicht heißt, dass der Kontrolleur ein Rassist ist. Es spiegelt nur seine Gedanken.

Reicht es, wenn Fußballspieler in TV-Spots sagen „No to racism“? Nein! Weil darüber hinaus nichts passiert. Der DFB handelt nicht konsequent genug, wenn es in den Stadien zu fremdenfeindlichen Sprüchen kommt.

Ihr Wunsch an Köln fürs neue Jahr? Ich wünsche mir, dass wir Kölner mehr auf diese Stadt achten, dass wir den Dreck in den Straßen nicht einfach hinnehmen. Die Stadt könnte so viel schöner sein, wenn wir alle dazu beitragen.